Konzert ohne Puste
Tricky war in den Neunzigern der Miterfinder von Trip Hop. Sein neues Album "False Idols" findet zu alter Größe. Doch der Live-Auftritt des Stars im Berliner Club Berghain misslang schmerzlich.
Zwanzig Minuten Punkenergie, das Publikum tanzt mit auf der Bühne, und eine Coverversion von "Ace of Spades", dem Hardrockhit von Motörhead anno 1980: So direkt und lustig und irgendwie demokratisch begann Trickys Konzert im Berliner Berghain. Danach wartete man darauf, dass da noch was kommt, was mit der schönen neuen Platte zu tun haben könnte. Doch dazu fehlten Konzentration und Klasse. Ach. Es hätte ein Neustart werden können. So muss man wieder von vorne beginnen.
Man hört seltsame Geschichten über die Konzerte von Tricky, dem 45-jährigen Produzenten, Rapper und legendären Miterfinder von Trip Hop. Bloß ein paar Minuten sei er auf der Bühne gewesen, heißt es mitunter. Oder das Publikum habe nur den Rücken gesehen. Seit Tricky 1991 für Massive Attack rappte oder ab 1994 auch als Solokünstler Erfolg hatte, verweigerte er sich immer wieder den Mechanismen der Musikindustrie. Sein Sound verlor bald die coole Politur, das karibische Erbe dieser Mischmusik pflanzte er stattdessen in die Punktradition ein, es gab Gitarren, Crossover und dabei ständig Schimpfe für die Presse.
Seiner Musik hat der lange Kampf gegen fremdbestimmte Images, oder was Tricky dafür hielt, leider nicht gut getan. Rock, Hip Hop und Reggae zu verschrauben, war längst keine widerständige Geste mehr, als Tricky damit begann. Auch inhaltlich wurde sein Dagegensein stets unbestimmter, der Feind verschwand im Kiffernebel. "False Idols", sein neues Album, macht auf den ersten Blick da keine Ausnahme: Er störe sich am aktuellen Celebrity-Kult, lässt der Künstler verlauten. Was daran aktuell ist, erfährt man nicht. Ist aber egal, weil die Musik diese textliche Stagnation - endlich - wieder einmal vergessen macht.
"False Idols" zeigt die alten Stärke von Trip Hop, wie scheinbar disziplinierte Musik von großer Unruhe erzählen kann. Es gibt Lücken und Luft in den Arrangements, die Bässe und die vereinzelten Gitarren scheinen wieder aus dem Archiv von Soul und Funk zu kommen, die Beats klingen manchmal wie abgeschnitten, nichts will nur kräftig sein. Die junge Sängerin Francesca Belmonte mag keine Martina Topley-Bird sein, wie Trickys erste Muse hieß, aber diese unterkühlte, kurz in Soul getunkte Mädchengesang braucht nicht die allergrößten Gestalterinnen. Die Stimmung bleibt gespannt, die Samples von Chet Baker bis Japan und Texte von Van Morrison sind historisch erkennbar, und führen dennoch zu etwas Neuem.
Das Album ist deswegen nicht gleich retro: "False Idols" führt Trickys Anfänge nicht einfach wieder auf, sonder spinnt sie weiter. In der Bildenden Kunst stört es keinen, wenn jemand jahrzehntelang mit den gleichen Mitteln arbeitet. Durch die Popmusik hingegen geistert noch immer der Glaube an die unbedingte Innovation. Der Druck der Veränderung hatte bei Tricky derweil vor allem Murks zur Folge. Erst die Besinnung auf sein frühes Trickysein bringt wieder interessante Resultate.
Live bleibt davon nichts übrig. Je länger das lustig begonnene Konzert dauert, desto tragischer der Anblick. Die Mietband ist höchstens zweitklassig, was bei dieser Bass- und Beatmusik verheerende Auswirkungen hat. Tricky steht zwar im Zentrum des Auftritts, im Gegensatz zu manchen Stücken auf "False Idols". Doch die Mitte bleibt leer: Er hält sich das Mikrofon immer wieder an die Herzgegend, obwohl da nichts zu hören ist. Er tanzt schamanistisch oder raucht einen Joint – keine Ahnung, was ihm dabei durch den Kopf geht, hoffentlich hört er dabei nicht die Band. Tricky bringt "False Idols" auf seinem eigenen Label heraus und widersetzt sich einmal mehr einem Fremddiktat. Für die Umsetzung des Albums hat die Puste dann aber nicht mehr gereicht.
