Kölner Kulturklüngel sucht Opern-Intendanten
Seit vier Jahren gibt Köln mit seinem Opernhaus eine Tragikomödie, die in der Republik ihresgleichen sucht. Langwierige Intendantensuche und Fehlgriffe im Programm bestimmen das Bild. Die Chancen, dass die Kölner Oper aus dem gegenwärtigen Tief in absehbarer Zeit herauskommt, sind auf Null gesunken.
Die sprichwörtlichen Elefanten in den Porzellanläden erscheinen umsichtig und samtpfötig gemessen an den Kölner Kommunalpolitikern um den Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU). Der gelernte Lateinlehrer besitzt eine erstaunliche Machtfülle: Ihm steht das Vorschlagsrecht in wichtigen Personalfragen zu – und der Stadtrat müsste ggf. mit Zweidrittel-Mehrheit seine Voten kippen. Seit vier Jahren gibt Köln mit seinem Opernhaus, der in jeder Hinsicht sanierungsbedürftigen Immobilie am Offenbach-Platz, eine Tragikomödie, die in der Republik ihresgleichen sucht.
1. Akt, 2003 (Exposition): Als Nachfolgerin des von den Konservativen gehassten Günter Krämer wird Barbara Mundel aus Luzern zwar als neue Chefin der Oper unter Vorvertrag genommen. Nach einer Intrige des überregional nicht hoch bewerteten, in Köln aber beliebten Generalmusikdirektors Markus Stenz lässt der OB ihr unmittelbar vor dem endgültigen Vertragsabschluss absagen. Ersatzweise befördert er mit Hinweis auf anstehende Sparmaßnahmen einen aus Neustrelitz gekommenen Angestellten Dammann zum Intendanten – "einer der Höhepunkte in einer Reihe von Kulturpeinlichkeiten" (Kölner Stadtanzeiger v. 14.3.2007). Nicht zuletzt diese Abstrusitäten werfen die Metropole des Rheinlands aus dem Rennen um die "Kulturhauptstadt 2010".
2. Akt, 2005ff. (Lyrisches Intermezzo): Dammann führt die Oper Köln mit Katharina Thalbach u.a. auf einen historischen Tiefpunkt. Er trifft eine Fehlentscheidung nach der anderen: "Orpheus in der Unterwelt", karnevalesk aufbereitet, muss als "unhaltbar" abgesetzt werden. Klaus Maria Brandauers "Lohengrin" gerät zur Lachnummer der Opern-Republik. Michael Hampe, vor langer Zeit Intendant von Köln, serviert das Remake einer Salzburger Inszenierung von anno 1983: Welch eine Chuzpe! Das alles wird im Oktober 2007 noch getoppt vom "Freischütz" mit einem Chemnitzer Spielleiter. – Barbara Mundel ist inzwischen auf respektable Weise in Freiburg als Intendantin tätig.
3. Akt, seit Ende 2006 (Großes Ballett): Kulturdezernent Georg Quander, der als Librettist und Regisseur so wenig Fortune hatte wie bei der Geschäftsführung an der Berliner Staatsoper, rüffelt den sichtlich überforderten Dammann öffentlich wegen seiner "nicht erkennbaren dramaturgischen Linie". Dieser besorgt sich zum Ende der Saison einen neuen Job in Lissabon – Quander selbst ist, wie er einräumen muss, am Intendantenjob interessiert (wird ja auch besser bezahlt). Die SPD setzte eine hochkarätig besetzte "Findungskommission" durch (ihr "Kulturpolitischer Sprecher" würde am liebsten selbst Kulturdezernent werden). Dieses Trüffelschwein-Gremium präsentiert mit dem früheren Aachener Generalintendanten Paul Esterhazy, der zuvor Vordenker des "Bielefelder Opernwunders" in den 80er Jahren war, sowie mit Thomas Wördehoff, dem Chefdramaturgen der RuhrTriennale, zwei respektable Kandidaten. Mit unterschiedlichen Profilen: der altadlige Esterhazy ist entschieden ein Mann der Moderne und mit einschlägiger Erfahrung, Wördehoff ein anpassungsfähiger Bewerber mit Gespür für Trends und Werbestrategien. Dazu eng im Kontakt mit dem sozialdemokratischen Kommissionsmitglied Jürgen Flimm (dieser war früher auch einmal Intendant in Köln). GMD Stenz, der "Gürzenich-Kapellmeister", versichert zunächst, mit beiden ggf. hervorragend zusammenarbeiten zu können, torpediert dann den von der CDU favorisierten Esterhazy. Der OB und seine Kulturpolitiker befinden dann, die zwei würden "nicht zum erwünschten Profil für die Kölner Position passen".
