Konflikt mit Russland

Hausbesetzung und Handgemenge

Von Sabine Adler |
Während pro-russische Aktivisten im Osten der Ukraine Verwaltungsgebäude besetzt haben, herrscht auch im Parlament in Kiew Ausnahmezustand: Einem Redner wurde das Mikrofon ausgestellt, zwei Abgeordnete stürzten sich auf ihn.
In der Werchowna Rada kochten die Emotionen hoch, dem Vertreter von der Kommunistischen Partei wurde das Mikrofon ausgestellt, er wurde vom Rednerpult gezerrt, als er die Übergangsregierung für die Unruhe im Osten des Landes verantwortlich machte. Petro Simonenko:
"Was hat die Regierung getan? Sie hat nicht gehört, was diese Region schon kurz nach der Unabhängigkeit gefordert hat: Russisch als Amtssprache, ein Referendum für mehr Eigenständigkeit. Stattdessen werden die Menschen als Kriminelle und Separatisten bezeichnet. Aber wer hat bei uns denn mit der Besetzung von Gebäuden und Verwaltungen begonnen, haben Sie das vergessen, sehr verehrte Nationalisten?"
Zwei Abgeordnete der Swoboda-Partei stürzten sich auf den Redner am Pult. "Stopp, geh weg!", riefen sie, ein Handgemenge folgte, der Parlamentspräsident rief zur Ordnung. Die Werchowna Rada diskutiert härtere Strafen für Separatisten und das Verbot anti-ukrainischer Parteien und Organisationen.
Schwere Verletzungen in Charkiw
Übergangspräsident Turtschinow korrigierte zu Beginn der Parlamentsdebatte eine Meldung vom Morgen, nach der es bei der Erstürmung des besetzten Gouverneursgebäudes in Charkiw keine Verletzten gegeben habe.
"Während der Räumung wurden gegen die Polizisten Waffen und Handgranaten eingesetzt, einige Sicherheitskräfte erlitten schwere Verletzungen. Es wurden 70 Verbrecher festgenommen."
In Donezk haben die sogenannten patriotischen Kräfte erklärt, nicht an einer souveränen Republik Donezk festhalten zu wollen. Es hätten sich viele Bürger an sie gewendet, die dagegen seien. Sie würden auch kein Referendum mehr abhalten wollen. In Charkiw wurde gestern ebenfalls eine sogenannte souveräne Volksrepublik ausgerufen. Auch dort wurde um den Anschluss an die Russische Föderation sowie den Einmarsch russischer Truppen gebeten. Von dort ist ein Umdenken bisher nicht gemeldet worden.
Besetzer hatten Feuer gelegt
In dem inzwischen geräumten Gebäude der Charkiwer Gebietsverwaltung hatten die Besetzer Feuer gelegt. Der von ihnen eingenommene Fernsehturm von Charkiw wurde in der Nacht geräumt, pro-russische Aktivisten wollten die Ausstrahlung russischer Fernsehprogramme erzwingen.
In Donezk beteiligte sich der reichste Mann der Ukraine, Rinat Achmetow an den Verhandlungen zwischen den Besetzern des Gouverneurssitzes und Vize-Premier Jarema. Achmetow stammt aus Donezk, seine Vermittlerrolle wird kritisch gesehen. UDAR-Chef Vitali Klitschko forderte den Multimilliardär auf zu sagen, auf wessen Seite er stehe. Achmetow wird verdächtigt, einen Erfolg der Übergangsregierung verhindern zu wollen, um den pro-russischen Kräften zum Sieg zu verhelfen und ihnen später seine Bedingungen zu diktieren. Ob er an der Aufgabe der Separatisten beitragen hat, ist bislang unklar.

Programmtipp: Auch in der "Ortszeit" ab 17:07 Uhr geht es um die Krise in der Ukraine.

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