Knut Cordsen: „Die Weltverbesserer“

Doktrinär und doch oft mit hehren Zielen

12:44 Minuten
Der Journalist Knut Cordsen lächelnd vor einem Mikrophon.
Der Journalist Knut Cordsen hat sich auch mit skurrilen Formen des Aktivismus beschäftigt. © S. Weidenbach / Aufbau-Verlag
Knut Cordsen im Gespräch mit Frank Meyer |
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Für Klimaschutz, gegen Rassismus oder Abtreibung: Aktivismus gibt es zu fast allen gesellschaftlichen Themen. Knut Cordsen hat ein Buch über das Phänomen geschrieben. Er glaubt: Aktivismus ist wichtig, aber oft ziemlich selbstgerecht.
Aktivismus trägt von Anbeginn an einen leicht doktrinären Zug, sagt der Journalist Knut Cordsen. Es gebe „die tiefe, ziemlich selbstgerechte Überzeugung, dass man allein wüsste, welcher Weg der richtige ist“. Das habe schon der erste gesamtdeutsche Aktivistenkongress gezeigt, der im Jahr 1919 stattfand. Damals waren Pazifisten, Feministinnen und Kämpfer für die Rechte der Homosexuellen zusammengekommen.

Die Wahrheit gepachtet

Bis heute begegne einem diese Haltung, inzwischen vor allem bei Klimaaktivisten, so Cordsen. Gruppen wie "Aufstand der letzten Generation" oder "Extinction Rebellion" glaubten, „die Wahrheit gepachtet zu haben“, so der Journalist. Die Haltung sei: „Nur so geht es und anders eben nicht.“
Zugleich betont Cordsen aber, dass er alle klimaaktivistischen Anliegen unterstützt. Die Klimabewegung müsse versuchen, nicht in Depressionen zu verfallen, weil das 1,5-Grad-Ziel nicht schnell genug umgesetzt werde, sagt er. Stattdessen müsse sie „die Mitte der Gesellschaft mitnehmen“.

Hehre Anliegen

Sein Buch "Die Weltverbesserer" sei kein antiaktivistisches Werk, betont Cordsen. Im Gegenteil: „Unsere Gesellschaft lebt notwendigerweise von ganz verschiedenen Aktivismen.“ Pazifismus und Feminismus etwa seien „sehr hehre Anliegen“. Der Feminismus sei „ganz ohne Zweifel der erfolgreichste Aktivismus des 20. Jahrhunderts, auch wenn alle Anliegen immer noch nicht durchgesetzt worden sind“.
Aktivismus gibt es nicht nur im „progressiven“ Lager, wie Cordsen betont. Schon sehr früh sei er auch am anderen politischen Rand entstanden. Bereits Goebbels habe sich als Aktivist bezeichnet. Heute würden sich etwa auch rechte „Identitäre“ als Aktivisten betrachten.
(tmk)

Knut Cordsen: „Die Weltverbesserer. Wie viel Aktivismus verträgt unsere Gesellschaft?" Aufbau-Verlag 2022
144 Seiten, 20 Euro

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