Jugendfußball

Was tun mit pöbelnden Eltern?

08:03 Minuten
Szene aus dem Jugendfußballspiel in der C-Jugend zwischen FSV Witten gegen SC Berchum Garenfeld
Beim Jugendfußball gibt es oft aggressive und schimpfende Eltern am Spielfeldrand. © Imago / Sebastian Sternemann
Von Thomas Wheeler |
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Pöbeleien gehören zum Alltag im Jugendfußball. Auch Eltern der Nachwuchskicker spielen dabei eine zentrale Rolle. Doch es gibt Möglichkeiten, die Situation zu verbessern - wie beispielsweise die Kommunikation der Eltern mit Trainer und Verein.
Eltern, oft Väter, schreien und schimpfen bei Kinder- und Jugendfußballspielen. Sie beleidigen Schiedsrichter, Trainer und Kinder. Manchmal sogar die eigenen. Kommt leider immer wieder vor, ist aber glücklicherweise nur eine Minderheit.
Susanne Amar, Mutter eines jugendlichen Fußballers und außerdem Coach für Eltern und Trainer, sagt:

Ich finde ich es immer wichtig, mit den Eltern ins Gespräch zu gehen und auch so ein bisschen herauszufinden, warum das denn so ist. Oftmals ist es so, dass diese Eltern durch irgendetwas getrieben werden, sich so zu verhalten. Meistens sind es so eigene Erfahrungen, die sie gemacht haben, sei es vielleicht in ihrer eigenen Kindheit, in ihrer Jugend, vielleicht auch mit dem Sport.

Susanne Amar, Coach für Eltern und Trainer

Erfahrungen mit schimpfenden Eltern

Sicherlich eine nachvollziehbare Argumentation, aber keine Rechtfertigung für respektloses Verhalten. Susanne Amar kennt solche Auswüchse am Spielfeldrand. Denn ihr Sohn hat jahrelang Fußball gespielt. Mit sechs Jahren absolviert er ein Probetraining in einem Verein und durchläuft anschließend sämtliche Kinder- und Jugendspielklassen.
In Fußballschulen und Nachwuchsleistungszentren vertieft er seine Fähigkeiten. Schließlich schafft er es bis in die Jugend-Bundesliga, in der er fünf Jahre kickt. Bei der Betreuung wächst seine Mutter in sehr unterschiedliche Aufgabenbereiche hinein. 
„Anfangs war es wirklich nur so der Fahrdienst und Wäschedienst, also Trikots waschen, und neben dem Mentaltrainer, der man dann auch schnell wurde, nämlich, wenn jemand verletzt ist, hat das auch psychische Auswirkungen auf diese jungen Menschen. Irgendwann kommen dann solche Sachen hinzu wie Ernährung, also eine optimale sportgerechte Ernährung zu liefern.“ 
Durch ihre eigenen Erfahrungen weiß Susanne Amar, was Mütter und Väter leisten müssen, deren Kinder Fußball im Verein spielen. Und so unterstützt sie seit einigen Jahren als Coach Eltern und Trainer dabei, sich besser kennenzulernen und die gegenseitigen Bedürfnisse zu verstehen.

Es ist weniger, dass ich mit den Eltern ins Gespräch komme, sondern vielmehr mit den Vereinen, mit den Trainern, mit den Jugendleitungen. In den sieben, acht Jahren, in denen ich das nun jetzt mache, habe ich gemerkt, dass der Impuls von Seiten des Vereins kommen sollte, weil Eltern in diesem ganzen System eine sehr untergeordnete Rolle spielen.

Susanne Amar, Coach für Eltern und Trainer

Oft fehlt es an Informationen für die Eltern

Nur wenige Vereine bundesweit haben eine spezielle Seite für Eltern, auf der sie alle relevanten Informationen für sich finden.
„Eltern kommen auf so Homepages auch so gut wie gar nicht vor oder werden so gut wie gar nicht angesprochen. Wenn wir jetzt mal im Kinder- und Jugendbereich unterwegs sind, sind sie aber die wichtigsten Personen, weil ohne ihre Zustimmung, ohne ihre Unterschrift auf dem Mitgliedsantrag könnten die ganzen Kinder und Jugendlichen ja gar nicht im Verein spielen.“ 
Umso wichtiger wäre es, wenn Vereine Eltern stärker einbinden würden.
„Eltern wäre mit einem Leitfaden sehr geholfen. So ein Leitfaden ist natürlich auch individuell auf den Verein anzupassen, welche Philosophie der Verein verfolgt, welchen Leistungsstand, wie dort also das Thema Zusammenarbeit mit Eltern, Kommunikation mit Eltern gehandhabt wird, welche Basisinformationen bräuchten, eben Eltern, um überhaupt auch in diese Vereinswelt miteinzutreten?“ 

