Komplexe Audio-Bibliothek
So einfach die Textsuche in Bibliotheken und Archiven mittlerweile geworden ist - bei anderen Dokumenten ist es noch nicht soweit. Das Forschungsprojekt PROBADO will das ändern: Musikstücke schnell im Archiv finden und sofort anhören zu können, ist eines der anvisierten Ziele.
Im Jahre 1801 vollendet und im Jahr 2012 in Windeseile auf den PC geholt: Die Klaviersonate Nr. 14 von Ludwig van Beethoven - auch bekannt als "Mondscheinsonate" - am Computer erklingen zu lassen, ist für Michael Clausen kein Problem. Der Informatik-Professor von der Universität Bonn hat dafür ein besonderes Suchsystem mitentwickelt:
"Wenn wir wissen, es handelt sich um die Mondscheinsonate, dann gibt man im Texteingabefeld das Wort "Mondschein" ein und das System antwortet dann z.B. mit dem Beginn der ersten Takte der Partitur von der Mondscheinsonate."
Diese Suchwerkzeug ist Bestandteil von "PROBADO Musik". Hier lassen sich Musikstücke anhand von Audioschnipseln und Notenfolgen suchen, und zwar in einem dafür digitalisierten Archiv:
"Das hat die Bayerische Staatsbibliothek vorgenommen; die machen das im großen Stil mit sogenannten Scan-Robotern. Und wir prozessieren die Digitalisate, die dabei herauskommen. Das sind Bilddaten - also ein Bild pro Notenseite - und das sind CD-Daten."
David Damm vom Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie in Wachtberg bei Bonn sagt, dass bislang rund 60.000 Partiturseiten und die Musiktitel von 800 CDs im PROBADO-Archiv erfasst sind.
Das Programm bietet verschiedene Ansichten auf dem Bildschirm. Auf der Tonspur kann der Anwender mit einem virtuellen Schieberegler an jede beliebige Stelle der ungefähr 15 Minuten langen Klaviersonate springen. Der Ton, der gerade erklingt, wird durch einen senkrechten gelben Strich markiert, der immer mitwandert in der Tonspur. Zeitgleich wird in der Partituransicht, also dem Notenblatt, der jeweils gespielte Takt gelb hervorgehoben. Notenband und Tonspur sind miteinander verzahnt. Doch das ist nicht alles, sagt die Informatikerin Verena Thomas:
"Als dritte Ansicht für Stücke mit Gesang gibt es auch die Gesangstextanzeige, wo wirklich nur der Text angezeigt wird, den man ein bisschen - wie bei einem Karaokeplayer – nach verfolgen kann. Auch hier wird das aktuelle Wort 'gehighlighted' in Gelb, sodass man verfolgen kann, was gerade gesungen wird, was vielleicht - gerade wenn man italienische Opern hört - interessant ist, wenn man den Text selber noch nicht so gut lesen kann."
Wer beim Stöbern in der Suchmaske keinen Text eintippen möchte, sondern eine Notenfolge, kommt auch zum Ziel. Auf einem virtuellen Piano lässt sich eine Melodie spielen - und das System bietet dann alle in Frage kommenden Musikstücke an. PROBADO ermuntert zum Stöbern, zum Browsen und Navigieren im Musikarchiv. Und das - so findet Michael Clausen - sollte kein Privileg für Bibliothekare bleiben:
"Ich stelle mir jetzt mal ein ganz anderes Szenario vor: Ich bin Sänger und muss manchmal komplexe Stücke einstudieren; und da könnte ich mir gewisse Passagen hier herauspicken und möchte mir die mehrmals hier anhören und mitsingen. Und so kann ich zielsicher an diese entsprechende Stelle springen und kann sagen: Und diese Stelle bitte fünf Mal hintereinander, bis ich sie kann."
