Korrespondenten berichten über

Vorfahrt

03:31 Minuten
Strassenszene im Istanbuler Stadtteil Sultanahmet am Goldenen Horn: Etliche Autos fahren chaotisch durcheinander.
Wer darf wohin und wo lang? Und wer hält sich dran? Straßenszene in Istanbul. © picture alliance / dpa / Ulrich Baumgarten
Von Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt |
Audio herunterladen
Wer überleben will, sollte in China nicht auf der Vorfahrt beharren. Auch in spanischen Städten leben Fahrradfahrer gefährlich. In Istanbul kann Blickkontakt helfen. In Singapur zählt die Größe des Autos. In Argentinien tastet man sich vor.
Axel Dorloff in Peking:
"Man sollte in China keiner Vorfahrt vertrauen, wenn man überleben möchte. Es gibt viel Chaos auf den Kreuzungen und wenig Rücksicht im Straßenverkehr. Rücksicht und Vorfahrt sind eher Fremdwörter. Trotzdem fahren die Leute insgesamt eher langsam. Dadurch, dass es hier immer ein schleichendes Vorfahrtnehmen ist, gibt es dann doch immer noch die Gelegenheit zu reagieren. Als Fahrradfahrer wird man in Peking zum Choleriker. Andauernd berühren die Autos das Hosenbein, weil sie mir die Vorfahrt genommen haben."
Karin Senz in Istanbul:
"Die Türken lassen sich für alles viel Zeit, außer im Verkehr. Da glaubt jeder, er hat Vorfahrt. Ab und zu muss ich mal Auto fahren. Ich persönlich finde es eher stressig. Ich finde es viel angenehmer, wenn ich im Taxi einfach nur hinten drin sitzen kann. Da merke ich, wie sich der Taxifahrer durch den Verkehr durchkämpft und dabei auch gerne mal schimpft. Gerade Blickkontakt kann manchmal helfen. Wenn man als Fußgänger etwas netter guckt, wird man vielleicht mal über die Straße gelassen. Ich würde allerdings nicht darauf zählen. Fußgängerüberwege sind eher ein Vorschlag für die Autofahrer."
Oliver Neuroth in Madrid:
"Auf dem Weg zur Arbeit muss ich drei Fußgängerampeln nehmen, und mir wird jeden Tag mindestens ein Mal die Vorfahrt genommen. In Spanien sollten Fahrradfahrer nicht darauf beharren, Vorfahrt zu haben. Denn Autofahrer sind die Nummer eins. Als Fahrradfahrer lebt man eher gefährlich in spanischen Städten."
Ivo Marusczyk in Buenos Aires:
"Theoretisch gilt in Argentinien auch rechts vor links. Aber diese Regel ist hier reine Theorie. Am Anfang habe ich gedacht, wer das größere Auto hat, hat Vorfahrt. Vorfahrt ist kein absolutes Recht, wie man das in deutscher Rechthaberei praktiziert, wenn zwei Autos gleichzeitig an die Kreuzung kommen, ist das eher ein Vortasten. Wer zuerst zuckt, hat verloren. Und der andere fährt dann. Ich glaube, die meisten Autofahrer kennen die Vorfahrtsregeln gar nicht so richtig."
Lena Bodewein in Singapur:
"Das Thema Vorfahrt ist in Singapur irritierend. Denn hier herrscht ja Linksverkehr, aber es gilt trotzdem rechts vor links. Je dicker das Auto, desto stärker die Vorfahrt. Das gibt es leider. Aber ansonsten wird man von der Regierung aufgefordert, Rücksicht zu nehmen: Nachsicht fährt besser!"

"Alltag anders" – wenn Sie einen Themenvorschlag haben, dann schicken Sie ihn gerne an diese E-Mail-Adresse: alltag.anders@deutschlandfunkkultur.de

Mehr zum Thema