Wissendes Suchen
55:06 Minuten
Franz Martin Olbrisch lässt sich kaum in die Kategorien eines arbeitsteiligen Kulturbetriebs einpassen. Der seit vielen Jahren in Berlin lebende Komponist hat sich auch mit Themen beschäftigt, die abseits des Feldes rein musikalischer Arbeit liegen.
Sein Kunstverständnis beruht auf Kommunikation. Franz Martin Olbrisch ist an Möglichkeiten interessiert, die über die scheinbare Vertrautheit mit der Welt hinausgehen und dem Betrachter neue Einsichten und Erkenntnisse bieten, statt ihn an eine Welt der Utopien und Sehnsüchte zu binden.
Seine Arbeit versteht Franz Martin Olbrisch demnach als ein "wissendes Suchen" – mit den Mitteln des Klanglichen.
Seine Arbeit versteht Franz Martin Olbrisch demnach als ein "wissendes Suchen" – mit den Mitteln des Klanglichen.
Die Poesie des Getränkeautomaten
Olbrisch ist ein Komponist, der seine Musik strukturell denkt. Dabei faszinieren ihn Ordnungen ebenso wie deren Unterminierung in Form von Unregelmäßigkeiten, Abweichungen und Brüchen. In seiner Musik geht es um unvorhersehbare Muster und nicht kalkulierbare Abweichungen.
Sein Ausgangsmaterial findet er überall. Das kann ebenso ein Gedicht von Octavio Paz sein, wie das Surren eines Getränkeautomaten, das seinem 2005 entstandenen Orchesterstück "grain" zugrunde liegt.
Sein Ausgangsmaterial findet er überall. Das kann ebenso ein Gedicht von Octavio Paz sein, wie das Surren eines Getränkeautomaten, das seinem 2005 entstandenen Orchesterstück "grain" zugrunde liegt.
Untypischer Elektroniker
Diese Vorliebe für alles, was sich nicht problemlos bestimmen und berechnen lässt, gilt sowohl für seine Arbeit mit Instrumenten als auch für seine elektronischen Kompositionen. Denn Olbrisch ist kein "Computerkomponist", der mit den Möglichkeiten entsprechender Software Klänge generiert, sondern ein untypischer Elektroniker.
Seine elektronische Musik ist ähnlich gebaut und zielt auf ähnliche Wirkungen wie die instrumentalen Kompositionen: Es geht auch hier um Unwägbarkeiten, um die Mehrdeutigkeit der klanglichen Materialien.
Seine elektronische Musik ist ähnlich gebaut und zielt auf ähnliche Wirkungen wie die instrumentalen Kompositionen: Es geht auch hier um Unwägbarkeiten, um die Mehrdeutigkeit der klanglichen Materialien.
Man versteht nur, weil man nicht durchschauen kann
Franz Martin Olbrisch ist kein Komponist, der auf das hinlänglich Erprobte vertraut. Neugier, Erkenntnisinteresse – ein ästhetisches Urteilsvermögen, das immer neu durchdacht, bewertet und hinterfragt werden will. Das sind die Grundlagen seiner Arbeit. Ein Satz, den Olbrisch gern zitiert, stammt von dem Soziologen Niklas Luhmann: "Man versteht nur, weil man nicht durchschauen kann."