Konkrete Phantasie des Realen
Pünktlich zu Goethes Geburtstag am 28. August wird in Weimar nach einem langen Umbau das Nationalmuseum wiedereröffnet. Und wie immer ist der Geburtstag des Dichterfürsten auch in diesem Jahr Anlass für die Lesung eines renommierten Autors, in diesem Jahr war es Volker Braun.
"Heute ist Volker Braun zu uns gekommen und ich bitte Sie, unseren Gast willkommen zu heißen."
Volker Braun, 73 Jahre alt, geboren in Dresden, einer der kritischen Schriftsteller in der DDR – und einer, der auch heute über "Verwerfungen der Gesellschaft" reden möchte.
"Es ist sehr angenehm mit so feinen und richtigen Worten begrüßt zu werden hier in diesem Schießhaus. Das ist natürlich für das, was wir vorhaben, ein geeigneter Ort. Ich weiß nicht, ob Sie Ihre Munition bekommen haben, die Presse hat sie vielleicht schon verschossen."
Er blickt in die Reihen seiner Zuhörer, junge und ältere Damen und Herren sitzen im alten Schießhaus – einem Gebäude der Goethezeit, das etwas außerhalb der Altstadt gelegen – eine wieder entdeckte Immobilie, die mit dem Charme des Verfalls und etwas zu grellem grünen Licht von außen glänzt. Volker Braun greift zum Manuskript und liest aus seinem Werk "Die hellen Haufen":
"Der Aufstand, von dem berichtet wird, hat nicht stattgefunden […] Man glaubt die Geschichte zu kennen. Aber sie hat mehr in sich, als sich ereignet. Auch das nicht Geschehene, Unterbliebene, Verlorene liegt in dem schwarzen Berg."
Es geht um die Zeit nach der DDR – das Volkseigentum zerbröselt, wird entwertet und damit auch das Volk? Wo war Gerechtigkeit und eine treue Hand – wo es doch die Treuhand gab? Fragt Volker Braun. Er redet von hellen Haufen, jenen Bergen, die Bergarbeiter hinterlassen- und immer sind es Berge der Geschichte für ihn. Es handele sich um einen Gang in die Landschaft, sagt Volker Braun – in die Thüringer und Sachsen-Anhaltiner Landschaft, die eine gebaute Landschaft sei aus Arbeit und Geschichte:
"Und aus dieser alten Erfahrung in der Landschaft baut sich sozusagen eine neue Handlung, die in gewisser Weise aus den neuen Widersprüchen produziert ist, aber Wege geht, die die wirkliche Geschichte nicht ging. Ich treibe da etwas heraus als geschichtliche Möglichkeit in der Zeit einer so großen Verwerfung in der Landschaft, also politische rund sozialer Art."
Dabei möchte er nicht politisch sein, betont er, möchte sich nicht einordnen lassen – ein Schriftsteller dürfe das nicht, nur für eine Partei das Wort ergreifen. Wenngleich sich seine Themen: die Kritik an sozialer Ungerechtigkeit, an Verteilung, an Schieflage von Arm und Reich – politisch zuordnen lassen. Er möchte hinterfragen, ob heute wirklich alles besser ist als damals. Ob es den Theatern heute besser geht, die damals doch als Kulturgut finanziert worden sind?
"Es waren ja nicht Verhältnisse des materiellen Hungers oder der reinen sozialen Not, die diesen Umbruch im Osten erzeugt haben, sondern das waren die Ansprüche an eine Gesellschaft, die mit Bewusstsein in einer Gemeinschaft von Leuten gestaltet ist."
Sein Tag heute in Weimar war auch ein Rückblick für ihn – auf Theaterschaffen, Aufführungen und politische Ereignisse, die ihn prägten – aber auch ein Goethegeburtstag von damals, eine große Feier, die er in Erinnerung hat. Goethe ist Kulturgut, daran hat sich bis heute nichts geändert:
""Das ist natürlich bei ihm diese sinnlich konkrete Phantasie des Realen. Das ist ein Mann, der die Naturwahrheit in den Dingen erkundet durch seine literarischen Verfahren. Das ist ein anregendes Potenzial von Haltungen zur Wirklichkeit und zur Sprache","
sagt Volker Braun, der derzeit an Gedichten arbeitet und nebenbei bemerkt, dass er mit Schiller groß geworden sei.
