Körperlose Gesänge
Die mit dem renommierten Turner-Preis ausgezeichnete Klanginstallation "Seven Tears" der Schottin Susan Philipsz basiert auf Gesangs- und Instrumentalstücken aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Im Aachener Ludwig Forum kann man sie auf sich wirken lassen.
Susan Philipsz: " Die ganzen Arbeiten, in denen Sie eine Stimme hören, ist es meine, meine Gesangsstimme." "
Für die geschlossenen Ausstellungsräume des Aachener Ludwig Forums hat Susan Philipsz zu den sechs bereits bestehenden Gesängen diesen neu aufgenommen: "To the Greenwood."
Anna Schultz: "Also, es ist so, dass sie sieben Stücke hier im Raum zusammenführt. Und diese Stücke haben alle unterschiedlich viele Stimmen. Es gibt Arbeiten, die haben einen Kanal. Es gibt Arbeiten, die haben bis zu vier Kanäle. Und jede einzelne Stimme singt Susan Philipsz selbst und diese sieben Stücke werden über 23 verschiedene Lautsprecher hier im Raum eingespielt."
Kuratorin Anna Schultz hat alle Kunstwerke aus dem Aachener Ludwig Forum entfernen lassen, um die leeren Räume der ehemaligen Schirmfabrik als Klangskulptur erfahrbar zu machen. Das freundliche Aufsichtspersonal warnt noch: "Es gibt nichts zu sehen!" Aber dafür gibt es:
"... ganz viel zu hören und ganz viel zu erfahren im weitesten Sinne würde ich sagen. Denn, das Haus ist ja zwar leer. Dadurch wird ganz viel sichtbar, was normalerweise nicht sichtbar ist. Also das Haus als Raum und Architektur tritt in den Focus. Also es bietet zwar nicht den klassischen Kunstgenuss, den man sieht, aber es bietet ganz viele andere Formen von Erfahrung an."
Und das ist überwältigend und besinnlich zugleich, intellektuell und kontemplativ. Wie in vorausgegangenen Arbeiten schon hat Susan Philipsz Musik aus dem 16. und 17. Jahrhundert genommen, die eine Nähe zum Thema Wasser hat. Sie will einen Bezug zu den heißen römischen Quellen Aachens herstellen. Sie ruft damit Erinnerungen und Zeiten auf, die vergangen oder ungreifbar sind.
Susan Philipsz: "Eine der Arbeiten in der Ausstellung heißt Lachrimae, was Tränen heißt. John Dowland komponierte diese 'Sieben Tränen' und machte sieben Variationen über das Thema einer einzelnen fallenden Träne."
Schultz: "Also Susan sagte neulich, dass sie sich eigentlich immer wünscht, wenn Menschen ihre Räume betreten, dass sie von selber über kurz oder lang zum Schweigen kommen, dass sie eigentlich sich von dieser Atmosphäre, von diesen vielen Stimmen einnehmen lassen, dass sie sich angesprochen fühlen und dass es aber eher zu einer eigenen Ruhe führt. Also eigentlich sucht sie auch durch diese Arbeiten einen sehr stillen, sehr aufmerksamen, sehr bewussten Zuhörer und das Reden im Raum passt gar nicht so gut zu ihren Arbeiten."
Susan Philipsz: "Ich habe über die Abwesenheit der bürgerlichen, städtischen Stimme im öffentlichen Raum nachgedacht. Aber im 16. Jahrhundert drehte sich alles darum, die Stimme war so gegenwärtig. Komponisten wie Thomas Rivenscraft, den man im Hintergrund hört, waren begeistert von den Rufen der Straßenhändler. Und die Stimmen überlagerten sich in Harmonie. Es klang musikalisch. Viele Komponisten wurden davon inspirieret, auch Schriftsteller wie Shakespeare erwähnen das."
Die eingespielten Stücke sind nur zwischen einer halben und zwei Minuten lang. Man geht durch den Raum und wird von den Stimmen angelockt oder überfallen. Ein anpreisender Verkaufsgesang über "New Oysters, frische Austern, der Eimer für vier Pence" ist ein Ohrwurm. In Aachen hat Turner-Preisträgerin Susan Philipsz ihre bislang größte Arbeit realisiert.
Aus schmucklosen Industrielautsprechern, wie sie für Ansagen in Stadien und Arenen benutzt werden, die widerstandsfähig sind, im Außenbereich eingesetzt werden können und die Stimme weit tragen, lässt sie empfindsame A-cappella-Gesänge erklingen. Mit Richard Wagners "Parsifal", möchte man sagen, "zum Raum wird hier die Zeit".
Susan Philipsz: " Also in dieser Situation wollte ich wissen, wie das räumlich wirkt und die Architektur beeinflusst und wie ein Werk auf das andere reagiert, antwortet." "
Das hat nichts mit schottischer Elfenmusik, Neoromantik oder Folkmusik zu tun, wie Skeptiker einwenden könnten. Susan Philips benutzt und verändert Musik aus jener Zeit als in unseren Städten noch vieles in Rufweite war und der Raum akustisch strukturiert, nicht optisch.
