Männlichkeitswahn beim Skandalrapper
08:25 Minuten
Mit seinen antisemitischen Textzeilen brachte Kollegah, zusammen mit Farid Bang, den Echo zum Einsturz. Jetzt ist der Rapper unter die Autoren gegangen. Sein Buch „Das ist Alpha!“ strotzt vor frauenfeindlichen Inhalten und Selbstoptimierungstipps.
Auf der aktuellen Spiegel Bestseller-Liste steht auf Platz 3 "Das ist Alpha!: Die 10 Boss-Gebote". Geschrieben hat es der Rapper Kollegah, der zusammen mit seinem Kollegen Farid Bang im Frühjahr den Echo-Eklat ausgelöst hatte.
Sechs Monate danach und ein Auschwitz-Besuch später zeigt sich Kollegah nun reumütig. Textzeilen wie "Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen" in dem Song "0815" würde er nicht mehr benutzen. Mittlerweile ist das Album "Jung, brutal, gutaussehend 3", auf dem das Lied erschienen ist, von der Bundesprüfstelle als jugendgefährdend eingestuft worden.
Nun also ein Buch vom Bad Boy, das für Journalist Sebastian Dörfler ein äußerst martialisches Männlichkeitsbild aufzeige, mit einem Hang zum Produktivitätswahn, das auch bei der extrem Rechten zu erkennen sei. Antisemitische Textzeilen gäbe es im Buch dieses Mal nicht, sagt Sebastian Dörfler im Deutschlandfunk Kultur.
Nun also ein Buch vom Bad Boy, das für Journalist Sebastian Dörfler ein äußerst martialisches Männlichkeitsbild aufzeige, mit einem Hang zum Produktivitätswahn, das auch bei der extrem Rechten zu erkennen sei. Antisemitische Textzeilen gäbe es im Buch dieses Mal nicht, sagt Sebastian Dörfler im Deutschlandfunk Kultur.
"Was aber für ihn ganz normal zu sein scheint, und das kennt man ja schon aus seinen Texten, in seinen Liedern, das ist wirklich eine misogyne Grundhaltung, die sich durch das ganze Buch durchzieht. Man kennt das ja schon aus seinen Liedern. Frauen sind da durchweg Schlampen, die er mit Vergewaltigungs- und mit Mordfantasien überzieht. Und zwar alle Frauen, außer seiner Mutter. Der dankt er nämlich in diesem Buch auch ganz artig. Kollegah selbst bezeichnet das Buch auch als ein selbstbewusstes Männerbuch, in einer vermehrt androgyn gewordenen Gesellschaft. Und das schmecke eben den verweichlichten Pressepussys nicht."
Interessant sei, dass er diese Männerfantasien mit einem universellen Lebensratgeber verbinde, so Sebastian Dörfler. Diese Mischung finde offenbar viel Anklang, wie auch der Buchverkauf belege.
Lebensweisheiten vom Rapper
In einem Promotionvideo läuft Kollegah mit einem Fell um die Schultern einen Berg hinauf und prangert das vermeintliche Leben in einem Hamsterrad an.
Kollegah schreibt in seinem Buch, er wolle damit "faule, unsichere, arme und ungefickte Loser" zum Alpha oder zum Boss machen, sagt Sebastian Dörfler, zu einer Art Selfmade-Millionär wie Kollegah eben selbst. Und als Weg dorthin gibt es reichlich Lebensweisheiten vom Rapper, wie: "Du musst nur den Schalter im Kopf umlegen und an den eigenen Weg glauben." Oder: "Gib immer 110 Prozent, aber Vorsicht vor dem Perfektionismus."
Das sei auf der einen Seite lustig, so Dörfler. Auf der anderen Seite zeige es aber auch, "was diese Gesellschaft eigentlich seit Jahren für ein Denken in junge Leute reingepumpt hat, das jetzt hier mit diesen misogynen Einschlag zurückkommt. Und das macht schon einmal stutzig."
In dem Buch werden auch Ratschläge zur Ernährung und zum Körpertraining gegeben. Kollegah selbst inszeniert sich mit nacktem Oberkörper, als Gladiator und in Anzug mit Zigarre. So gäbe es für den Rapper wohl eine klare Verbindung dieser Komponenten, sagt Sebastian Dörfler.
