Tiefer Blick in die Kristallkugel
Union, Grüne und FDP sondieren fleißig. Sind sie auf dem richtigen Weg? Nein, sagt der Publizist Albrecht von Lucke: Das wird nicht klappen. Ja, sagt unsere politische Korrespondentin Barbara Schmidt-Mattern: Es tut sich was in diesen Tagen.
Jeden Tag wird nun wieder sondiert. FDP und Grüne setzten gestern Signale: FDP-Chef Lindner rückte von der Forderung nach einer großen Steuerentlastung um 30 bis 40 Milliarden Euro ab.
Die Grünen wiederum hatten zuvor signalisiert, sich nicht an ein festes Datum für das Ende des Verbrennungsmotors klammern zu wollen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt beeindruckte das allerdings wenig: Das "Abräumen von Schwachsinnsterminen" sei noch kein Kompromiss.
Die Zeit reicht nicht, die Differenzen sind zu groß
Kann Jamaika gelingen? Wir haben einen Blick in die Kristallkugel gewagt und den Publizisten Albrecht von Lucke und unsere Hauptstadt-Korrespondentin Barbara Schmidt-Mattern um eine Prognose gebeten. Das Ergebnis: Ein Nein, ein Ja.
Die Anzeichen verdichteten sich, dass die Zeit nicht reiche, sagte von Lucke. Am 18. November sollten Ergebnisse vorgelegt werden, die Differenzen seien aber noch immer gewaltig. "Hier wächst nicht zusammen, was nicht zusammengehört", sagte von Lucke.
Die ersten zwei Wochen seien "völlig verschenkt" worden, kritisierte er - und nun gebe es gerade eine Phase, in der die Parteien "auf Exit" spielten.
Noch nicht einmal eine Überschrift
Sie beobachteten die demoskopischen Umfragen genau. "Die fragen sich eines: Was drohen wir zu verlieren, wenn wir eine solche Koaltion eingehen, die noch nicht einmal eine Überschrift hat?"
Die CSU habe in Bayern habe nur ein einziges Interesse: nicht die Wahl im kommenden Jahr zu verlieren, betonte der Publizist. Und solange für eine Niederlage vieles spreche, werde die CSU auch vieles tun, um die Jamaika-Koalition zu verhindern.
Barbara Schmidt-Mattern sieht das anders. Auch sie sei anfangs skeptisch gewesen, sagte sie. Die Grünen hätten nun aber mit dem Verzicht auf ein Enddatum für den Verbrennungsmotor "neuen Schwung in die Gespräche gebracht".
Auch die FDP habe sich entgegenkommend verhalten, argumentiert Schmidt-Mattern: "Es tut sich was in diesen Tagen."
Für Merkel geht es um "alles oder nichts"
Zudem gehe für die Bundeskanzlerin um "alles oder nichts". Merkel habe die Neuwahl-Debatte erfolgreich wieder eingefangen.
"Ich halte es für nicht richtig, etwas zusammenzuwingen, was in seinen Polarisierungen so weit auseinander ist", antwortete von Lucke. Selbst wenn es die Koaltion gebe, werde diese nicht stabil sein.
Und stattdessen? Von Lucke forderte, neue Lösungen in Betracht zu ziehen. So werde beispielsweise kaum über die Frage einer Minderheitenregierung nachgedacht. (ahe)