Michael Clausen kann in PROBADO auch geschwind jene Interpretation finden, die ihm am besten gefällt. Dafür aktiviert er den Interpretation-Switcher: Per Mausklick lässt sich hier beliebig oft und ohne größeren Zeitaufwand zwischen den verschiedenen Interpretationen hin- und herwechseln:
"Und das macht den Interpretationsvergleich viel einfacher als wenn man - wie früher - eine CD einlegt, sucht sich die Stelle, spielt die ersten 30 Takte ab, dann wird die CD herausgenommen, die nächste CD kommt ´rein, man muss wieder diese Stelle suchen und bis dahin hat unser akustisches Gedächtnis schon alles wieder vergessen. Und hier geht das nahtlos. Das ist ein 1:1-Vergleich. Es wird an der gleichen Stelle von dem nächsten Interpreten weiter gespielt."
Die Grundidee von PROBADO ist natürlich nicht auf die Schätze klassischer Musik beschränkt. Jede Form von Audiomaterial ließe sich auf diese Weise erschließen und neu organisieren - bei weiteren Fortschritten in der computergestützten Spracherkennung zum Beispiel auch das gesprochene Wort in archivierten Radio- und Fernsehbeiträgen.
Geschichtsträchtige Momente - festgehalten für die Ewigkeit und aufgespürt in Sekundenschnelle durch das Aufsagen einiger Stichworte. Das ist zwar noch Zukunftsmusik. Doch es wird sicher nicht mehr lange dauern, bis es jedem Interessierten zu Hause möglich ist, sein eigenes Tonmaterial auf dem heimischen PC mit einer kommerziellen PROBADO-Variante neu zu organisieren.
Michael Clausen hat mit seinem Forscherteam dafür die Grundlagen geschaffen -wobei sie bislang allenfalls die Spitze eines Eisberges angekratzt haben:
"Es ist völlig klar, dass in den Archiven unterschiedlicher Art - sei es in Bibliotheken oder auch in großen Rundfunkarchiven, Schallarchiven - dass da noch ganz viele Schätze zu heben sind; und das wäre für uns natürlich auch ´ne spannende Sache, auch an dieser Stelle weiter zu machen und dafür zu sorgen, dass unser kulturelles Erbe gewahrt bleibt. Gewahrt wird durch die Digitalisierung und dadurch, dass man diese Daten wirklich leicht zugänglich macht. Zum Beispiel auch übers Internet."
"Wenn wir wissen, es handelt sich um die Mondscheinsonate, dann gibt man im Texteingabefeld das Wort "Mondschein" ein und das System antwortet dann z.B. mit dem Beginn der ersten Takte der Partitur von der Mondscheinsonate."
Diese Suchwerkzeug ist Bestandteil von "PROBADO Musik". Hier lassen sich Musikstücke anhand von Audioschnipseln und Notenfolgen suchen, und zwar in einem dafür digitalisierten Archiv:
"Das hat die Bayerische Staatsbibliothek vorgenommen; die machen das im großen Stil mit sogenannten Scan-Robotern. Und wir prozessieren die Digitalisate, die dabei herauskommen. Das sind Bilddaten - also ein Bild pro Notenseite - und das sind CD-Daten."
David Damm vom Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie in Wachtberg bei Bonn sagt, dass bislang rund 60.000 Partiturseiten und die Musiktitel von 800 CDs im PROBADO-Archiv erfasst sind.
Das Programm bietet verschiedene Ansichten auf dem Bildschirm. Auf der Tonspur kann der Anwender mit einem virtuellen Schieberegler an jede beliebige Stelle der ungefähr 15 Minuten langen Klaviersonate springen. Der Ton, der gerade erklingt, wird durch einen senkrechten gelben Strich markiert, der immer mitwandert in der Tonspur. Zeitgleich wird in der Partituransicht, also dem Notenblatt, der jeweils gespielte Takt gelb hervorgehoben. Notenband und Tonspur sind miteinander verzahnt. Doch das ist nicht alles, sagt die Informatikerin Verena Thomas:
"Als dritte Ansicht für Stücke mit Gesang gibt es auch die Gesangstextanzeige, wo wirklich nur der Text angezeigt wird, den man ein bisschen - wie bei einem Karaokeplayer – nach verfolgen kann. Auch hier wird das aktuelle Wort 'gehighlighted' in Gelb, sodass man verfolgen kann, was gerade gesungen wird, was vielleicht - gerade wenn man italienische Opern hört - interessant ist, wenn man den Text selber noch nicht so gut lesen kann."
