Konzentrierter Witzschreiber
"Titanic" ist das bekannteste Satiremagazin an den Kiosken der Republik. "Der Eulenspiegel" hat im Osten eine lange Tradition. Aber im Netz ist mal wieder alles anders: Dort hat "Der Postillon" die beiden Printmagazine inzwischen locker überholt. Stefan Sichermann ist Gründer und Chefredakteur - und war lange Zeit auch einziger Autor.
In Zeiten des Internets ist es egal, von wo man ins Netz geht. Da kann das erfolgreichste deutsche Online-Satiremagazin seinen Sitz dann auch in einer kleinen Altbauwohnung im fränkischen Fürth haben.
"Den Postillon kann ich von überall machen, ob ich in Berlin sitz und mir ganz hip vorkomme oder halt hier, das ist eigentlich egal. Es ist ja jetzt nicht mehr so, dass man in einer Medienstadt wohnen muss für so was."
Stefan Sichermann, 32, ist der Gründer und Chefredakteur von "Der Postillon". Er hat seinen Arbeitsplatz im Kinderzimmer seiner Tochter, noch ist das unproblematisch, sie ist erst eineinhalb. Hier entstehen also seine Texte im Nachrichtenstil, bei denen jedes Wort sitzt, zum Beispiel der nach dem TV-Duell Merkel-Steinbrück, mit der Überschrift: "Zäh, wirr, keine Action. ARD-Zuschauer enttäuscht vom schlechtesten Tatort aller Zeiten."
Im Gespräch ist Sichermann dann alles andere als witzig, die schnelle Pointe interessiert ihn nicht:
"Ich hab früher ganz gern Witze erzählt, irgendwie jetzt nicht mehr. Ich fühl mich ganz wohl, wenn ich meinen Witz konzentriert aufschreiben kann und da auch das solange bearbeiten kann, bis ich es gut genug finde, das auf Leute loszulassen."
"Den Postillon kann ich von überall machen, ob ich in Berlin sitz und mir ganz hip vorkomme oder halt hier, das ist eigentlich egal. Es ist ja jetzt nicht mehr so, dass man in einer Medienstadt wohnen muss für so was."
Stefan Sichermann, 32, ist der Gründer und Chefredakteur von "Der Postillon". Er hat seinen Arbeitsplatz im Kinderzimmer seiner Tochter, noch ist das unproblematisch, sie ist erst eineinhalb. Hier entstehen also seine Texte im Nachrichtenstil, bei denen jedes Wort sitzt, zum Beispiel der nach dem TV-Duell Merkel-Steinbrück, mit der Überschrift: "Zäh, wirr, keine Action. ARD-Zuschauer enttäuscht vom schlechtesten Tatort aller Zeiten."
Im Gespräch ist Sichermann dann alles andere als witzig, die schnelle Pointe interessiert ihn nicht:
"Ich hab früher ganz gern Witze erzählt, irgendwie jetzt nicht mehr. Ich fühl mich ganz wohl, wenn ich meinen Witz konzentriert aufschreiben kann und da auch das solange bearbeiten kann, bis ich es gut genug finde, das auf Leute loszulassen."
Aus Lust am Blödeln
Seit Oktober 2008 macht er das nun schon so, schreibt feine kleine satirische Texte über Dinge, die ihm so auffallen, über gesellschaftliche und politische Themen. Oft nur aus Lust am Blödeln, am Nonsens:
"Ich glaub der erste Artikel, den ich aus heutiger Sicht noch gut finde, war, dass ich mal einen Artikel gemacht habe: 'Skandal, Jever Fun ist kein Alkohol.' Das war schon der erste, der schon die Form der heutigen Artikel auch hat. Das war aber auch schon im November 2008, glaube ich."
