Wie wir lernen, mit der Zukunft umzugehen
Fliegende Autos, ewiges Leben, Bildung für alle: Auf der Berliner Konferenz "Singularity University Summit" brainstormen Bürger mit Start-up-Gründern und Politikern über unsere Welt von morgen mit all ihren technischen Möglichkeiten. Der Tenor: Wir sollten lernen damit umzugehen.
"Change is in the air" - mit diesem Song hat die Berliner Band Tanga Elektra den ersten Singularity University Summit Germany eröffnet und damit auch die Richtung vorgegeben. Die Welt wird sich radikal verändern. Ob wir wollen oder nicht.
Templeton: " If you are not a software company you will not be able to keep up with the fast pace of the change in the world."
Wer keine Softwarefirma ist, wird schon bald überhaupt keine Firma mehr sein – so die Botschaft von Brad Templeton, der 1989 das erste Internetunternehmen ClariNet gegründet hat. Eine Botschaft, bei der sich die Miene von einigen der 600 Konferenzteilnehmer verfinstert – zum Beispiel von denen, auf deren Namensschilder RWE oder auch Volkswagen steht. Templeton glaubt, dass nur Softwarefirmen mit der Geschwindigkeit der Veränderungen mithalten können, die es aktuell auf der Welt gibt.
"The answer is: to be flexible, be based on software!"
So sei man auf all die Veränderungen in der Welt vorbereitet, die bald durch exponentielle Technologien stattfinden würden. Exponentiell – ein Wort, das auf dieser Konferenz oft benutzt wird. Damit ist die Geschwindigkeit gemeint, mit der Forscher in Feldern wie Robotik, künstliche Intelligenz, Nanowissenschaften, Biologie oder Medizin in den kommenden Jahren Fortschritt erzielen werden, erklärt Singularity University-Mitgründer Rob Nail.
Fortschritt wird sich jährlich verdoppeln
"With exponential technologies we see the pace of robotics and AI and nanotechnology and medicine and biology progessing exponentially - to the point where if you continue to double the pace of these technologies there is so much change that we are going to see, that the world is going to be a fundamentally different place."
Dieser Fortschritt wird nicht linear vorangehen, ist sich Nail sicher, er wird sich jährlich verdoppeln. Wieder und wieder und wieder, so rasant, dass niemand sagen kann, wie unsere Welt in ein paar Jahren aussehen wird. Es wird aber eine Welt sein, in der dank dieser neuen Technologien alles möglich sein wird, das ist Botschaft der Singularity University.
Reichtum, ewiges Leben – alles ist möglich
Fliegende Autos, ewiges Leben, Bildung für alle, Reichtum für alle. Die Singularity University will die Teilnehmer in Berlin mit der Lust auf diese neue Welt anstecken. Die gut 600 Berliner Konferenzteilnehmer lassen sich dieses Utopien-Seminar einiges kosten. Ein paar Gäste wurden eingeladen, der Rest bezahlt für die zwei Tage Summit gut 1.200 Euro.
Aber die lohnen sich, glaubt Nail. Die Teilnehmer würden mit einem anderen Blick aus der Konferenz kommen und sich hier auch hoffentlich vernetzen, so der Plan. Wie es gehen kann, zeigt er am Beispiel Buenos Aires. Vor ein paar Jahren hätten sich auf einem Summit dort StartUps und Minister vernetzt, und auch der Bürgermeister von Buenos Aires sei damals dort gewesen – heute argentinischer Präsident.
Vom Bürgermeister zum Präsidenten
"Last fall the mayor of Buenos Aires won the election and is now the president of Argentina. So we got a note from him sayin: Hey remember the thing we did in Buenos Aires? Let's talk about what we could do on a national scale."
Ob die Berliner Konferenz für Deutschland eine ähnliche Auswirkung haben wird, wird sich zeigen. Potentielle Kanzlerkandidaten gab es im Publikum eher weniger. Und die Meinungen über die Veranstaltung sind geteilt.
"Also ich bin mit einer ganz offenen Einstellung hier hingekommen um zu gucken, was es für Ansätze gibt und worüber man nachdenken kann, und die ist sogar übertroffen worden - wenn das denn geht."
"I think it's a lot of presenting of what we have and less of how we use our technology to solve problems."
"Die Inhalte sind gut, wenn auch ein bisschen oberflächlich. Ansonsten drum herum ist es wie eine amerikanischen Show, sag ich mal. Macht Spaß zuzuhören, auch wenn es ein bisschen interaktiver sein könnte."
Von Euphorie bis Skepsis
Nach einem Tag Talks, Innovationen und Möglichkeiten ist man etwas überwältigt. Manche sind ganz euphorisiert, manche skeptisch ob all dieser fundamentalen Veränderungen, die auf uns zukommen. Aber das wird sich legen, sagt Nail.
"We're afraid of change. Once we realize how great it's going to be, then we jump on it!"
Bis dahin arbeitet er daran, noch mehr Menschen für die Arbeit an einer Welt voller Glückseligkeit für alle zu begeistern. Und wen diese rosige Zukunft nicht überzeugt hat, für den schwang an diesem Tag auch immer die Botschaft mit: Mit diesem Streben nach globalem Glück lässt sich auch Geld verdienen. In Berlin sind sicher ein paar neue Singularity-University-Jünger dazugekommen.