Plädoyer
Tiere haben keine juristischen Rechte, dabei sind sie dem Menschen in vielem ähnlich. Elefanten zum Beispiel treffen eigenständige Entscheidungen und haben ein Ich-Bewusstsein. © picture alliance / Zoonar / Nico Smit
Es ist Zeit, Tieren mehr Rechte einzuräumen
Tiere sind vor dem Gesetz keine juristischen Personen und damit in ihren Rechten stark beschränkt. Das sei unzeitgemäß und müsse sich ändern, fordert der Philosoph Krisha Kops.
Wir reden mit ihnen. Geben ihnen Namen. Bekleiden sie ab und an. Schicken sie zum Friseur. Kochen für sie gelegentlich aufwändige Delikatessen. Bei manchen dürfen sie sogar im Bett schlafen: Hunde, Katzen oder sonstige Haustiere. Doch unser Verhältnis zu Tieren ist widersprüchlich.
Denn gleichzeitig führen wir Versuche an ihnen durch, halten und schlachten sie massenhaft, entfernen ihnen gar ohne Betäubung die inneren Geschlechtsorgane. Um das zu ändern, reicht es nicht, nur Geld in den Artenschutz zu investieren. Um sie zu schützen, sollten Tiere mehr Rechte erhalten.
Erste Flüsse haben schon juristische Rechte
Noch sind sie vor dem Gesetz nahezu machtlos. Das liegt vor allen Dingen daran, dass sie nicht als juristische Personen anerkannt sind. Vereinfacht gesagt, ist eine juristische Person ein Träger von Rechten und Pflichten. Für gewöhnlich sind das einzelne Menschen oder Gesellschaften, also ein Zusammenschluss von Individuen.
Dass die juristische Person nur auf den Menschen und seine Aktivitäten bezogen ist, verschiebt sich derzeit zu Gunsten der Natur. So erlangten 2017 vier Flüsse in Kolumbien, Indien und Neuseeland juristische Rechte. Tiere hingegen genießen solche Privilegien weiterhin nicht.
Person ein "intelligentes Wesen" - und das Tier?
Zurückzuführen ist das auf unsere Geistesgeschichte. So sind für den großen Aufklärer, Immanuel Kant, Tiere schlicht „Sachen“. René Descartes, der am Anfang der modernen Philosophie steht, bezeichnet Tiere gar als „seelenlose Automaten“. Der Begriff der Person im Allgemeinen wird dagegen mit dem Menschen gleichgesetzt.
Dabei definiert man die Person oft als ein intelligentes Wesen, das freie Entscheidungen treffen kann und sich als Individuum wahrnimmt. Selbst die Neurobiologie hat jedoch bis heute kein eindeutiges Bild davon, was eine Person wirklich ausmacht.
Tiere mit menschlichen Zügen
Hingegen haben Biologen rausgefunden: Auch manche Tiere haben menschliche Züge. Hochintelligente Tiere wie Elefanten treffen nicht nur freie Entscheidungen, sondern weisen zudem ein Ich-Bewusstsein auf. Affen erkennen sich selber im Spiegel.
Je nach Definition des Personenbegriffs könnten auch andere Tiere wie Schafe darunterfallen. Selbst wenn sie vielleicht kein Ich-Bewusstsein wie Menschen besitzen, sind sie komplexe soziale Wesen mit spezifischen Eigenheiten. Demnach sind auch viele Tiere nach heutigem Wissenstand weit mehr als „seelenlose Automaten“, sondern verfügen eher über Eigenschaften einer Person.
Mehr Rechte für Tier!
Die Komplexität der Natur erfordert offenbar neue Kategorien auch in Bezug auf die Definition der Person. Noch ist zwar nicht geklärt, wie Tiere oder Flüsse den Pflichten einer juristischen Person gerecht werden sollen. Oder ob moralisches Verhalten zum Personenbegriff gehört. Und wie Tiere dem überhaupt nachkommen könnten. Dennoch ist es Zeit, Tieren mehr Rechte einzuräumen. Aber dafür müssen wir unsere veralteten Annahmen überdenken und neue Ideen entwickeln.
Sobald dieser erste Schritt gegangen ist, können wir darüber debattieren, ob sich das auch auf andere Bereiche der Natur ausdehnen lässt. Denn andere Weltanschauungen, wie manche indigene, waren seit jeher der Auffassung, dass die Natur nicht irgendein Ding ist, sondern Mensch und Natur in einer lebendigen Verbindung stehen. Eine Idee, die inzwischen auch von westlichen Philosoph*innen aufgenommen wird.