Damals arbeitet Stefan Sichermann noch in Hamburg als Texter in einer Werbeagentur. "Der Postillon" ist anfangs nur ein Hobby, das dann aber immer mehr Zeit in Anspruch nimmt. Im April 2011 macht er sein Hobby zum Beruf. Nach einem Jahr mit Gründerzuschuss kann er inzwischen von der Satire leben. Im selben Jahr entschließt er sich auch, mit seiner Freundin nach Fürth zu ziehen, zurück in die Heimat, nach Franken, wo er herkommt.
Aufgewachsen ist er auf dem Land, in der Nähe von Ansbach, als ältester von sechs Kindern. Spurensuche: Haben ihm seine Eltern schon diesen speziellen Humor mitgegeben? Gab es da schon eine satirische Vorschulung, vielleicht durch Pardon oder Titanic? Nein, sagt Sichermann:
"Ich würde sagen, dass das schon eher was damit zu tun hat, wie meine Geschwister und ich so untereinander uns verhalten haben. Ich glaube, wir haben da schon einen relativ eigenen Humor. Ich wurde privat schon jetzt als lustig, aber nicht als so lustig oder viel lustiger als andere eingeschätzt, würde ich behaupten."
"Ich glaub der erste Artikel, den ich aus heutiger Sicht noch gut finde, war, dass ich mal einen Artikel gemacht habe: 'Skandal, Jever Fun ist kein Alkohol.' Das war schon der erste, der schon die Form der heutigen Artikel auch hat. Das war aber auch schon im November 2008, glaube ich."
Damals arbeitet Stefan Sichermann noch in Hamburg als Texter in einer Werbeagentur. "Der Postillon" ist anfangs nur ein Hobby, das dann aber immer mehr Zeit in Anspruch nimmt. Im April 2011 macht er sein Hobby zum Beruf. Nach einem Jahr mit Gründerzuschuss kann er inzwischen von der Satire leben. Im selben Jahr entschließt er sich auch, mit seiner Freundin nach Fürth zu ziehen, zurück in die Heimat, nach Franken, wo er herkommt.
Aufgewachsen ist er auf dem Land, in der Nähe von Ansbach, als ältester von sechs Kindern. Spurensuche: Haben ihm seine Eltern schon diesen speziellen Humor mitgegeben? Gab es da schon eine satirische Vorschulung, vielleicht durch Pardon oder Titanic? Nein, sagt Sichermann:
"Ich würde sagen, dass das schon eher was damit zu tun hat, wie meine Geschwister und ich so untereinander uns verhalten haben. Ich glaube, wir haben da schon einen relativ eigenen Humor. Ich wurde privat schon jetzt als lustig, aber nicht als so lustig oder viel lustiger als andere eingeschätzt, würde ich behaupten."
"The Onion" als Vorbild
Mit dem Postillon orientiere er sich am amerikanische Onlinemagazin "The Onion". Anfangs nahm kaum jemand Notiz vom Postillon, über die Jahre fand er seine Leser, besonders seit er bei Facebook vertreten ist:
"Facebook ist relativ günstig für Satire eigentlich, weil Leute gerne Sachen teilen, die sie aufregen oder die sie lustig finden und Satire ist oft so eine Mischung aus beidem eigentlich. Und insofern hat das ganz gut geholfen."
Rund eine Million Besucher hat "Der Postillon" inzwischen im Monat, mehr als die Titanic-Seite. An einem ganz normalen Werktag um die 50.000:
"Ja, das ist schon ganz schön fett, ich bin früher schon total nervös geworden, wenn ich mir vorgestellt hab, dass das 50 Leute angucken und vielleicht doof finden."
Erstaunlich viele Leser kommentieren die Texte. Hunderte, oft sogar Tausende Kommentare stehen dann da im Netz. Heftig diskutiert wurde etwa über den Artikel "Jugendlicher nach Überdosis Cannabis eingeschlafen":
"Der Artikel hat so ein bisschen mit Vorurteilen gespielt, die eben auch tatsächlich in Zeitungen zum Thema Cannabis dann aufzufinden sind. Aber die haben den Witz nicht verstanden und haben sich sehr intensiv über den Artikel und den Artikelschreiber echauffiert, das war sehr witzig, da gab's in Richtung 4000 Kommentare.
