Streit um verschleppte Schädel
Viele deutsche Universitäten und Museen haben Leichen im Keller: "Trophäen" aus der Kolonialzeit, die zur Rassenforschung dienten. Eine Lecture Performance in den Berliner Sophiensälen widmet sich jetzt diesem dunklen Kapitel der Kolonialgeschichte.
In den Kellern deutscher Universitäten und Museen lagern tausende Schädel aus aller Welt. Häufig sind es die Relikte kolonialer Verbrechen, die von den Leichen hingerichteter "Aufständischer" abgetrennt und als Trophäe nach Deutschland verschickt wurden. In anthropologischen Instituten betrieben Wissenschaftler Forschung an diesen Schädeln zur Untermauerung der Rassenlehre. Berlin wurde mit Rudolf Virchow und Felix von Luschan zum Zentrum der Schädelsammler.
Diplomatisches Desaster bei der Schädel-Rückgabe
100 Jahre später mehren sich Forderungen nach einer würdevollen Behandlung und Restitution dieser Schädel an die Nachfahren. Zögerlich beginnen Universitäten und Museen mit der Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels ihrer Geschichte. Die erste offizielle Rückgabe von Herero- und Nama-Schädeln an Namibia entwickelt sich zum diplomatischen Desaster. Die Provenienzforschung gestaltet sich schwierig. In den wenigsten Fällen können die Schädel einem Individuum zugeordnet werden. Und es stellt sich die Frage, ob bei einer wissenschaftlichen Untersuchung zur Herkunft der menschlichen Überreste diese nicht erneut entwürdigt werden.
Skurrile Irrfahrt zwischen Wissenschaft, Politik und Theater
Ein Schädel bildet das Zentrum einer Lecture Performance in den Berliner Sophiensälen. Die Flinntheater Produktion führt von Tansania und Deutschland über Archive, Konsulate, Schlachtfelder und Labore durch die deutsche Kolonialgeschichte ins Innerste des eigenen Schädels. Jürgen Strathmann über eine skurrile Irrfahrt zwischen Wissenschaft, Politik und Theater, die am Mittwoch Abend Premiere feiert.