Kommentar

Finaltag der Fußball-Amateure ist eine Mogelpackung

03:45 Minuten
Fahne vom Finaltag der Amateure beim Sachsenpokal-Finale 1. FC Lokomotive Leipzig gegen den Chemnitzer FC im Bruno-Plache-Stadion in Leipzig
Beim Finaltag der Amateure standen in den Landespokalendspielen neun Drittligisten und 17 Regionalligisten. © Imago / Gabor Krieg
Von Heinz Schindler |
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Beim "Finaltag der Amateure" tragen die Landespokalwettbewerbe ihre Endspiele aus, deren Gewinner sich für den DFB-Pokal qualifizieren. Unser Kollege Heinz Schindler erklärt, warum er bei diesem Finaltag immer mehr die Amateure selbst sucht.
Alle Jahre wieder und subjektiv immer mehr suche ich beim Finaltag der Amateure eben solche: die Amateure. Geht Ihnen das auch so - oder stumpft man einfach ab und lässt sich diese Mogelpackung unterschieben, weil in bekannten Stadien bekannte Vereine gegeneinander um den Einzug in den DFB-Pokal spielen?
Vereine aus der bundesweiten dritten Profiliga spielen und aus den viertklassigen Regionalligen, deren West- und Südweststaffeln während der Pandemie zu Profiligen erklärt worden waren. Wobei auch im Nordosten, im Norden und in Bayern Mannschaften viertklassig spielen, aber unter professionellen Bedingungen trainieren.

Mehr Profivereine in den Landespokalendspielen

Neun Drittligisten standen in den Landespokalendspielen und 17 Regionalligisten, die Mehrzahl von ihnen Profivereine. Echte Amateure sieht man immer seltener und die pokaltypische Volksfeststimmung auf kleinen Plätzen ebenso.
Stattdessen: Zuschauerrekorde in großen Arenen. Profifußball, nur eben in anderer Dekoration und schon dummfrech unter falschem Etikett angepriesen.

In Westfalen zum Beispiel kommt das so zustande: Ein Startplatz für den DFB-Pokal erhält der Oberligameister. Im eigentlichen Landespokalwettbewerb hat man Regionalgruppen gebildet mit je einem oder zwei Dritt- oder Viertligisten. Das ergibt dann bereits ein Halbfinale, bei dem die Schwergewichte unter sich bleiben.

Verband profitiert auch von Zuschauereinnahmen

Was den Vorteil hat, dass natürlich ganz zufällig dann in fernsehtauglichen Stadien gespielt wird. Das macht sich gut bei der Übertragung und die Kapazitäten sind auch andere als bei kleinen Amateurplätzen. An den Zuschauereinnahmen partizipiert übrigens auch der Verband. Und nun zählen wir mal zwei und zwei zusammen.
Szene aus dem Niederrheinpokal-Finale zwischen Rot-Weiss Essen und Rot-Weiß Oberhausen, mit Felix Götze (Rot-Weiss Essen, im roten Trikot) und Cottrell Ezekwem (RW Oberhausen).
Szene aus dem Spiel zwischen Rot-Weiss Essen und Rot-Weiß Oberhausen am Finaltag der Amateure 2024© dpa / picture alliance / Maximilian Koch
Und mal nebenbei: Da die Drittligisten oftmals viele Fans im Schlepptau haben und einige Radaubrüder und -schwestern sind, aus Sicherheitsgründen selbst in den Vorrunden oftmals Ansetzungen auf neutralen Plätzen die Regel oder das Heimrecht wird getauscht. Der Dorfverein spielt dann im Profistadion und kriegt dort eine Packung. Ist das noch Pokal?

Zwei Pokalwettbewerbe in Niedersachsen

Der Landesverband Niedersachsen verfolgt seit einigen Jahren einen anderen Ansatz, der ist gar nicht mal schlecht: Aus einem Pokalwettbewerb hat man deren zwei gemacht. Einen für Dritt- und Viertligisten und einen für die Amateure.
Damit kommt man dem ursprünglichen Pokalgedanken wieder näher, finde ich. Würden alle Landesverbände diesem Beispiel folgen, bräuchte es allerdings mehr Startplätze in der ersten Runde des DFB-Pokals.
Die bräuchte es auch dann, würde man die Drittligisten zu den anderen Profivereinen in den Lostopf werfen und die Profis aus der vierten Liga gleich mit dazu.
Während ich das sage, höre ich auch schon das Jammern aus den  kickenden Kapital- und Aktiengesellschaften wegen des engen Terminkalenders, den sie lieber mit Privatspielen irgendwo auf der Welt noch enger machen als sich mit ihrem Ensemble an der Basis des Fußballs blicken zu lassen.

Finaltag ist so kein Feiertag des Amateurfußballs

Ein Finaltag der Amateure sollte wieder durchgängig diejenigen in den Blickpunkt stellen, deren Haupterwerb anderswo liegt als im Fußball. Die kickenden Handwerker, Briefträger oder Studenten, die später dann für all die Pokalwunder sorgen, von denen man noch in Jahren sprechen wird.

In der aktuellen Form ist der Finaltag der Amateure eben kein Feiertag des Amateurfußballs. Auch wenn er den Slogan einer früheren Amateurfußballkampagne des DFB auf beinahe sarkastische Art mit Leben füllt:  „Unsere Amateure – echte Profis“   

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