Militärische Einsätze und Diplomatie müssen keine Gegensätze sein
Der Kampf gegen den IS lasse sich zwar nicht allein militärisch gewinnen, ist Rolf Clement überzeugt. Dennoch hält es für bedauerlich, dass wir Deutschen "unseren Verbündeten" – etwa den kurdischen Peschmerga – weitere militärische Unterstützung so lange versagt haben.
Wenn der Bundestag über einen Kriegseinsatz der Bundeswehr entscheiden soll, ist eine gründliche Diskussion dringend geboten. Die politische Auseinandersetzung in diesen Tagen erfüllt diese Voraussetzung formal, inhaltlich wäre zu wünschen, dass diese Diskussion weniger schlagwortartig und oberflächlich geführt wird.
Da gilt zunächst: Militärische Einsätze und Diplomatie müssen keine Gegensätze sein. Das Militär ist wie die Diplomatie ein Mittel der Außen- und Sicherheitspolitik. Es gab in den letzten Jahren viele Bemühungen, den Syrien-Konflikt weitgehend unmilitärisch zu lösen. Vor den Vereinten Nationen wurden Debatten darüber geführt, in unzählbaren bilateralen Gesprächen ebenso. Es wurde so lange geredet, dass die Lage im Land sich dramatisch verändert und Organisationen wie der IS stark werden konnten.
Die Debatte um militärisches Eingreifen kommt spät
Was wäre passiert, wenn die heutige Diskussion in Deutschland vor drei Jahren geführt worden wäre? Keiner kann diese Frage beantworten. Es spricht aber einiges dafür, dass die Lage heute eine andere wäre. Vor einem Jahr hat Deutschland mit Waffenlieferungen und Ausbildereinsätzen in diesen Krieg eingegriffen – damals wurde nicht so heftig diskutiert wie heute. Die Debatte jetzt kommt also spät.
Die Ausrüstung und Ausbildung der Perschmergas war wirksam. Sie gelten heute als die militärisch erfolgreichsten Widersacher des IS. Aber deren Erfolge müssen jetzt stabilisiert werden. Dafür bedarf es weiterer, nicht militärischer Unterstützung. Die zurückeroberte Region Sindschar muss gehalten werden – nicht nur mit Truppen, auch in den Köpfen der Menschen dort. Ist diese Region ausreichend versorgt? Versorgungsgüter können eine Lebensversicherung sein für den, der in der Region gerade die Oberhand hat. Darauf zu achten, ist das, was man vernetzte Sicherheit nennt.
Ziel des Einsatzes: die Schaltzentrale des IS ausschalten
Die jetzt beschlossenen Schritte helfen bei der Auswahl der Ziele. Damit werden tatsächlich und möglichst nur die getroffen, die man bekämpfen will. Wenn schon gekämpft werden muss, dann ist dieser Schritt sinnvoll. Man muss sich aber auch hier fragen: Warum haben wir unseren Verbündeten diese Unterstützung bisher versagt? Bedurfte es 130 Toter in Paris, dass wir diese Aufklärung leisten wollten?
Es ist wohlfeil, jetzt eine Strategie zu fordern, die ein Ziel dieser Operationen beschreiben. Das ist eine typisch deutsche Diskussion. Ziel ist es, dem IS die Fähigkeit zu nehmen, sein Terrorregime in die Welt zu tragen. Die Schaltzentrale soll ausgeschaltet werden. Mehr als das ist jetzt nicht abzusehen. Das wird auch davon abhängig sein, was auf der diplomatischen Ebene parallel dazu erreicht wird.
Es ist eine traurige Nachricht: Dieser Konflikt ist zwar keineswegs militärisch zu lösen, aber auch nicht ohne Militär. Wenn das die Erkenntnis ist, sind die Entscheidungen der Bundesregierung richtige Elemente bei dem Versuch, den Konflikt zu lösen.