Konsumtempel
Nach dem Willen des Investors Benetton soll der Architekt Rem Koolhaas aus der ehemaligen deutschen Kaufmannsniederlassung in Venedig, dem Fondaco dei Tedeschi, ein Kaufhaus machen. Doch Bürger und Denkmalschützer wehren sich gegen das umstrittene Umbauprojekt.
Venedig ist eine Wasserstadt. Wer sich dem Fondaco dei Tedeschi angemessen nähern will, muss vom Wasser aus kommen. Marco Zordan empfiehlt den Vaporetto, den Wasserbus Linie 1 durch den Canal Grande zur Rialtobrücke.
"Bevor der Kanal eine Kurve macht, kurz vor der Rialtobrücke – dieses gelbe Gebäude da drüben – das ist der Fondaco dei Tedeschi – der zu seiner Zeit komplett mit Fresken bemalt war."
Die Fresken an der Fassade fielen der Feuchtigkeit zum Opfer.
Doch noch immer ist der Eindruck, den das Gebäude macht, gewaltig. Allein die Größe: 10.000 Quadratmeter Fläche hat der Bau. Das Dachgeschoss wird noch von prächtigen Zinnen bekränzt. Doch der Architekt Rem Koolhaas will aufstocken. Eine Panoramaterrasse soll auf das Dach, die Krönung eines Konsumtempels. Für den Architekten Marco Zordan ist das die "Anarchie des Kommerz":
"Wir schneiden also eine Schicht ab, um diese große Terrasse auf den Canal Grande zu errichten. Für ein Einkaufszentrum ist es nämlich wichtig etwas zu haben, was die Menschen bis zum letzten Stock hochlockt. Als Magnet. Wenn da oben eine große Terrasse ist, kommen alle nach oben und durchqueren so alle Stockwerke."
Vor vier Jahren hat sich die Stadt Venedig vom Fondaco dei Tedeschi getrennt. Und der Käufer versteht etwas vom Verkaufen. Der Benetton Konzern will aus dem historischen Bau ein großes Kaufhaus der Marke "Rinascente" machen und hat den niederländischen Stararchitekten Rem Koolhaas mit der Umsetzung dieses Plans beauftragt:
"Ein interessantes Gebäude. Das war kein Palazzo sondern es war ein deutsches Kaufmannshaus und wurde als Lager und Handelsplatz genutzt."
Was Koolhaas damit sagen will: Wir machen aus dem Fondaco dei Tedeschi wieder das, was es einmal war: ein Haus des Handels. Fondaco kommt aus dem Arabischen "Funduk": Warenbörse. Und Tedeschi, das sind die Deutschen.
"Der Begriff der Deutschen war ein sehr weiter im Mittelalter. Alle, die von nördlich der Alpen kamen, waren Tedeschi. Die wurden dort untergebracht, mussten sich dort melden, da war aus der Zoll und dort durften sie Handel treiben."
Sabine Meine, die Leiterin des deutschen Studienzentrums in Venedig, kann viel über die Geschichte dieses Gebäudes im 16. und 17. Jahrhundert erzählen. Über die Import-Export-Geschäfte der deutschen Kaufleute.
"Dort hatten die Kaufleute namentlich aus Nürnberg, Ulm oder Frankfurt ihre großen Suiten und haben dorthin auch eingeladen. Die waren ganz prächtig ausgestattet. Und es gibt eben sehr viele Stockwerke. Und man kann sich gar nicht vorstellen, dass man das alles mit einem Kaufhaus füllen kann und dass auch das funktioniert. Auf jeden Fall ist es nichts, was die Venezianer brauchen."
Man hört es: Die Deutschen in Venedig, auch die Österreicher und Schweizer stehen dem Umbauprojekt skeptisch gegenüber. Sie haben einen Brief an die Stadt geschrieben und an den Denkmalschutz erinnert. Da gibt es zum Beispiel noch die Plaketten der Kaufleute an den Innenwänden. Was geschieht mit denen? Koolhaas will das Gebäude entkernen. Rolltreppen sollen die Stockwerke miteinander verbinden.
"Das ist ein altes Gebäude, aber es wurde vor allem in den 30er-Jahren massiv verändert. Deshalb sprechen wir hier über ein Bauwerk aus dem Jahr 1500 und aus dem Jahr 1930. Und das ist doch in diesem Zusammenhang interessant."
Bis vor wenigen Jahren noch wurde der Fondaco als Hauptpostamt genutzt. Die dafür notwendigen Umbauten hat man oft in Beton ausgeführt. Gilt für den auch der Denkmalschutz? Rem Koolhaas wirft den Umbaugegnern Dogmatismus vor und hält sich und seinen Auftraggebern zu Gute, dass sie wieder Leben in eine Stadt bringen, die zum Museum zu werden droht.
"Niemand von uns will doch ein Museum, das viel Geld kostet und sich zu all den anderen Museen gesellt. Es war früher ein Handelshaus und muss wieder ein Handelshaus werden. Aber wir sprechen hier von einem Baudenkmal. Entweder man erkennt das an oder man macht daraus ein Spekulationsobjekt."
Der Widerstand von Marco Zordan und vielen anderen Venezianern hat das Bauprojekt erst einmal massiv gebremst. Das Denkmalkomitee im italienischen Kulturministerium hat Widerspruch gegen die Koolhaas Pläne eingelegt. Vor allem die Rolltreppe und die Dachterrasse seien ein zu starker Eingriff in historische Strukturen. Wie definitiv dieser Bescheid ist, darüber wird noch gestritten. Doch Rem Koolhaas wird kaum klein beigeben. Vergangene Woche, bei einer Diskussionsveranstaltung in Venedig hat er angekündigt, weiter für eine mutige Architektur zu kämpfen, "ohne Angst vor historischen Gebäuden".
