"Iran ist das Land der Poesie"
Die Komponistin und Sängerin Cymin Samawatie verbindet Lyrik mit zeitgenössischer Musik. In der Sendung "Im Gespräch" erzählt sie von ihrer Liebe zu persischen Gedichten und warum ihre Konzerte in Iran immer wieder verboten werden.
Cymin Samawatie, in Berlin lebende Sängerin und Komponistin, wuchs in zwei Kulturen auf. Sie sei 100-prozentig Iranierin und 100-prozentig in Deutschland sozialisiert, sagt die Musikerin. Bis sie 17 Jahre alt war, verbrachte sie mit ihrer Familie jeden Sommer im Iran:
"Als Teenager hatte ich sehr stark das Empfinden, dass ich in Deutschland nicht als Deutsche wahrgenommen werde, weil ich nicht so aussehe, und im Iran nicht als Iranerin angenommen werde, weil ich nicht perfektes Persisch spreche und natürlich auch sehr deutsch sozialisiert bin. Ich habe mich weder hier noch dort zu Hause gefühlt. Und mittlerweile bin ich dankbar, dass ich mir aus dieser ganzen Kultur etwas Neues erschaffen und mir das Schönste heraussuchen kann. Jetzt ist es für mich ein Reichtum, was damals für mich eher ein Leid war."
Iranische Poesie - Ein unheimlich reicher Schatz
Als Studentin entdeckte sie die Lyrik der persischen Dichter Hafis, Rumi oder Omar Chajjam und vertonte sie. Im Westen sind deren Gedichte kaum bekannt. Ganz anders im Iran.
"Iran ist das Land der Poesie, und Poesie hat einen ganz anderen Stellenwert in allen anderen Ländern auf der ganzen Welt. Chajjam zum Beispiel war ein Mathematiker, der in vier Zeilen so viel hineinbringt, wie andere Leute in ein ganzes Buch. Hafis ist natürlich durch Goethes 'West-östlichen Divan' sehr bekannt geworden. In den Gedichten steckt so viel Interpretationsspielraum und Tiefe, was ich faszinierend finde! Dieses Fass hat überhaupt keinen Boden. Es ist ein unheimlich reicher Schatz, den man da erforschen und entdecken kann."
Persische Lyrik mit zeitgenössischer Musik verbunden
In ihren Projekten wie "Divan der Kontinente", "Female voices of Iran" oder in ihrem 2002 gegründeten Quartett "Cyminology" verbindet sie immer wieder die persische Lyrik mit zeitgenössischer Musik. Auch vertonte Gedichte der Lyrikerin und Regisseurin Forugh Farochzād, die 1967 starb, finden sich auf Cymin Samawaties letzter CD "Phoenix":
"Sie ist die bekannteste Dichterin der modernen persischen Lyrik, und eine ganze besondere Persönlichkeit, ein Vorbild für sehr viele iranische Frauen. Sie ging ihren eigenen Weg, der nicht immer einfach war. Sie schrieb Gedichte, drehte Filme, war Mutter und eine unheimliche kreative, leidenschaftliche Frau. In ihren Gedichten hat sie gesagt, was sie dachte, mit einer ganz großen Offenheit, die im Iran heute nicht denkbar ist. Sie ist leider viel zu früh gestorben, mit 32 schon."
Warum sie nicht mehr nach Iran reisen darf, weshalb Konzerte dort immer wieder verboten werden und wie die Komponistin Kammermusik, Jazz und Weltmusik miteinander verknüpft – darüber unterhält sich Ulrike Timm mit Cymin Samawatie in der Sendung "Im Gespräch".