Konvertiten droht Todesstrafe im Iran
Die Pfarrerin und Ex-Muslimin Mahin Mousapour hat sich besorgt über die geplante Hinrichtung des christlichen Pastors Youcef Nadarkhani im Iran geäußert. Man wisse nicht, ob Nadarkhani überhaupt noch lebt.
Marietta Schwarz: 50-mal im Jahr, das heißt, im Schnitt jede Woche ist 2011 im Iran ein zum Tode Verurteilter hingerichtet worden. Damit hat sich diese Zahl innerhalb eines Jahres nach Angaben von Amnesty International vervierfacht. Das Land schreckt offenbar immer weniger vor der Todesstrafe gegen Oppositionelle, Menschenrechtler oder einfach Andersdenkende zurück. Zu diesen Andersdenkenden oder Andersglaubenden gehört auch Pastor Youcef Nadarkhani. Er ist wegen seines Übertritts zum Christentum zum Tode verurteilt worden und kann jeden Tag hingerichtet werden. Darüber spreche ich mit Mahin Mousapour, sie konvertierte vor 25 Jahren zum christlichen Glauben und leitet heute eine kleine Gemeinde mit Konvertiten aus Afghanistan und dem Iran in Frankfurt am Main. Guten Morgen!
Mahin Mousapour: Guten Morgen!
Schwarz: Frau Mousapour, was wissen Sie aus dem Iran über den Fall Nadarkhani?
Mousapour: Jetzt wissen wir, dass die iranische Regierung Youcef Nadarkhani wegen Konversion zum Christentum hinrichten will. Und wir fürchten uns davor und wir haben Sorge über diese Nachricht. Wir wissen nicht, ob er heute überhaupt lebt, das wissen wir auch nicht.
Schwarz: Youcef Nadarkhani ist heute 34 Jahre alt, aber schon mit 19 konvertiert. Das heißt, viele Jahre lang wurde er dafür offenbar nicht verfolgt. Seit wann geht denn das Regime so hart gegen Konvertiten vor?
Mousapour: Gut, 2009 wurde er festgenommen, er wurde auch immer wieder verhört, immer wieder und immer wieder. Und seit 2010 ist er im Gefängnis und 2011, im Oktober, wollte die iranische Regierung Youcef Nadarkhani mit einem Todesurteil hinrichten. Aber die internationale Kampagne, besonders Aktivitäten von der IGFM, der Menschenrechtsorganisation in Frankfurt, haben dies verhindert. Und jetzt möchte die iranische Regierung wieder neu aufbeleben und auf einmal möchte sie, haben wir gehört, Youcef Nadarkhani hinrichten. Er ist ein Konvertit und in einem Land mit 67 Millionen Moslems. Die Menschen, die zu Jesus Christus ihren Glauben wechseln wollen, die Menschen, die vom Islam so enttäuscht sind, sind nicht wenig. Und das macht die iranische Regierung nicht sehr glücklich.
Schwarz: Haben Sie eine Ahnung, einen Hinweis darauf, wie viele Menschen das im Iran sind?
Mousapour: Wir wissen nichts, man kann keine Statistik hier erfassen. Aber wir haben von der Regierung selbst im Sommer 2011 gehört, dass die Regierung mitgeteilt hat, dass 200 Hauskirchen in Mashhad entdeckt wurden. Und Mashhad ist eine sehr religiöse Stadt. Wir selbst als bekehrte Moslems oder Christen mit islamischem Hintergrund waren sehr erstaunt darüber.
Schwarz: Die Konversion weg vom muslimischen Glauben gilt im Iran als Hochverrat. Wie kommt es dann, dass die Zahl der Konvertiten offenbar wächst, obwohl dies doch sehr gefährlich ist, unter Umständen mit dem Tode bestraft wird?
Mousapour: Ja, wir waren in Zeiten vom Schah Namensmoslems, glaube ich, nach meiner Meinung. Und in dieser Regierungszeit, in diesen ungefähr 30 Jahren Regierungszeit haben Iraner den Islam ausgelebt. Und ich denke, die Iraner sind jetzt sehr aufgeklärt und ich weiß, dass mehr als die Hälfte der Iraner enttäuscht vom Islam sind. Sie sind enttäuscht von der iranischen Regierung, aber sie sind auch enttäuscht vom Islam. Weil, wenn man nur von einer Regierung enttäuscht ist, wird nicht auch sein Glaube gewechselt, wissen Sie, was ich meine? Ich glaube, sie möchten gerne eine Religion oder eine Beziehung zu Gott haben, die auf einer Liebe basiert, die einander vergibt, die auch Friede hat und nicht immer Trauer und immer so Angst vor einem Gott, das möchten sie nicht. Und diese haben sie im Christentum gefunden.