"Bevor der Kanal eine Kurve macht, kurz vor der Rialtobrücke – dieses gelbe Gebäude da drüben – das ist der Fondaco dei Tedeschi – der zu seiner Zeit komplett mit Fresken bemalt war."
Die Fresken an der Fassade fielen der Feuchtigkeit zum Opfer.
Doch noch immer ist der Eindruck, den das Gebäude macht, gewaltig. Allein die Größe: 10.000 Quadratmeter Fläche hat der Bau. Das Dachgeschoss wird noch von prächtigen Zinnen bekränzt. Doch der Architekt Rem Koolhaas will aufstocken. Eine Panoramaterrasse soll auf das Dach, die Krönung eines Konsumtempels. Für den Architekten Marco Zordan ist das die "Anarchie des Kommerz":
"Wir schneiden also eine Schicht ab, um diese große Terrasse auf den Canal Grande zu errichten. Für ein Einkaufszentrum ist es nämlich wichtig etwas zu haben, was die Menschen bis zum letzten Stock hochlockt. Als Magnet. Wenn da oben eine große Terrasse ist, kommen alle nach oben und durchqueren so alle Stockwerke."
Vor vier Jahren hat sich die Stadt Venedig vom Fondaco dei Tedeschi getrennt. Und der Käufer versteht etwas vom Verkaufen. Der Benetton Konzern will aus dem historischen Bau ein großes Kaufhaus der Marke "Rinascente" machen und hat den niederländischen Stararchitekten Rem Koolhaas mit der Umsetzung dieses Plans beauftragt:
"Ein interessantes Gebäude. Das war kein Palazzo sondern es war ein deutsches Kaufmannshaus und wurde als Lager und Handelsplatz genutzt."
Was Koolhaas damit sagen will: Wir machen aus dem Fondaco dei Tedeschi wieder das, was es einmal war: ein Haus des Handels. Fondaco kommt aus dem Arabischen "Funduk": Warenbörse. Und Tedeschi, das sind die Deutschen.
"Der Begriff der Deutschen war ein sehr weiter im Mittelalter. Alle, die von nördlich der Alpen kamen, waren Tedeschi. Die wurden dort untergebracht, mussten sich dort melden, da war aus der Zoll und dort durften sie Handel treiben."
Sabine Meine, die Leiterin des deutschen Studienzentrums in Venedig, kann viel über die Geschichte dieses Gebäudes im 16. und 17. Jahrhundert erzählen. Über die Import-Export-Geschäfte der deutschen Kaufleute.
"Dort hatten die Kaufleute namentlich aus Nürnberg, Ulm oder Frankfurt ihre großen Suiten und haben dorthin auch eingeladen. Die waren ganz prächtig ausgestattet. Und es gibt eben sehr viele Stockwerke. Und man kann sich gar nicht vorstellen, dass man das alles mit einem Kaufhaus füllen kann und dass auch das funktioniert. Auf jeden Fall ist es nichts, was die Venezianer brauchen."
Man hört es: Die Deutschen in Venedig, auch die Österreicher und Schweizer stehen dem Umbauprojekt skeptisch gegenüber. Sie haben einen Brief an die Stadt geschrieben und an den Denkmalschutz erinnert. Da gibt es zum Beispiel noch die Plaketten der Kaufleute an den Innenwänden. Was geschieht mit denen? Koolhaas will das Gebäude entkernen. Rolltreppen sollen die Stockwerke miteinander verbinden.
"Das ist ein altes Gebäude, aber es wurde vor allem in den 30er-Jahren massiv verändert. Deshalb sprechen wir hier über ein Bauwerk aus dem Jahr 1500 und aus dem Jahr 1930. Und das ist doch in diesem Zusammenhang interessant."
Bis vor wenigen Jahren noch wurde der Fondaco als Hauptpostamt genutzt. Die dafür notwendigen Umbauten hat man oft in Beton ausgeführt. Gilt für den auch der Denkmalschutz? Rem Koolhaas wirft den Umbaugegnern Dogmatismus vor und hält sich und seinen Auftraggebern zu Gute, dass sie wieder Leben in eine Stadt bringen, die zum Museum zu werden droht.
"Niemand von uns will doch ein Museum, das viel Geld kostet und sich zu all den anderen Museen gesellt. Es war früher ein Handelshaus und muss wieder ein Handelshaus werden. Aber wir sprechen hier von einem Baudenkmal. Entweder man erkennt das an oder man macht daraus ein Spekulationsobjekt."
Der Widerstand von Marco Zordan und vielen anderen Venezianern hat das Bauprojekt erst einmal massiv gebremst. Das Denkmalkomitee im italienischen Kulturministerium hat Widerspruch gegen die Koolhaas Pläne eingelegt. Vor allem die Rolltreppe und die Dachterrasse seien ein zu starker Eingriff in historische Strukturen. Wie definitiv dieser Bescheid ist, darüber wird noch gestritten. Doch Rem Koolhaas wird kaum klein beigeben. Vergangene Woche, bei einer Diskussionsveranstaltung in Venedig hat er angekündigt, weiter für eine mutige Architektur zu kämpfen, "ohne Angst vor historischen Gebäuden".