Komponisten verarbeiten Auschwitz-Trauma

Musik als Medium der Erinnerungskultur

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Das Foto zeigt in Frontalansicht den italienischen Komponisten Luigi Nono. Er hält sich ein Stück Notenpapiert vor sein rechtes Auge. Das Foto entstand 1988.
Verarbeitete das Trauma des Holocaust in seinen Kompositionen: Luigi Nono (1924-1988). © imago images / Leemage
Von Elisabeth Hahn |
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Auch in der Musik haben sich Künstler mit dem Holocaust und ganz speziell mit Auschwitz auseinandergesetzt. Zum Beispiel die Komponisten Luigi Nono, Krzyzstof Penderecki oder Roger Moreno-Rathgeb. Inwieweit tragen ihre Werke zur Erinnerungskultur bei?
Das "Requiem für Auschwitz" – seit der Uraufführung 2012 erklingt diese Musik regelmäßig bei Gedenkfeiern. Der Komponist Roger Moreno-Rathgeb stammt aus einer Sinti-Familie. Mit dem "Requiem für Auschwitz" möchte er auch auf die Opfer der Sinti und Roma aufmerksam machen, die in Auschwitz umgekommen sind. Auf dissonante Töne verzichtet Moreno-Rathgeb ganz bewusst.
"Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch." So schreibt es Theodor Adorno 1949. Dieses "Auschwitz-Diktum" hat den ästhetischen Diskurs der Nachkriegszeit erheblich beeinflusst. Wie kann man Musik schreiben nach Auschwitz – und noch schwieriger: Wie klingt eine Musik über Auschwitz?

Luigi Nono: Eindringlich und expressiv

"Ricorda cosi ti hanno fatto in Auschwitz" – zu deutsch: "Erinnere dich, was sie dir in Auschwitz angetan haben." 1966 schreibt Nono dieses Stück für einspuriges Tonband. Er verwendet dabei Material aus seiner vorher entstandenen Bühnenmusik für "Die Ermittlung" von Peter Weiss: Das Theaterstück thematisiert den ersten Auschwitz-Prozess in den 60er-Jahren. Nono möchte mit seiner Auschwitz-Komposition eine eindringliche und expressive Musik schaffen – ohne Text, dafür mit menschlichen Klängen und Lauten.

Das Unsagbare wird deutlich

"Oratorium, um die Erinnerung an die Getöteten im Lager des Verderbens Auschwitz unauslöschlich zu machen" – so lautet der Untertitel dieser Totenmesse für drei Stimmen, Chor und Orchester ohne Klarinetten, Geigen und hohe Streicher. Als Textgrundlage dienen biblische und zeitgenössische Texte und Ausschnitte aus der griechischen Tragödie. Fast alles hat Penderecki ins Lateinische übersetzt, den Text dann wieder dekonstruiert und auf die verschiedenen Stimmen verteilt. Die Sprache wird unverständlich, das Unsagbare umso deutlicher – auch durch die Klangsprache und die musikalische Form an sich, sagt Kerstin Sicking:
"Penderecki selbst bezeichnet sein Werk ja schon als 'Dies Irae' und greift damit auf die traditionelle Form des Requiems zurück. Der Bezug dann auf die Erinnerung an die Getöteten im Lager des Verderbens formuliert er explizit, sodass das Werk an sich schon ein Denkmal, ja ein Mahnmal ist."
Moreno-Rathgeb, Nono und Penderecki reflektieren in ihrer Musik vor allem Gefühle und Atmosphäre in Auschwitz. Wahre Ereignisse und Erfahrungen aus Auschwitz verarbeitet Mieczysław Weinberg in seiner Oper "Die Passagierin" von 1968 nach einer Novelle von Zofia Posmysz.
Musik als Medium der Erinnerung. Die Worte von Luigi Nono aus dem Jahr 1970 beziehen sich zwar auf seine Auschwitz-Komposition, gelten aber auch darüber hinaus und scheinen heute aktueller denn je.
Luigi Nono: "Erinnern bedeutet auch, die Ereignisse einer bestimmten Zeit in ihrer Aktualität wieder zu entdecken und dazu beizutragen, sie unwiederholbar zu machen, indem man ihre Ursachen aus der Welt schafft."
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