Tränen, die sich zur Springflut aufbauen, "Seven Tears", gesungen von einer scheinbar körperlosen Stimme im Raum, zählen zum Beeindruckendsten, was moderne Kunst gegenwärtig zu bieten hat.
Ludwig Forum für Internationale Kunst: Susan Philipsz "Seven Tears"
Für die geschlossenen Ausstellungsräume des Aachener Ludwig Forums hat Susan Philipsz zu den sechs bereits bestehenden Gesängen diesen neu aufgenommen: "To the Greenwood."
Anna Schultz: "Also, es ist so, dass sie sieben Stücke hier im Raum zusammenführt. Und diese Stücke haben alle unterschiedlich viele Stimmen. Es gibt Arbeiten, die haben einen Kanal. Es gibt Arbeiten, die haben bis zu vier Kanäle. Und jede einzelne Stimme singt Susan Philipsz selbst und diese sieben Stücke werden über 23 verschiedene Lautsprecher hier im Raum eingespielt."
Kuratorin Anna Schultz hat alle Kunstwerke aus dem Aachener Ludwig Forum entfernen lassen, um die leeren Räume der ehemaligen Schirmfabrik als Klangskulptur erfahrbar zu machen. Das freundliche Aufsichtspersonal warnt noch: "Es gibt nichts zu sehen!" Aber dafür gibt es:
"... ganz viel zu hören und ganz viel zu erfahren im weitesten Sinne würde ich sagen. Denn, das Haus ist ja zwar leer. Dadurch wird ganz viel sichtbar, was normalerweise nicht sichtbar ist. Also das Haus als Raum und Architektur tritt in den Focus. Also es bietet zwar nicht den klassischen Kunstgenuss, den man sieht, aber es bietet ganz viele andere Formen von Erfahrung an."
Und das ist überwältigend und besinnlich zugleich, intellektuell und kontemplativ. Wie in vorausgegangenen Arbeiten schon hat Susan Philipsz Musik aus dem 16. und 17. Jahrhundert genommen, die eine Nähe zum Thema Wasser hat. Sie will einen Bezug zu den heißen römischen Quellen Aachens herstellen. Sie ruft damit Erinnerungen und Zeiten auf, die vergangen oder ungreifbar sind.
Susan Philipsz: "Eine der Arbeiten in der Ausstellung heißt Lachrimae, was Tränen heißt. John Dowland komponierte diese 'Sieben Tränen' und machte sieben Variationen über das Thema einer einzelnen fallenden Träne."
Schultz: "Also Susan sagte neulich, dass sie sich eigentlich immer wünscht, wenn Menschen ihre Räume betreten, dass sie von selber über kurz oder lang zum Schweigen kommen, dass sie eigentlich sich von dieser Atmosphäre, von diesen vielen Stimmen einnehmen lassen, dass sie sich angesprochen fühlen und dass es aber eher zu einer eigenen Ruhe führt. Also eigentlich sucht sie auch durch diese Arbeiten einen sehr stillen, sehr aufmerksamen, sehr bewussten Zuhörer und das Reden im Raum passt gar nicht so gut zu ihren Arbeiten."
Susan Philipsz: "Ich habe über die Abwesenheit der bürgerlichen, städtischen Stimme im öffentlichen Raum nachgedacht. Aber im 16. Jahrhundert drehte sich alles darum, die Stimme war so gegenwärtig. Komponisten wie Thomas Rivenscraft, den man im Hintergrund hört, waren begeistert von den Rufen der Straßenhändler. Und die Stimmen überlagerten sich in Harmonie. Es klang musikalisch. Viele Komponisten wurden davon inspirieret, auch Schriftsteller wie Shakespeare erwähnen das."
Die eingespielten Stücke sind nur zwischen einer halben und zwei Minuten lang. Man geht durch den Raum und wird von den Stimmen angelockt oder überfallen. Ein anpreisender Verkaufsgesang über "New Oysters, frische Austern, der Eimer für vier Pence" ist ein Ohrwurm. In Aachen hat Turner-Preisträgerin Susan Philipsz ihre bislang größte Arbeit realisiert.
Aus schmucklosen Industrielautsprechern, wie sie für Ansagen in Stadien und Arenen benutzt werden, die widerstandsfähig sind, im Außenbereich eingesetzt werden können und die Stimme weit tragen, lässt sie empfindsame A-cappella-Gesänge erklingen. Mit Richard Wagners "Parsifal", möchte man sagen, "zum Raum wird hier die Zeit".
Susan Philipsz: " Also in dieser Situation wollte ich wissen, wie das räumlich wirkt und die Architektur beeinflusst und wie ein Werk auf das andere reagiert, antwortet." "
Das hat nichts mit schottischer Elfenmusik, Neoromantik oder Folkmusik zu tun, wie Skeptiker einwenden könnten. Susan Philips benutzt und verändert Musik aus jener Zeit als in unseren Städten noch vieles in Rufweite war und der Raum akustisch strukturiert, nicht optisch.
Tränen, die sich zur Springflut aufbauen, "Seven Tears", gesungen von einer scheinbar körperlosen Stimme im Raum, zählen zum Beeindruckendsten, was moderne Kunst gegenwärtig zu bieten hat.
Ludwig Forum für Internationale Kunst: Susan Philipsz "Seven Tears"