Kopftuch auf dem Catwalk

Von Katja Bigalke |
Wer bei Islamischer Mode nur an Burka und Tschador denkt, wird von der Berliner Modemesse "Walk of Islam" eines Besseren belehrt: Hier werden modische Accessoires für gläubige Muslima vorgestellt. Neben trendigen Kopftüchern gibt es auch bei Kleidern jungen Style - streng nach Vorschrift.
"Mit dem Kopftuch den Dutt dann hier umdrehen, damit das ein bisschen fülliger aussieht – das trägt man immer zum Kopftuch, damit das nicht verrutscht, das ist ja alles Satin.... "

Hafa ist Kopftuchspezialistin. Die 23-Jährige, die als Verkäuferin in einer Boutique arbeitet, zeigt, wie kunstvoll man das schlichte Tuch um das Haar knoten kann. Sie wickelt das hellblaue Seidentuch um den Kopf des Models, steckt es mit Nadeln fest.

"Hier versuche ich, das so ganz gerade zu halten hier vorne, damit es schön rund bleibt. Manche bügeln das vorne – ich auch, damit es gerader bleibt –, manche machen auch Folien rein, viele benutzen auch Haarspray."

Was auf den Prèt à Porter-Schauen die Frisur, ist beim "Walk of Islam" das Kopftuch. Je raffinierter es drapiert ist, umso mehr Aufmerksamkeit ist ihm gewiss. Auch hier ist also alles eine Frage der feinen Unterschiede.

Islamische Mode – das hätte man vor kurzem angesichts von Burka und Tschador noch für ein Paradox gehalten. Doch dann kam Firat Demir. Vor zwei Jahren rief er die erste Berliner Modemesse für Muslima ins Leben.

"Hat angefangen mit meiner Ehefrau, die hat nie die Sachen gefunden, die sie wollte. Sie waren doch eher in traditioneller Richtung: 36 triste, strenge Farben, also nicht jung, modern. Da dachte ich, muss mal was getan werden."

Der smarte junge Geschäftsmann – elegant im schwarzen Anzug - glaubt eine Marktnische gefunden zu haben. Bereits zum vierten Mal findet sein Walk of Islam statt. Und diesmal hat er sich sogar nach Berlin-Mitte gewagt – ins Mekka der Jungdesigner. Ein mutiger Schritt für eine doch ziemlich andere Modenschau.

"Diese Mode kommt aus der Religion. Es geht ja nicht um die Frau sondern um Kleidungsstücke, dazu braucht man nicht kokettieren oder mit der Hüfte wackeln."

In der zweiten Etage der Berliner Backfabrik, die sonst als Kultur- und Veranstaltungszentrum dient, ist das Publikum an diesem Nachmittag nicht so zahlreich erschienen, wie von Firat Demir erhofft. Ein paar pummlige, türkische Mütter mit ihren Töchtern. Sie verlaufen sich zwischen arabischem Teesalon, indischen Räucherstäbchenverkäufern und den Brautmodegeschäften aus Wedding und Kreuzberg.

Die Schnitte, die hier präsentiert werden, kommen aus der Zeit des Kalifats, die Musik aus den aktuellen Charts. Erster Höhepunkt ist Hafas Catwalk der Kopftücher.

Etwas steif versuchen die Amateur-Models ihren Gang so reizlos wie möglich über die Bühne zu bringen. Die Mädchen tragen schwarze Hosen und Blusen. Dafür auf dem Kopf, aufwändig verschlungene Tücher, zu kleinen Rosetten gewickelt, mit Goldbändchen geschmückt. Frisuren aus Stoff.

Die Kopfkunstwerke begeistern. Die Kleidung weniger:

"Das waren schöne Modelle, aber die Kleidung hätte mehr islamisch angepasst werden müssen - zu körperbetont. "

Naila und Aische sind 18 und haben ihren eigenen Look kreiert. Zu Turnschuhen und langen Jeansröcken tragen sie bunte Tücher leger um den Kopf gewickelt. Junger Style, aber streng nach Vorschrift. An sich finden die beiden den Walk of Islam eine gute Sache. Aber eine richtige Alternative zu ihren westlichen Bezugsquellen ist er noch nicht:

"Ich kaufe bei H&M am liebsten. Aber dann passiert es halt, dass man viele Leute trifft, die dasselbe anhaben, weil es so wenig gibt, was geht – lang bis zu den Fußknöcheln. "

Auf die Kopftuchparade folgen die Kleider: Lange Gewänder über weite Hosen. Fließend und wallend statt eng und spannend. An den Ärmeln der braungebrannten Models baumeln noch die Preisschilder, was unfreiwillig komisch wirkt. Dafür wird das Geheimnis der islamischen Mode schnell klar: Die Erfüllung liegt in der Verhüllung.

"Es gibt so viele Möglichkeiten ein Kleid wirklich schön zu verhüllen, das ist überhaupt kein Problem. Für die islamische Braut etwas zu entwerfen, macht mir Spaß. Interessant ist, dass man darin schön aussehen kann, ohne viel Haut und viel Haar zu zeigen."

Muhterem Cen entwirft Brautkleider. Für ihre tiefgläubigen Kunden verbirgt sie Spaghettiträger und Dekolletee gekonnt. Denn in allererster Linie gilt es, Allah zu gefallen.

"Mode und Islam ist überhaupt kein Thema. Die gehören zusammen Bei 'ner Hose zum Beispiel trägt man einen Rock darüber – war vor zwei Jahren sehr in. Also doch modisch."

Ein Satz, den Veranstalter Firat Demir sofort unterschreiben würde. Seine Messe will keine Werbung für die Mode der so genannten Parallelgesellschaft machen. Für den Kulturkampf ist der Laufsteg denkbar ungeeignet.

"Da muss ich sagen: Stichwort Politik. Ich halte mich raus aus Politik. Ich mache Mode und mehr nicht."