Preisanstieg bei Konzerttickets

Was macht den Abend mit der Lieblingsband so teuer?

07:06 Minuten
Bild einer Menschenmenge beim Konzert - das Publikum ist in gelbes Licht getaucht
Die Konzerttickets sind teurer geworden © Unsplash / Vishnu R Nair
Von Ina Plodroch |
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Die Corona-Pause ist vorüber – Konzerte und Festivals finden wieder statt. Wer keine Tickets für Nachholkonzerte einlöst, hat vielleicht schon neue gekauft. Und ist vermutlich über die stark erhöhten Preise schockiert. Was steckt dahinter?
Endlich wieder den Lieblingsbands zujubeln! Viele Konzert- und Festivalfans kommen gar nicht hinterher mit den Terminen, die sie nach der langen Corona-Durststrecke endlich wahrnehmen wollen. Doch wer seine Kreditkarte zückt, um - meistens online bei einer der Konzert- und Ticketagenturen - neue Tickets zu kaufen, muss unter Umständen erst einmal schlucken: Die Tickets sind deutlich teurer geworden. Wer macht eigentlich die Preise?

Warum steigen die Ticketpreise gerade so stark?

In Deutschland sind sie zwischen 2007 und 2017 von durchschnittlich 30 auf 44 Euro gestiegen. Aktuellere Zahlen gibt es noch nicht, aber es zeichnet sich ab, dass Musikfans jetzt, nach dem Wiederanlaufen der Konzert- und Festivalsaison, noch einmal deutlich tiefer in die Tasche greifen mussten und müssen.
Man hat natürlich eine Gagenvorstellung der Künstler, die eine Grundlage für die Kalkulation bildet“, erläutert Philipp Jacob-Pahl von der Budde Talent Agency, der Tourneen verschiedener Künstlerinnen und Künstler managt.
Wie viel einzelne Künstlerinnen und Künstler nehmen, ist allerdings Vertragsgeheimnis. Aber: Bands konnten in den Pandemiejahren erheblich weniger einnehmen, weil sie so gut wie gar nicht auftreten konnten; gleichzeitig sind auch deren Mieten, Preise für Lebensmittel und Strom gestiegen.
Hinzu kommen von Fall zu Fall – das verwundert bei einigen „Stars“, ganz unabhängig von der Inflation, vielleicht nicht -  recht hohe Lebenshaltungskosten. Aber die eigentliche Grundlage für den Ticketpreis ist das ganze Drumherum. All die Leute hinter, vor, neben der Bühne: Technikerinnen und Techniker, Fahrerinnen und Fahrer, hinzukommen die Tourbusse, die Saalmieten, Catering und Security.

Welche anderen Preise machen die Tickets vor allem teurer?

Axel Ballreich, Vorsitzender des Verbands der Musikspielstätten LiveKomm, sagt: Vor der Pandemie habe er etwa fürs Catering pro Person rund 30 Euro einplanen müssen. Mittlerweile sind es 40. Was sich für Normalverbraucher im Supermarkt zeigt, schlägt sich auch im Konzertwesen nieder: die Inflation.
Auch Personalkosten sind gestiegen. Warum offenbar so stark - immerhin hat sich bei den wenigsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das Gehalt proportional zur aktuellen Preissteigerung erhöht?

Fast 100 Euro für Depeche Mode, Lady Gaga kostet bis zu 132, Roger Waters gar 295 Euro: Seitdem Konzerte für Popmusiker zur Haupteinnahmequelle geworden sind, steigen die Preise. Hören Sie dazu auch den Beitrag "Teure Konzerttickets - Wo landet mein Geld?" von Christoph Möller.

Tourneemanager Jacob-Pahl sagt dazu: „Das ist natürlich dem Umstand geschuldet, dass die weniger Konkurrenz am Markt haben. Also ganz viele aus den Gewerken sind abgewandert in andere Geschäftszweige.“ Viele der Technikerinnen und Techniker, Stagehands, Fahrerinnen und Fahrer, vor allem die Soloselbstständigen, haben in der Pandemie, ähnlich wie viele Angestellte in der Gastronomie, das Handtuch geworfen.
Zahlreiche Beschäftigungsverhältnisse waren - vorsichtig ausgedrückt - schon vorher prekär. Nun bestimmt die Nachfrage den Preis. Bis zu 30 Prozent mehr Gehalt bekommen viele von ihnen jetzt, heißt es vom Bündnis Alarmstufe Rot, das ausdrücklich auch die Interessen dieser Personengruppe vertreten möchte.
Auch Jacob-Pahl sagt: „Das heißt, die waren jetzt zwei Jahre richtig gebeutelt und haben vielleicht auch Erspartes aufgebraucht. Die haben vorher schon mehr oder weniger von der Hand in den Mund gelebt.“

Langen auch die Veranstaltungsorte mehr hin?