Volker Braun, 73 Jahre alt, geboren in Dresden, einer der kritischen Schriftsteller in der DDR – und einer, der auch heute über "Verwerfungen der Gesellschaft" reden möchte.
"Es ist sehr angenehm mit so feinen und richtigen Worten begrüßt zu werden hier in diesem Schießhaus. Das ist natürlich für das, was wir vorhaben, ein geeigneter Ort. Ich weiß nicht, ob Sie Ihre Munition bekommen haben, die Presse hat sie vielleicht schon verschossen."
Er blickt in die Reihen seiner Zuhörer, junge und ältere Damen und Herren sitzen im alten Schießhaus – einem Gebäude der Goethezeit, das etwas außerhalb der Altstadt gelegen – eine wieder entdeckte Immobilie, die mit dem Charme des Verfalls und etwas zu grellem grünen Licht von außen glänzt. Volker Braun greift zum Manuskript und liest aus seinem Werk "Die hellen Haufen":
"Der Aufstand, von dem berichtet wird, hat nicht stattgefunden […] Man glaubt die Geschichte zu kennen. Aber sie hat mehr in sich, als sich ereignet. Auch das nicht Geschehene, Unterbliebene, Verlorene liegt in dem schwarzen Berg."
Es geht um die Zeit nach der DDR – das Volkseigentum zerbröselt, wird entwertet und damit auch das Volk? Wo war Gerechtigkeit und eine treue Hand – wo es doch die Treuhand gab? Fragt Volker Braun. Er redet von hellen Haufen, jenen Bergen, die Bergarbeiter hinterlassen- und immer sind es Berge der Geschichte für ihn. Es handele sich um einen Gang in die Landschaft, sagt Volker Braun – in die Thüringer und Sachsen-Anhaltiner Landschaft, die eine gebaute Landschaft sei aus Arbeit und Geschichte:
"Und aus dieser alten Erfahrung in der Landschaft baut sich sozusagen eine neue Handlung, die in gewisser Weise aus den neuen Widersprüchen produziert ist, aber Wege geht, die die wirkliche Geschichte nicht ging. Ich treibe da etwas heraus als geschichtliche Möglichkeit in der Zeit einer so großen Verwerfung in der Landschaft, also politische rund sozialer Art."
Dabei möchte er nicht politisch sein, betont er, möchte sich nicht einordnen lassen – ein Schriftsteller dürfe das nicht, nur für eine Partei das Wort ergreifen. Wenngleich sich seine Themen: die Kritik an sozialer Ungerechtigkeit, an Verteilung, an Schieflage von Arm und Reich – politisch zuordnen lassen. Er möchte hinterfragen, ob heute wirklich alles besser ist als damals. Ob es den Theatern heute besser geht, die damals doch als Kulturgut finanziert worden sind?
"Es waren ja nicht Verhältnisse des materiellen Hungers oder der reinen sozialen Not, die diesen Umbruch im Osten erzeugt haben, sondern das waren die Ansprüche an eine Gesellschaft, die mit Bewusstsein in einer Gemeinschaft von Leuten gestaltet ist."
Sein Tag heute in Weimar war auch ein Rückblick für ihn – auf Theaterschaffen, Aufführungen und politische Ereignisse, die ihn prägten – aber auch ein Goethegeburtstag von damals, eine große Feier, die er in Erinnerung hat. Goethe ist Kulturgut, daran hat sich bis heute nichts geändert:
""Das ist natürlich bei ihm diese sinnlich konkrete Phantasie des Realen. Das ist ein Mann, der die Naturwahrheit in den Dingen erkundet durch seine literarischen Verfahren. Das ist ein anregendes Potenzial von Haltungen zur Wirklichkeit und zur Sprache","
sagt Volker Braun, der derzeit an Gedichten arbeitet und nebenbei bemerkt, dass er mit Schiller groß geworden sei.