Neues Logo der Stadt
Köln ohne Dom? © Unsplash / Markus Spiske
Wurden die Kölner Domtürme gecancelt?
06:15 Minuten
Im neuen Kölner Logo fehlen die Domtürme. Die Stadt begründet das mit Marketingerfordernissen. Oder will sie am Ende ihr katholisch-abendländisches Erbe wegschieben? Kulturjournalist Ijoma Mangold sieht die Türme aber gar nicht als religiöses Symbol.
Die Stadt Köln verändert ihr Logo und streicht die stilisierten Domtürme. Bislang waren die Türme neben dem roten Doppeladler zu sehen. In Zeiten von Social Media und Internetmarketing müsse man aber schlanker daherkommen, so der Beweggrund der Stadt.
Das neue Logo sehe in der Tat moderner aus, sagt Ijoma Mangold vom Feuilleton der „Zeit“. „Das alte Logo hat ein bisschen den Hauch, als hätte es gut 20 Jahre auf dem Buckel.“ Trotzdem finde er es schade, dass die Türme nun fehlten. Und es sei auch leichtfertig, sagt er, auch wenn man die wahren Gründe wohl nicht erfahre.
"Pfund, mit dem man wuchern kann"
Wir lebten in einer „Gesellschaft der Singularitäten“, nannte es der Soziologe Andreas Reckwitz. Da gehe es immer um Unverwechselbarkeit. „Wir leben in einer Marketingwelt, wo jeder Mensch, jedes Subjekt, aber auch jede Art soziale Ordnung, jedes Gemeinwesen nach Unverwechselbarkeit strebt.“ Man kenne das beispielsweise von Städten, „die versucht haben, sich als individuelle Gemeinschaft zu erfinden, über ihren Namen“, so Mangold. „Die nennen sich dann Fontanestadt Neuruppin, Lutherstadt Wittenberg und so weiter.“
Köln habe das Glück, diesen erst im 19. Jahrhundert vollendeten Dom als Wahrzeichen zu haben. „Und das ist ein Pfund, mit dem man wuchern kann.“ Er verstehe nicht, so Mangold, warum das Stadtmarketing nicht auf dieses kulturelle Kapital zurückgreift und es stattdessen fallen lässt.
Religiöses oder kulturgeschichtliches Symbol?
Manche sprechen in Bezug auf das neue Logo auch von Cancel Culture. Möchte Köln das katholisch-christlich-abendländische Erbe wegschieben? Im Unterschied zum Kreuz auf dem in Berlin wiederaufgebauten Schloss – über das ja auch diskutiert wird – sei er sich bei den Domtürmen nicht sicher, ob sie nun tatsächlich ein religiöses oder vielleicht eher ein kulturgeschichtliches Symbol seien. „Und zu sagen, die Nationen sollten sich jetzt komplett von ihrem kulturgeschichtlichen Gewordensein trennen – das würde ich auch als Entwurzelung empfinden, die, glaube ich, auch gefährlich ist," mahnt Mangold. "Denn wir leben ja aus dem, was war, heraus – in kritischer Auseinandersetzung fraglos, aber doch im Bewusstsein, dass das unsere Vergangenheit war.“
Der Tempel in Athen stehe auch für die Geschichte Griechenlands und man könne sich damit identifzieren, obwohl niemand mehr an die „wunderbare Göttin der Weisheit“ glaube. Wenn er auf diese Weise den Dom der katholischen Kirche entreiße und säkularisiere, liege das daran, dass er Kulturprotestant sei, erklärt Mangold.
Ob das neue Logo Bestand haben wird, ist offen. Aber „mindestens zu einem ordentlichen Sturm im Twitterglas“ könne es in Köln durchaus kommen.
(abr)