Schwarz: Wie wird denn dieser christliche Glaube im Iran gelebt und ausgeführt? Gemeinden darf es ja wohl nicht geben. Im Untergrund?
Mousapour: Gut, also, die iranische Bevölkerung bekommt sehr viele Programme durch die amerikanischen Sender von iranischen Gruppierungen. Und zurzeit wird viel über Jesus Christus durch Fernsehsender aus Amerika, durch Satelliten gesprochen. Aber im Grunde genommen ist es ein neues Christentum. Es ist sehr stark betont auf einer Beziehung zwischen Mensch und Sohn, also Vater und Kind, durch Jesus Christus. Das kann man schon im Iran ausüben. Weil, man kann nicht in einer Untergrundgemeinde einen Katechismus belehren oder eine Denomination sehr stark betonen. Man sucht einfach Ruhe und Frieden und das wird stattfinden, wo man Gott als Vater und sich als Kind sieht. Durch Jesus Christus, diese Liebe, dieses "du muss den anderen vergeben" bekommt man auch einen Frieden. Weil, zurzeit sind die Iraner sehr wütend auf sich selbst, auf die Regierung, auf alle.
Schwarz: Das heißt, der Glaube wird nicht im Untergrund, heimlich, ausgelebt?
Mousapour: Er wird im Untergrund heimlich ausgelebt, jeder hat für sich selbst … Sie haben sehr starke Angst. Aber ich meine, auf diese Art, diese christliche Art ist jetzt im Iran sehr populär. Also, Gott ist Vater, durch Jesus Christus. Und dann ist das eine Beziehung zwischen Gott und Vater durch Jesus. Nicht einfach zum Beispiel, dass du Katholik oder Protestant sein musst. Das wollte ich sagen.
Schwarz: Frau Mousapour, jetzt steht diese Todesstrafe bevor. Shirin Ebadi, die Friedensnobelpreisträgerin, die hat den Westen ja immer wieder aufgefordert, den Iran auch in Menschenrechtsfragen in die Pflicht zu nehmen. Wie denn, was muss passieren?
Mousapour: Ja, wir sind wirklich als Volk sehr enttäuscht, weil wir wollen, dass die iranische Regierung die Minderheiten in Ruhe lässt. Die Bahai-Anhänger oder die Menschen, die einen anderen Glauben haben oder ein anderes Denken, dass sie ihre Meinung haben. Aber jede Minderheit, auch die sunnitische Minderheit, die sind auch ein Zweig vom Islam, sie sind auch unterdrückt im Iran. Und der Iran unterdrückt jede kleine Gruppe. Ich denke, das stammt aus einer Angst.
Schwarz: Mahin Mousapour, Pastorin der persischen Gemeinde Neuer Bund in Frankfurt-Höchst, ich danke Ihnen für das Gespräch!
Mousapour: Ich danke Ihnen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mahin Mousapour: Guten Morgen!
Schwarz: Frau Mousapour, was wissen Sie aus dem Iran über den Fall Nadarkhani?
Mousapour: Jetzt wissen wir, dass die iranische Regierung Youcef Nadarkhani wegen Konversion zum Christentum hinrichten will. Und wir fürchten uns davor und wir haben Sorge über diese Nachricht. Wir wissen nicht, ob er heute überhaupt lebt, das wissen wir auch nicht.
Schwarz: Youcef Nadarkhani ist heute 34 Jahre alt, aber schon mit 19 konvertiert. Das heißt, viele Jahre lang wurde er dafür offenbar nicht verfolgt. Seit wann geht denn das Regime so hart gegen Konvertiten vor?
Mousapour: Gut, 2009 wurde er festgenommen, er wurde auch immer wieder verhört, immer wieder und immer wieder. Und seit 2010 ist er im Gefängnis und 2011, im Oktober, wollte die iranische Regierung Youcef Nadarkhani mit einem Todesurteil hinrichten. Aber die internationale Kampagne, besonders Aktivitäten von der IGFM, der Menschenrechtsorganisation in Frankfurt, haben dies verhindert. Und jetzt möchte die iranische Regierung wieder neu aufbeleben und auf einmal möchte sie, haben wir gehört, Youcef Nadarkhani hinrichten. Er ist ein Konvertit und in einem Land mit 67 Millionen Moslems. Die Menschen, die zu Jesus Christus ihren Glauben wechseln wollen, die Menschen, die vom Islam so enttäuscht sind, sind nicht wenig. Und das macht die iranische Regierung nicht sehr glücklich.