4. Akt, gestern (retardierend, erhöht die Spannung): Die SPD und die Grünen entdecken einen "Schläfer": Louwrens Langevoort, den Intendanten der Kölner Philharmonie. Seit er nicht mehr der Hamburger Staatsoper vorsteht, bewirtschaftet L.L. unauffällig die Kölner Abfüllstation für klassische, halbseidene und seichte Musik neben dem Bahnhof. Von 9.30 Uhr bis gegen halb fünf am Nachmittag ist er der Retter in der Not. Dann spricht der OB neuerlich Machtworte: Die Findungskommission wird in die Wüste geschickt, das ins Auge gefasste Personalberatungsunternehmen verworfen, auch Langevoort als potentiell überfordert abgelehnt. Der Kulturdezernent soll nun endlich im Alleingang einen passenden Intendanten-Kandidaten ermitteln. Damit wird nun aber definitiv der Bock zum Gärtner gemacht: denn der einzig qualifizierte Kandidat in Quanders Auge ist nun einmal Quander. Zumindest einige Vorschläge für mögliche Kandidaten sind auf seinem Schreibtisch hängengeblieben. Wäre es nicht Köln, müsste da wohl eine schwere Amtspflichtverletzung untersucht werden. In seiner Hemmungslosigkeit und gewieften Brutalität wird dieser Funktionär freilich wohl auch die nächste Runde des Spiels mit gezinkten Karten aussitzen.
5. Akt (offenes Ende): Der Flurschaden ist immens. Kein Regisseur oder Intendant mit auch nur halbwegs Reputation dürfte mehr für das Haifischbecken am Niederrhein zur Verfügung stehen. Möglicherweise aber ist genau das gewollt, damit die mediokren örtlichen Kräfte die Sache in aller Ruhe bis 2010, wenn die Umbaumaßnahmen am Opernhaus abgeschlossen sind, unter sich ausmachen können. Die Chancen, dass die Kölner Oper aus dem gegenwärtigen Tief in absehbarer Zeit herauskommt, sind auf Null gesunken. Das ist für die Musiktheaterfreunde in der Region zum Heulen – und die Konkurrenz in den Nachbarstädten lacht. Die Fettaugen auf der Subventionssuppe entrücken in mildem Licht. Der Rhein tritt über seine Ufer. Des-moll. Vorhang.
1. Akt, 2003 (Exposition): Als Nachfolgerin des von den Konservativen gehassten Günter Krämer wird Barbara Mundel aus Luzern zwar als neue Chefin der Oper unter Vorvertrag genommen. Nach einer Intrige des überregional nicht hoch bewerteten, in Köln aber beliebten Generalmusikdirektors Markus Stenz lässt der OB ihr unmittelbar vor dem endgültigen Vertragsabschluss absagen. Ersatzweise befördert er mit Hinweis auf anstehende Sparmaßnahmen einen aus Neustrelitz gekommenen Angestellten Dammann zum Intendanten – "einer der Höhepunkte in einer Reihe von Kulturpeinlichkeiten" (Kölner Stadtanzeiger v. 14.3.2007). Nicht zuletzt diese Abstrusitäten werfen die Metropole des Rheinlands aus dem Rennen um die "Kulturhauptstadt 2010".
2. Akt, 2005ff. (Lyrisches Intermezzo): Dammann führt die Oper Köln mit Katharina Thalbach u.a. auf einen historischen Tiefpunkt. Er trifft eine Fehlentscheidung nach der anderen: "Orpheus in der Unterwelt", karnevalesk aufbereitet, muss als "unhaltbar" abgesetzt werden. Klaus Maria Brandauers "Lohengrin" gerät zur Lachnummer der Opern-Republik. Michael Hampe, vor langer Zeit Intendant von Köln, serviert das Remake einer Salzburger Inszenierung von anno 1983: Welch eine Chuzpe! Das alles wird im Oktober 2007 noch getoppt vom "Freischütz" mit einem Chemnitzer Spielleiter. – Barbara Mundel ist inzwischen auf respektable Weise in Freiburg als Intendantin tätig.