Ein vertrauensvolles Verhältnis ist wichtig

Ein vertrauensvolles Verhältnis kommt letztlich immer den Kindern zugute, betont Gerd Thomas vom FC Internationale Berlin, der gemeinsam mit Susanne Amar und dem Landessportbund Berlin den Workshop „Eltern, das Team hinter dem Team“ organisiert hat.
„Wir wollen versuchen, aus diesem Konfliktfeld herauszukommen, dass Eltern immer als Gegner oder von einigen gar als Feinde wahrgenommen werden und immer nur negativ betrachtet werden. Sondern wir wollen eigentlich versuchen, die Chancen eher rauszufinden und einfach zu sagen, Kooperation im Sinne der Kinder und Jugendlichen ist doch das, was wir alle wollen.“
Dadurch können beide Seiten nicht nur Vertrauen aufbauen, sondern auch das Verständnis füreinander stärken.

Eltern können unheimlich viel tun. Deswegen haben wir das auch genannt, ‚Eltern, das Team hinter dem Team‘. Wir brauchen alle Leute, die zum Beispiel dafür sorgen, dass die Klamotten gewaschen werden, die können Obst schneiden. Die können aber auch die Kommunikation für die Trainerinnen und Trainer zum Teil übernehmen. Das heißt, sie können organisieren, dass Menschen von A nach B kommen.

Gerd Thomas, FC Internationale Berlin

Susanne Amar: „Dazu kommt ein Elternabend. Es ist ganz wichtig, ein Elternabend mindestens am Anfang der Saison zu machen. Da kommen neue Eltern mit vielleicht auch einem neuen Trainerteam zusammen. Da kommen neue Spieler*innen dazu. Da heißt es, noch mal wirklich an die Basis zu gehen, was brauchen die Eltern an Informationen zum Trainingskonzept, zur Planung für die Saison, aber genauso auch, wie können sie vielleicht unterstützen, welche Aufgaben kann das Trainerteam an die Eltern abgeben?“
Da es am Spielfeldrand immer wieder Probleme mit Eltern gibt, die am Rad drehen, hat der DFB noch zu Zeiten des ehemaligen Präsidenten Theo Zwanziger die Kampagne „Fair bleiben, liebe Eltern“ ins Leben gerufen. Auf Karten und Plakaten stehen Verhaltenstipps für Eltern.

Eltern muss der Mehrwert erklärt werden

„Zwei Aspekte werden dort aber nicht in der Tiefe betrachtet. Nämlich, Eltern den Mehrwert zu erklären, weil Eltern möchten das es ihrem Kind gut geht. Wenn man eben erklärt, was ist der Mehrwert, wenn ihr euch an diese Regeln haltet für euer Kind, dann kriegt man vielmehr die Aufmerksamkeit auch und auch die Bereitschaft, mit anzupacken und umzusetzen, als wenn einfach eine Regel in einer Broschüre zusammengefasst wird, ihr sollt bitte das und das machen und verhaltet euch bitte so und so.“

„No to aggressive parents“, „Nein zu aggressiven Eltern“ war eine Videokampagne des Berliner Fußball-Verbandes in den Jahren 2017 und 2018.  
Verbale Elternfehltritte gibt es trotz aller Appelle bundesweit fast jedes Wochenende.
Gerd Thomas, der 1. Vorsitzende des FC Internationale meint, solche Kampagnen könnten lediglich ein Baustein sein.
„Ich glaube, dass nur Transparente und Schilder mit der Aufschrift ‚liebe Eltern, bitte verhaltet Euch vernünftig‘ nicht reichen. Auch hier ist Kommunikation ganz wichtig. Und wir müssen uns manchmal auch wirklich gegenseitig ein bisschen kontrollieren.“ 
Damit ein Umfeld geschaffen wird, indem Rücksicht im Vordergrund steht und Benimmregeln nicht zum Maßstab des Umgangs werden, um Grenzen zu setzen. Vielleicht wird der ein oder andere Schreihals ja auch etwas ruhiger, wenn er einfach mal zuhört, was sein Gebrüll bei den Kindern auslöst.
„Ich weiß, sie wollen, dass wir besser werden, aber es ist dann richtig anstrengend.“

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