Schwarz: Haben Sie eine Ahnung, einen Hinweis darauf, wie viele Menschen das im Iran sind?
Mousapour: Wir wissen nichts, man kann keine Statistik hier erfassen. Aber wir haben von der Regierung selbst im Sommer 2011 gehört, dass die Regierung mitgeteilt hat, dass 200 Hauskirchen in Mashhad entdeckt wurden. Und Mashhad ist eine sehr religiöse Stadt. Wir selbst als bekehrte Moslems oder Christen mit islamischem Hintergrund waren sehr erstaunt darüber.
Schwarz: Die Konversion weg vom muslimischen Glauben gilt im Iran als Hochverrat. Wie kommt es dann, dass die Zahl der Konvertiten offenbar wächst, obwohl dies doch sehr gefährlich ist, unter Umständen mit dem Tode bestraft wird?
Mousapour: Ja, wir waren in Zeiten vom Schah Namensmoslems, glaube ich, nach meiner Meinung. Und in dieser Regierungszeit, in diesen ungefähr 30 Jahren Regierungszeit haben Iraner den Islam ausgelebt. Und ich denke, die Iraner sind jetzt sehr aufgeklärt und ich weiß, dass mehr als die Hälfte der Iraner enttäuscht vom Islam sind. Sie sind enttäuscht von der iranischen Regierung, aber sie sind auch enttäuscht vom Islam. Weil, wenn man nur von einer Regierung enttäuscht ist, wird nicht auch sein Glaube gewechselt, wissen Sie, was ich meine? Ich glaube, sie möchten gerne eine Religion oder eine Beziehung zu Gott haben, die auf einer Liebe basiert, die einander vergibt, die auch Friede hat und nicht immer Trauer und immer so Angst vor einem Gott, das möchten sie nicht. Und diese haben sie im Christentum gefunden.
Schwarz: Wie wird denn dieser christliche Glaube im Iran gelebt und ausgeführt? Gemeinden darf es ja wohl nicht geben. Im Untergrund?
Mousapour: Gut, also, die iranische Bevölkerung bekommt sehr viele Programme durch die amerikanischen Sender von iranischen Gruppierungen. Und zurzeit wird viel über Jesus Christus durch Fernsehsender aus Amerika, durch Satelliten gesprochen. Aber im Grunde genommen ist es ein neues Christentum. Es ist sehr stark betont auf einer Beziehung zwischen Mensch und Sohn, also Vater und Kind, durch Jesus Christus. Das kann man schon im Iran ausüben. Weil, man kann nicht in einer Untergrundgemeinde einen Katechismus belehren oder eine Denomination sehr stark betonen. Man sucht einfach Ruhe und Frieden und das wird stattfinden, wo man Gott als Vater und sich als Kind sieht. Durch Jesus Christus, diese Liebe, dieses "du muss den anderen vergeben" bekommt man auch einen Frieden. Weil, zurzeit sind die Iraner sehr wütend auf sich selbst, auf die Regierung, auf alle.
Schwarz: Das heißt, der Glaube wird nicht im Untergrund, heimlich, ausgelebt?
Mousapour: Er wird im Untergrund heimlich ausgelebt, jeder hat für sich selbst … Sie haben sehr starke Angst. Aber ich meine, auf diese Art, diese christliche Art ist jetzt im Iran sehr populär. Also, Gott ist Vater, durch Jesus Christus. Und dann ist das eine Beziehung zwischen Gott und Vater durch Jesus. Nicht einfach zum Beispiel, dass du Katholik oder Protestant sein musst. Das wollte ich sagen.
Schwarz: Frau Mousapour, jetzt steht diese Todesstrafe bevor. Shirin Ebadi, die Friedensnobelpreisträgerin, die hat den Westen ja immer wieder aufgefordert, den Iran auch in Menschenrechtsfragen in die Pflicht zu nehmen. Wie denn, was muss passieren?
Mousapour: Ja, wir sind wirklich als Volk sehr enttäuscht, weil wir wollen, dass die iranische Regierung die Minderheiten in Ruhe lässt. Die Bahai-Anhänger oder die Menschen, die einen anderen Glauben haben oder ein anderes Denken, dass sie ihre Meinung haben. Aber jede Minderheit, auch die sunnitische Minderheit, die sind auch ein Zweig vom Islam, sie sind auch unterdrückt im Iran. Und der Iran unterdrückt jede kleine Gruppe. Ich denke, das stammt aus einer Angst.
Schwarz: Mahin Mousapour, Pastorin der persischen Gemeinde Neuer Bund in Frankfurt-Höchst, ich danke Ihnen für das Gespräch!
Mousapour: Ich danke Ihnen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.