3. Akt, seit Ende 2006 (Großes Ballett): Kulturdezernent Georg Quander, der als Librettist und Regisseur so wenig Fortune hatte wie bei der Geschäftsführung an der Berliner Staatsoper, rüffelt den sichtlich überforderten Dammann öffentlich wegen seiner "nicht erkennbaren dramaturgischen Linie". Dieser besorgt sich zum Ende der Saison einen neuen Job in Lissabon – Quander selbst ist, wie er einräumen muss, am Intendantenjob interessiert (wird ja auch besser bezahlt). Die SPD setzte eine hochkarätig besetzte "Findungskommission" durch (ihr "Kulturpolitischer Sprecher" würde am liebsten selbst Kulturdezernent werden). Dieses Trüffelschwein-Gremium präsentiert mit dem früheren Aachener Generalintendanten Paul Esterhazy, der zuvor Vordenker des "Bielefelder Opernwunders" in den 80er Jahren war, sowie mit Thomas Wördehoff, dem Chefdramaturgen der RuhrTriennale, zwei respektable Kandidaten. Mit unterschiedlichen Profilen: der altadlige Esterhazy ist entschieden ein Mann der Moderne und mit einschlägiger Erfahrung, Wördehoff ein anpassungsfähiger Bewerber mit Gespür für Trends und Werbestrategien. Dazu eng im Kontakt mit dem sozialdemokratischen Kommissionsmitglied Jürgen Flimm (dieser war früher auch einmal Intendant in Köln). GMD Stenz, der "Gürzenich-Kapellmeister", versichert zunächst, mit beiden ggf. hervorragend zusammenarbeiten zu können, torpediert dann den von der CDU favorisierten Esterhazy. Der OB und seine Kulturpolitiker befinden dann, die zwei würden "nicht zum erwünschten Profil für die Kölner Position passen".
4. Akt, gestern (retardierend, erhöht die Spannung): Die SPD und die Grünen entdecken einen "Schläfer": Louwrens Langevoort, den Intendanten der Kölner Philharmonie. Seit er nicht mehr der Hamburger Staatsoper vorsteht, bewirtschaftet L.L. unauffällig die Kölner Abfüllstation für klassische, halbseidene und seichte Musik neben dem Bahnhof. Von 9.30 Uhr bis gegen halb fünf am Nachmittag ist er der Retter in der Not. Dann spricht der OB neuerlich Machtworte: Die Findungskommission wird in die Wüste geschickt, das ins Auge gefasste Personalberatungsunternehmen verworfen, auch Langevoort als potentiell überfordert abgelehnt. Der Kulturdezernent soll nun endlich im Alleingang einen passenden Intendanten-Kandidaten ermitteln. Damit wird nun aber definitiv der Bock zum Gärtner gemacht: denn der einzig qualifizierte Kandidat in Quanders Auge ist nun einmal Quander. Zumindest einige Vorschläge für mögliche Kandidaten sind auf seinem Schreibtisch hängengeblieben. Wäre es nicht Köln, müsste da wohl eine schwere Amtspflichtverletzung untersucht werden. In seiner Hemmungslosigkeit und gewieften Brutalität wird dieser Funktionär freilich wohl auch die nächste Runde des Spiels mit gezinkten Karten aussitzen.
5. Akt (offenes Ende): Der Flurschaden ist immens. Kein Regisseur oder Intendant mit auch nur halbwegs Reputation dürfte mehr für das Haifischbecken am Niederrhein zur Verfügung stehen. Möglicherweise aber ist genau das gewollt, damit die mediokren örtlichen Kräfte die Sache in aller Ruhe bis 2010, wenn die Umbaumaßnahmen am Opernhaus abgeschlossen sind, unter sich ausmachen können. Die Chancen, dass die Kölner Oper aus dem gegenwärtigen Tief in absehbarer Zeit herauskommt, sind auf Null gesunken. Das ist für die Musiktheaterfreunde in der Region zum Heulen – und die Konkurrenz in den Nachbarstädten lacht. Die Fettaugen auf der Subventionssuppe entrücken in mildem Licht. Der Rhein tritt über seine Ufer. Des-moll. Vorhang.