Mao-Bibel als Touristen-Ramsch
Wenige Bücher haben weltweit eine solch hohe Auflage erzielt wie die so genannte Mao-Bibel. Wer sie sich in China heutzutage zulegen will, muss auf den Flohmarkt gehen. Die staatlichen Buchläden bieten sie nicht mehr an.
Loblieder auf Staatsgründer Mao Zedong hört man heute nur noch im Park. Hier im Jingshan-Park hinter der Verbotenen Stadt schmettert ein Mann „Lang Lebe Mao Zedong" in den Morgenhimmel. Maos Bild ist zwar immer noch im Alltag präsent - sein Konterfei ist schließlich auf jedem Geldschein zu sehen – aber die einst allgegenwärtige Mao-Bibel mit den Zitaten des Großen Steuermanns, ist heute Geschichte.
"Meine Eltern und Großeltern kennen das vielleicht noch, sagt diese 30jährige. Ab und zu erwähnt es mal jemand, aber nur ganz selten."
Im staatlichen Xinhua-Buchladen in der Pekinger Innenstadt wird das Buch nicht mehr angeboten. "Mao Zhuxi Yulu", also "Zitate des Vorsitzenden Mao Zedong" wie das Buch offiziell heißt, habe sie nicht auf Lager, sagt die Buchhändlerin und zuckt mit den Schultern. Heute wollen die Leute andere Sachen lesen: Erziehungsratgeber haben gerade Konjunktur. Die Mao-Bibel mit ihrem knallroten Plastik-Einband lebt nur noch in der Erinnerung der Alten.
"Natürlich habe ich damals Mao-Zitate rezitiert, sagt dieser Rentner. Jeder, der während der Kulturrevolution lebte, musste diese Zitate kennen. Außerdem gab es damals ja kaum andere Bücher."
Billige Nachdrucke in allen Sprachen
Mitte der 60er-Jahre hatte Lin Biao, der damals noch als Maos Nachfolger galt, das Büchlein mit den rund 400 Zitaten des Parteichefs herausgegeben. Ursprünglich war es nur für die Volksbefreiungsarmee gedacht, aber als der Mao-Kult seinen Höhepunkt erreichte, sollte jeder das Buch ständig bei sich tragen und die Worte auswendig lernen. Die Slogans waren allgegenwärtig. Sätze wie: Das Segeln über die Meere erfordert einen Steuermann, die Revolution braucht die Gedanken Mao Zedongs.
"Ich kann mich nur noch an ganz wenige Slogans erinnern, sagt der Pekinger Rentner. Sei entschlossen und habe keine Angst Opfer zu bringen, oder so ähnlich. Die anderen weiß ich nicht mehr."
Heute beruft sich zwar der neue Staats- und Parteichef Xi Jinping gerne mal auf Mao und bricht Kampagnen vom Zaun, deren Parolen durchaus an die Mao-Zeit erinnern. Aber wer das rote Buch lesen will, muss auf die Trödel- und Touristenmärkte gehen. Dort werden neben anderem Mao-Kitsch auch billige Nachdrucke der Mao-Bibel angeboten – in allen Sprachen. Wer ein echtes kleines rotes Buch will, muss unter Umständen tief in die Tasche greifen. Einer der Erstdrucke aus dem Jahre 1964 – noch mit einem Vorwort des später in Ungnade gefallenen Lin Biaos - wurde vor einigen Jahren bei Sotheby's versteigert – für 13.000 US Dollar.