Konfliktpsychologie

Fünf Tipps, um sich besser zu streiten

Zwei Menschen, die sich gegenüber stehen, sind aus der Froschperspektive aufgenommen, sie scheinen sich über etwas zu streiten.
Konstruktiv streiten kann Konflikte lösen © imago images / Shotshop
Gottverdammt, geht mir das auf die Nerven! Ob Alltagsclinch in der Wohngemeinschaft oder Polit-Debatten um Gendersternchen und Verbrenner-Aus, kein Tag vergeht ohne Streit. Wie können wir darin besser werden?
„Nie räumst du dein Auto auf!“, ätzt die Partnerin. „Na dann nehm‘ halt den Bus“, lautet die spitze Replik. Szenen einer Ehe, deren Streitmuster sich aufs ganze Leben übertragen lassen. Ähnlich unqualifiziert beharken sich Robert Habeck und Christian Lindner in der Bundesregierung. Und der Superindustrielle Elon Musk streitet sowieso mit jedem, der ihm in die Quere kommt.
Bitte nicht falsch verstehen: Jedem Streit aus dem Weg zu gehen, ist definitiv keine Lösung, sich wütend anzuschreien, aber auch nicht. Wer gut streitet, kann Lösungen finden - für die kleinen Probleme des Alltags, aber letztendlich auch für Konflikte, die solchen Kleinigkeiten zugrunde liegen. Die Wissenschaft gibt Tipps.

Hör zu!

„Ich bin gerne der Einzige, der redet - das erspart Zeit und verhindert Streitereien“, schrieb Oscar Wilde in einem seiner Bücher. Wer so verfährt, der macht im Umgang mit anderen schon einen grundlegenden Fehler. Sozialpsychologen haben herausgefunden, dass schon im Zuhören der Schlüssel für die Lösung eines Streits liegen kann. Wird einem Streitpartner sehr aufmerksam zugehört, zieht er sich nicht so sehr auf seine Vorurteile und Positionen zurück. Die Fronten sind weniger verhärtet.

Frag nach!

Wer gut zuhören will, der muss auch nachfragen, um möglichst viel zu verstehen. Klingt logisch, hat aber auch noch einen anderen Effekt: „Ich hatte zeitweise das Gefühl, mit mir selbst zu diskutieren“, bemerkte eine Frau, die beim Projekt „Streitkultour“ mitgemacht hat. Konfliktpsychologen von der Hochschule der Bundeswehr sprechen mit Passanten überall in Deutschland darüber, wie sie mit Streitigkeiten umgehen. Es geht um Privates wie um Reizthemen, etwa das Gendern oder E-Mobilität.
Die Forschenden geben in diesen Gesprächen aber kein Contra, sondern fragen, wie die jeweilige Person zu ihrer Haltung gekommen ist. Das führt dazu, dass sich das Gegenüber noch einmal selbst mit den Gründen und Motiven auseinandersetzen muss, die zu dem Standpunkt geführt haben. Die Welt aus den Augen des anderen zu sehen, fällt damit leichter, manchmal werden dabei auch Missverständnisse entdeckt, die schnell ausgeräumt sind.

Erkenne Triggerpunkte!

Maskenpflicht oder Tempolimit - es gibt explosive Themen, bei denen besonders emotional diskutiert wird. Warum? Sie bedienen einen oder gleich mehrere Triggerpunkte. Das sind vier typische Muster, die Forschende herausgefiltert haben.
Ungerechtigkeitsempfinden: Die meisten Menschen werden fuchsig, wenn es aus ihrer Sicht ungerecht zugeht. Wenn zum Beispiel bei gleicher Leistung immer die Kollegin befördert wird oder das andere Pärchen das schickere Hotelzimmer abstaubt. Dann liegt Streit in der Luft.
Gleiches gilt für Normalitätsverstöße: In einem Miteinander gibt es offizielle und nicht-offizielle Regeln, was im Umgang als angemessen und tolerabel gilt. Feiert der Nachbar schon die dritte lautstarke Grillparty innerhalb eines Monats, droht Ärger.
Was, wenn auf einmal alle draußen feiern und man wochenends gar nicht mehr schlafen kann? Solche Sorgen und Ängste stehen bei Entgrenzungsbefürchtungen im Mittelpunkt. Wer glaubt, die Kontrolle zu verlieren, reagiert oft emotional. 
Das gilt auch dann, wenn wir zu etwas genötigt werden, was eigentlich nicht unserem normalen Verhalten entspricht. Bestes Beispiel war die Debatte um die Maskenpflicht während der Coronapandemie. Solche Verhaltenszumutungen provozieren heftige Reaktionen. 

Ergründe die Wut!

Die Spülmaschine ist eingeräumt. „Ja, aber nicht richtig!“, heißt es dann vorwurfsvoll. Es überrascht, wie sehr man sich anhand solcher Nichtigkeiten an die Gurgel gehen kann. Weniger überraschend ist, dass es aus Sicht von Psychologen höchst selten um die Ordnung in der Spülmaschine oder Ähnliches dreht.
Wie bei einem Eisberg liegen solchen oberflächlichen Streitigkeiten meistens größere, tief liegende Konflikte zugrunde. Die in der Hitze des Gefechts zu ergründen, ist sicher zu viel verlangt. Mit etwas Abstand aber kann es gelingen.

Interpretiere wohlwollend!

Da trennen sich nun die Wege der Streitkultur. In der Politik geht es meist darum, die Position des anderen zu schwächen und aus einem Streit politisches Kapital zu schlagen. Bewusst Missverstandenes ist Alltag. Politikerinnen und Politiker brauchen ein dickes Fell.
Im Rest der Gesellschaft und vor allem im Privaten sollte uns am Gegenüber mehr gelegen sein. Wir brauchen einander schließlich. Deshalb gilt: In einem Streit sollten wir nicht jedes Wort krummnehmen.

jk, kk

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