Auch Clubs und andere Veranstaltungsorte sind finanziell arg gebeutelt und müssen ihre Kassen wieder auffüllen.
Sie  haben zwar in den letzten zwei Jahren Hilfs- und Fördergelder von Bund und Ländern bekommen, darunter die großzügig geschnürten Förderpakete Neustart Kultur. Trotzdem müssten sie den Rückstand aus der harten Phase der Pandemie kompensieren, meint etwa der Tourneeveranstalter Jacob Pahl.

Wie stark fallen Ticketgebühren ins Gewicht?

Ein wichtiger Punkt sind die Gebühren, die Ticketverkäufer wie Ticketmaster und Eventim erheben. Wie viel das in Deutschland ist, wird den Konzertkäuferinnen und -käufern – anders als zum Beispiel in den USA - nicht ausgewiesen.
Aber eine aktuelle Kontroverse liefert Ansatzpunkte: Wer wegen der Pandemie Konzerttickets zurückgeben will, erhält von Eventim nicht den vollen Preis zurück. Der Ticketanbieter erstattet die Vorverkaufsgebühr nämlich bisher nicht. Und viele dieser Leute melden sich dann bei Tourneeveranstaltern wie Philipp Jacob-Pahl und beschweren sich, „dass sie bis zu 25 Prozent nicht erstattet kriegen“.

Wer sich Konzertkarten kaufen will, kommt in Deutschland an Eventim nicht vorbei. Der Marktführer wurde vor etlichen Jahren bereits vom Bundeskartellamt untersucht.

Gegen die genannte Gebühr sammelt die Verbraucherzentrale gerade Beschwerden. In der Regel sind es zwischen fünf und zehn Prozent des Preises, die Eventim einbehält, heißt es von der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen. Fest steht damit, dass Eventim und Ticketmaster einen Anteil an den steigenden Ticketpreisen haben. In welchem Umfang genau, ist unklar.

Sind große Ticketanbieter die Profiteure?

Philipp Jacob-Pahl erläutert die Hintergründe: Fast alle Firmen in der Branche haben Rahmenverträge mit einem der großen Ticketanbieter. Davon hängt ein bisschen ab, welche Gebühren auf dem Ticket sind. Eine Daumenregel ist immer eine zehnprozentige Verkaufsgebühr vom Grundpreis. Und dann gibt es eine Systemgebühr.“
Zugleich würden jetzt auch die Gebühren für Neutickets erhöht. Möglicherweise wird es jetzt dadurch noch einmal teurer, vermutet Jacob-Pahl.  Und zwar nicht, weil die großen Konzertveranstalter mögliche Ausfälle kompensieren müssen. Der Veranstalter Berthold Seliger bezeichnet Eventim sogar als Coronaprofiteur, weil die Hilfsgeldsummen vom Bund nicht gedeckelt waren

Können die Bands ihre Tickets nicht ohne Agenturen verkaufen?

Da wäre die einfachste Lösung. Aber dafür sei deren Marktmacht zu groß, sagt Jacob-Pahl: „Wir stellen immer wieder fest, man kann noch so viel Werbung machen für den Ticket-Vorverkauf über andere Portale, die Leute sitzen auf ihren Eventim-Accounts.“

Wie geht die Entwicklung weiter?

Einige Veranstalterinnen und Veranstalter zweifeln, ob sie diese grob 30 Prozent Preissteigerung in allen Bereichen einfach so an das Publikum weitergeben können, zumal die Menschen ohnehin schon zögerlich beim Ticketkauf sind, weil ihre eigenen Lebenshaltungskosten steigen. Axel Ballreich vom Branchenverband Livekomm prognostiziert allerdings, dass der Trend zu teureren Konzerttickets noch lange nicht vorbei ist.
(Bearbeitung: mkn)

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