In dem Buch werden auch Ratschläge zur Ernährung und zum Körpertraining gegeben. Kollegah selbst inszeniert sich mit nacktem Oberkörper, als Gladiator und in Anzug mit Zigarre. So gäbe es für den Rapper wohl eine klare Verbindung dieser Komponenten, sagt Sebastian Dörfler.
"Ob du Erfolg auf dem Arbeitsmarkt haben willst und zum Millionär werden willst, oder eben ein echter Mann sein magst – das ist im Grunde für ihn die gleiche Botschaft. Sei hart zu dir selbst und im Wettbewerb mit den anderen. Nur dann kannst du in dieser Konkurrenz bestehen. Er übertreibt quasi diesen Überlebenskampf noch einmal hier auch in seinem Männlichkeitsbild. Das interessante ist jetzt aber, dass Kollegah, glaube ich, das auch machen muss, weil er ist ja gar nicht so der richtige Gangsterrapper. Er hat auch keine Street Credibility. Kollegah ist ein Künstlername. Er ist ein deutscher Gymnasiast und Jurastudent. Er heißt Felix Blume und entsprechend bürgerlich sagt er auch in dem Buch: Jungs, wenn ihr das hier lest, macht keine krummen Dinger, hört auf mit Drogen zu dealen, denn einer wahrer Mann muss sich sein Geld selbst verdienen. Diese krasse Männlichkeit wirkt bei ihm schon fast wie eine Veranschaulichung von einem Start-Up-Macker, den er hier beschreibt."
Feindbild Feminismus
Diese Männlichkeitsbeschreibungen bei Kollegah würden aber auch Parallelen zu rechten Männlichkeitsbildern aufzeigen, sagt Sebastian Dörfler. So wird auch auf das Buch "Der Weg der Männer" von Jack Donovan verwiesen, das im Antaios-Verlag von Götz Kubitschek erschienen ist. Darin sollen sich Männer wieder in Rudel zusammenschließen, sich Abends im Wald treffen und die Frauen sollen Zuhause das Fleisch kochen.
Ein ganz zentrales Motiv des Buches sei die Verbindung aus Männlichkeitsbildern und Produktivitätswahn, erläutert Sebastian Dörfler. Das spreche viele an. Viele Männer hätten heute Schwierigkeiten, ihr Leben zu organisieren, sich selbst zu disziplinieren und wären verunsichert, gerade im Umgang mit Frauen. Das seien mit Gründe, warum viele sich auch rechten Strömungen zuwenden würden. Denn eine neues Feindbild sei dort auch der Feminismus.
Klare Rollenbilder als Lösung
Vor allem in den USA gibt es etliche selbsternannte Coaches, die seit Jahren im Internet ihre Selbsthilfetipps an ein junges Publikum weitergeben, auch wie man Frauen rumkriegt, sagt Dörfler.
Ein prägender Kopf dieser Bewegung sei Mike Cernovich, Fake-News-Produzent der Alt-Right-Bewegung. Der frühere Bodybuilder hat das Buch "Gorilla Mindset" geschrieben, in dem er den vermeintlichen Self-Made-Millionär Donald Trump feiert. Eine weitere zentrale Figur sei der Psychologieprofessor Jordan Petterson, der im Internet mit einer Vorlesungsreihe gegen Politische Korrektheit bekannt geworden ist.
"Da gibt es offenbar eine Verbindung. Diese Verunsicherung dieser jungen Männer hat fast immer etwas mit Frauen zu tun. Und die Lösung besteht fast immer in so klaren Rollenbildern, die dann evolutionsbiologisch hergeleitet werden."
Und das sei im Grunde auch bei Kollegah der Fall, so Sebastian Dörfler.
"Kollegah ist jetzt kein Teil der extremen Rechten. Das will ich gar nicht sagen, aber er dockt eben an ein Genre an, das so ein Männlichkeitsbild mit einem Produktivitätswahn verbindet, und das hat offenbar Erfolg."
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