Kölner Ebertplatz

Kunst in dreckiger Betonlandschaft

Eine defekte Rolltreppe am Ebertplatz in Köln
Schön geht anders: eine defekte Rolltreppe am Ebertplatz in Köln © Imago
Von Christoph Sterz |
Dreck, stinkende Ecken und jede Menge Beton: Der Ebertplatz in Köln galt lange als urbaner Schandfleck. Nun aber lassen sich hier Künstler mit ihren Galerien nieder - und machen den Ort allmählich lebendig.
Eine große Glasfront, ein kleiner Raum mit weißen Wänden - das ist die "Tiefgarage" am Kölner Ebertplatz. Autos passen dort nicht rein, wohl aber Kunst. Denn die Kölner "Tiefgarage" ist eine kleine Galerie im fast komplett unterirdisch angelegten Ebertplatz. Der würde bei einer Meisterschaft um den unansehnlichsten Platz Deutschlands sehr gute Chancen auf den Titelgewinn haben, mit seiner dunklen, dreckigen Betonlandschaft. Die Galerie "Tiefgarage" sorgt da für Abwechslung und hat ihren Namen aus einem guten Grund, erklärt die Galerie-Chefin Maria Wildeis.
"'Tiefgarage' ist ein ironischer Wink, denn 2011 hat die FDP im Rat vorgeschlagen, dass man aus dieser Ebertplatzpassage eine Tiefgarage machen könnte. Drei Jahre später, 2014, hat die Stadt sich entschieden, eine Machbarkeitsstudie in die Wege zu leiten. Und im Hinblick auf diese langwierige Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass hier wirklich mal eine Tiefgarage gebaut werden könnte, war’s einfach ein lustiger Wink, darauf aufmerksam zu machen, dass die Kulturarbeit hier eigentlich etwas ist, das man in den nächsten Jahren vorantreiben kann und nicht dieser utopische Wunsch, hier 154 Autos in dieser Passage unterbringen zu können."
Und was gibt’s stattdessen?
"154 Künstler. Das ist das Ziel. Keine Ahnung, ob das jemals klappt. Das ist eher so eine Gegenüberstellung. Wir stellen keine Autos hin, wir bringen die Künstler in die Stadt. Im Zentrum will man Kunst und keine Autos sehen."
Kunst statt Autos; das ist also der Plan von Wildeis und ihren Kollegen. Insgesamt vier Galerien haben sich inzwischen eingenistet in der Ebertplatzpassage, in Ladenlokalen, die früher leer standen. Die Künstler wollen den urbanen Schandfleck wieder lebendiger machen.
"Das ist kein netter Platz zum Einkaufen"
Links neben der Tiefgarage, in der Galerie Labor, stellt sich Marc Müller jeden Morgen ins große Schaufenster und übt Saxophon; er spielt am liebsten Musik, die klingt wie der Ebertplatz: wirr, durcheinander, schräg, melancholisch. Müller teilt sich die Galerie zusammen mit sechs Kollegen; er veranstaltet Ausstellungen, Theater, Lesungen und kleine Konzerte. Auch wenn er schon seit 25 Jahren rund um den Ebertplatz wohnt: Erst durch die Galerie hat er sich so richtig an den Platz gewöhnt und kann ihm inzwischen viel abgewinnen.
"Das ist kein netter Platz zum Einkaufen. Da kann man sich jetzt nicht vorstellen, dass man da runtergeht, um sich eine Jeans zu kaufen, weil das nicht sonderlich einladend ist. Aber diese Möglichkeit von Kultur - man merkt das ja auch. Die Leute laufen hier mehr durch und gucken in die Ausstellung rein. Also, die Möglichkeiten von Kultur sind glaube ich eine Perspektive, die man machen kann, für relativ wenig Geld natürlich."
Wenig Geld für die Stadt, meint Müller. Denn die muss nicht viel investieren, außer dass sie den Galeristen günstige Mieten bietet und die Kulturprojekte grundsätzlich befürwortet. Das heißt aber nicht, dass das immer so bleiben muss. Denn die Idee mit der Tiefgarage wird weiter verfolgt. Außerdem gibt es noch einen weiteren Plan: Den nämlich, die Unterführung zuschütten zu lassen und aus dem Ebertplatz einen rein oberirdischen, repräsentativen Ort zu machen. Beides keine guten Lösungen, meint Maria Wildeis von der "Tiefgaragen"-Galerie. Sie und ihre Kollegen kämpfen weiter für den Erhalt der unbeliebten, unterirdischen Passage.
"Klar kann man diesen Platz superschnell superhässlich finden, aber das ändert ja nichts daran, dass wir mit der Stadt arbeiten müssen und dass wir diese Stadt in ihrer Form richtig nutzen lernen müssen. Und zu sagen, das ist scheiße, wir brauchen was Neues, ist sowieso völlig unangebracht, wenn man den Haushalt der Stadt betrachtet, dann zu sagen, okay, wir entwickeln ein neues Konzept, was dann alle Sorgen lösen wird. Glaube ich nicht. Ich denke eher, es ist toll, wenn wir an der Substanz arbeiten, und ein bisschen putzen und mal gucken, vielleicht funktioniert‘s ja auch schon."