Komponistin Chiyoko Szlavnics

Linien im harmonischen Raum

Zarte dynamische Linien innerhalb konkurrierender Raster, in grün, blau, rot und schwarz
Chiyoko Szlavnics: Zarte dynamische Linien innerhalb konkurrierender Raster, in grün, blau, rot und schwarz © Chiyoko Szlavnics
Vorgestellt von Carolin Naujocks |
Ihre experimentellen Arbeiten basieren oft auf den Strukturen von visuellen Darstellungen, denn die in Berlin lebende kanadische Komponistin Chiyoko Szlavnics fühlt sich ebenso in der Musik wie in der Bildenden Kunst zu Hause.
Seit 2003 zeichnet Chiyoko Szlavnics Linienstrukturen als Ausgangsmaterial für ihre Kompositionen und ihre oftmals elektronischen Klanginstallationen. Mittels der Abstraktion von Linien untersucht sie vor allem räumliche Wirkungen und erreicht jene poetische Verdichtung, die sie in mikrotonale Kompositionen zu übersetzen versucht.

Akustische Entsprechungen zum Visuellen

Dass für Chiyoko Szlavnics‘ Komponieren visuelle Vorstellungen wichtig sind, reicht zurück bis in ihre Kindheit. Durch ihre kunstsinnige Mutter kam sie früh mit Musik, Literatur, Tanz und bildende Kunst in Berührung und nahm deren Analogien und Entsprechungen wahr, indem sie sich mit geschlossenen Augen Musik als bewegte Linien und Formen vorstellte. Später fing sie als Komponistin an zu zeichnen, und "Zeichnen", bekennt sie, "war die Befreiung von meiner Tendenz, Musik zu komponieren, die wie Musik klang, die ich bereits kannte".

Elegante musikalische Linien

Am wichtigsten war dabei, dass die Zeichnungen, so Szlavnics, "die Musik erzeugten, die ich am liebsten hörte – Musik mit sich elegant bewegenden Linien, die sich genug Zeit ließ, das Phänomen, das zwischen diesen Linien auftritt, zu empfinden". Doch vielleicht geht es gar nicht so sehr um die eleganten Linien schlechthin, als um die Möglichkeit, sich jenseits einer aus der europäischen harmonisch-syntaktischen Musiktradition stammenden Musikauffassung akustisch-physikalische Bewegungen und Dynamiken zu verfolgen, die sich jedem Punkt zu jedem anderen bewegen können.
Dass damit auch eine andere musikalische Wirkung verbunden ist, macht den Reiz dieser Musik aus, die sich ausdrücklich nicht als Ausdrucksmusik versteht.
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