Und auch damals beim Baumgartner-Artikel, das war ein Artikel darüber, dass Baumgartners Sprung aberkannt worden ist, Stratosphärensprung, weil er sieben Millimeter übertreten hat. Da haben sich viele Österreicher sehr geärgert, aber auch andere Leute, und haben das geglaubt, und das war auch immer ganz witzig. Wobei ich es nicht darauf anlege. Ich mach es schon vor allem für die normalen Leser, die schon wissen, was sie da zu erwarten haben."
"Facebook ist relativ günstig für Satire eigentlich, weil Leute gerne Sachen teilen, die sie aufregen oder die sie lustig finden und Satire ist oft so eine Mischung aus beidem eigentlich. Und insofern hat das ganz gut geholfen."
Rund eine Million Besucher hat "Der Postillon" inzwischen im Monat, mehr als die Titanic-Seite. An einem ganz normalen Werktag um die 50.000:
"Ja, das ist schon ganz schön fett, ich bin früher schon total nervös geworden, wenn ich mir vorgestellt hab, dass das 50 Leute angucken und vielleicht doof finden."
Erstaunlich viele Leser kommentieren die Texte. Hunderte, oft sogar Tausende Kommentare stehen dann da im Netz. Heftig diskutiert wurde etwa über den Artikel "Jugendlicher nach Überdosis Cannabis eingeschlafen":
"Der Artikel hat so ein bisschen mit Vorurteilen gespielt, die eben auch tatsächlich in Zeitungen zum Thema Cannabis dann aufzufinden sind. Aber die haben den Witz nicht verstanden und haben sich sehr intensiv über den Artikel und den Artikelschreiber echauffiert, das war sehr witzig, da gab's in Richtung 4000 Kommentare.
Und auch damals beim Baumgartner-Artikel, das war ein Artikel darüber, dass Baumgartners Sprung aberkannt worden ist, Stratosphärensprung, weil er sieben Millimeter übertreten hat. Da haben sich viele Österreicher sehr geärgert, aber auch andere Leute, und haben das geglaubt, und das war auch immer ganz witzig. Wobei ich es nicht darauf anlege. Ich mach es schon vor allem für die normalen Leser, die schon wissen, was sie da zu erwarten haben."
Auf dem Weg zum Mini-Konzern
Stefan Sichermann ist gerade dabei, den Postillon zu einem kleinen Medienkonzern auszubauen, mit Nachrichten im Radio bei Bayern 3 und im Youtube-Format. Beides in Zusammenarbeit mit dem Comedian Thies Neubert.
Sprecher: "Die Kurznachrichten mit Anne, mit einer Sensation, die sich gewaschen hat."
Sprecherin: "Ja, das stimmt, Thies. Handwerker erscheint pünktlich zum vereinbarten Termin. Renate Bauer steht noch immer unter Schock."
Stefan Sichermann selbst will nicht vor die Kamera oder vors Mikrofon. Wegen seines fränkischen R, wie er sagt. Und weil er zwar intelligente Texte schreiben kann, aber eben keine Rampensau ist, die sich in den Vordergrund drängt. Sonst wäre er ja auch nicht in Fürth, sondern in Berlin, Hamburg oder München.
Sprecher: "Die Kurznachrichten mit Anne, mit einer Sensation, die sich gewaschen hat."
Sprecherin: "Ja, das stimmt, Thies. Handwerker erscheint pünktlich zum vereinbarten Termin. Renate Bauer steht noch immer unter Schock."
Stefan Sichermann selbst will nicht vor die Kamera oder vors Mikrofon. Wegen seines fränkischen R, wie er sagt. Und weil er zwar intelligente Texte schreiben kann, aber eben keine Rampensau ist, die sich in den Vordergrund drängt. Sonst wäre er ja auch nicht in Fürth, sondern in Berlin, Hamburg oder München.