Man hört seltsame Geschichten über die Konzerte von Tricky, dem 45-jährigen Produzenten, Rapper und legendären Miterfinder von Trip Hop. Bloß ein paar Minuten sei er auf der Bühne gewesen, heißt es mitunter. Oder das Publikum habe nur den Rücken gesehen. Seit Tricky 1991 für Massive Attack rappte oder ab 1994 auch als Solokünstler Erfolg hatte, verweigerte er sich immer wieder den Mechanismen der Musikindustrie. Sein Sound verlor bald die coole Politur, das karibische Erbe dieser Mischmusik pflanzte er stattdessen in die Punktradition ein, es gab Gitarren, Crossover und dabei ständig Schimpfe für die Presse.
Seiner Musik hat der lange Kampf gegen fremdbestimmte Images, oder was Tricky dafür hielt, leider nicht gut getan. Rock, Hip Hop und Reggae zu verschrauben, war längst keine widerständige Geste mehr, als Tricky damit begann. Auch inhaltlich wurde sein Dagegensein stets unbestimmter, der Feind verschwand im Kiffernebel. "False Idols", sein neues Album, macht auf den ersten Blick da keine Ausnahme: Er störe sich am aktuellen Celebrity-Kult, lässt der Künstler verlauten. Was daran aktuell ist, erfährt man nicht. Ist aber egal, weil die Musik diese textliche Stagnation - endlich - wieder einmal vergessen macht.
"False Idols" zeigt die alten Stärke von Trip Hop, wie scheinbar disziplinierte Musik von großer Unruhe erzählen kann. Es gibt Lücken und Luft in den Arrangements, die Bässe und die vereinzelten Gitarren scheinen wieder aus dem Archiv von Soul und Funk zu kommen, die Beats klingen manchmal wie abgeschnitten, nichts will nur kräftig sein. Die junge Sängerin Francesca Belmonte mag keine Martina Topley-Bird sein, wie Trickys erste Muse hieß, aber diese unterkühlte, kurz in Soul getunkte Mädchengesang braucht nicht die allergrößten Gestalterinnen. Die Stimmung bleibt gespannt, die Samples von Chet Baker bis Japan und Texte von Van Morrison sind historisch erkennbar, und führen dennoch zu etwas Neuem.
Das Album ist deswegen nicht gleich retro: "False Idols" führt Trickys Anfänge nicht einfach wieder auf, sonder spinnt sie weiter. In der Bildenden Kunst stört es keinen, wenn jemand jahrzehntelang mit den gleichen Mitteln arbeitet. Durch die Popmusik hingegen geistert noch immer der Glaube an die unbedingte Innovation. Der Druck der Veränderung hatte bei Tricky derweil vor allem Murks zur Folge. Erst die Besinnung auf sein frühes Trickysein bringt wieder interessante Resultate.
Live bleibt davon nichts übrig. Je länger das lustig begonnene Konzert dauert, desto tragischer der Anblick. Die Mietband ist höchstens zweitklassig, was bei dieser Bass- und Beatmusik verheerende Auswirkungen hat. Tricky steht zwar im Zentrum des Auftritts, im Gegensatz zu manchen Stücken auf "False Idols". Doch die Mitte bleibt leer: Er hält sich das Mikrofon immer wieder an die Herzgegend, obwohl da nichts zu hören ist. Er tanzt schamanistisch oder raucht einen Joint – keine Ahnung, was ihm dabei durch den Kopf geht, hoffentlich hört er dabei nicht die Band. Tricky bringt "False Idols" auf seinem eigenen Label heraus und widersetzt sich einmal mehr einem Fremddiktat. Für die Umsetzung des Albums hat die Puste dann aber nicht mehr gereicht.