Wer beim Stöbern in der Suchmaske keinen Text eintippen möchte, sondern eine Notenfolge, kommt auch zum Ziel. Auf einem virtuellen Piano lässt sich eine Melodie spielen - und das System bietet dann alle in Frage kommenden Musikstücke an. PROBADO ermuntert zum Stöbern, zum Browsen und Navigieren im Musikarchiv. Und das - so findet Michael Clausen - sollte kein Privileg für Bibliothekare bleiben:
"Ich stelle mir jetzt mal ein ganz anderes Szenario vor: Ich bin Sänger und muss manchmal komplexe Stücke einstudieren; und da könnte ich mir gewisse Passagen hier herauspicken und möchte mir die mehrmals hier anhören und mitsingen. Und so kann ich zielsicher an diese entsprechende Stelle springen und kann sagen: Und diese Stelle bitte fünf Mal hintereinander, bis ich sie kann."
Michael Clausen kann in PROBADO auch geschwind jene Interpretation finden, die ihm am besten gefällt. Dafür aktiviert er den Interpretation-Switcher: Per Mausklick lässt sich hier beliebig oft und ohne größeren Zeitaufwand zwischen den verschiedenen Interpretationen hin- und herwechseln:
"Und das macht den Interpretationsvergleich viel einfacher als wenn man - wie früher - eine CD einlegt, sucht sich die Stelle, spielt die ersten 30 Takte ab, dann wird die CD herausgenommen, die nächste CD kommt ´rein, man muss wieder diese Stelle suchen und bis dahin hat unser akustisches Gedächtnis schon alles wieder vergessen. Und hier geht das nahtlos. Das ist ein 1:1-Vergleich. Es wird an der gleichen Stelle von dem nächsten Interpreten weiter gespielt."
Die Grundidee von PROBADO ist natürlich nicht auf die Schätze klassischer Musik beschränkt. Jede Form von Audiomaterial ließe sich auf diese Weise erschließen und neu organisieren - bei weiteren Fortschritten in der computergestützten Spracherkennung zum Beispiel auch das gesprochene Wort in archivierten Radio- und Fernsehbeiträgen.
Geschichtsträchtige Momente - festgehalten für die Ewigkeit und aufgespürt in Sekundenschnelle durch das Aufsagen einiger Stichworte. Das ist zwar noch Zukunftsmusik. Doch es wird sicher nicht mehr lange dauern, bis es jedem Interessierten zu Hause möglich ist, sein eigenes Tonmaterial auf dem heimischen PC mit einer kommerziellen PROBADO-Variante neu zu organisieren.
Michael Clausen hat mit seinem Forscherteam dafür die Grundlagen geschaffen -wobei sie bislang allenfalls die Spitze eines Eisberges angekratzt haben:
"Es ist völlig klar, dass in den Archiven unterschiedlicher Art - sei es in Bibliotheken oder auch in großen Rundfunkarchiven, Schallarchiven - dass da noch ganz viele Schätze zu heben sind; und das wäre für uns natürlich auch ´ne spannende Sache, auch an dieser Stelle weiter zu machen und dafür zu sorgen, dass unser kulturelles Erbe gewahrt bleibt. Gewahrt wird durch die Digitalisierung und dadurch, dass man diese Daten wirklich leicht zugänglich macht. Zum Beispiel auch übers Internet."