"Die Angst fährt immer mit"
Afghanistan ist das Land mit der höchsten Todesrate unter Journalisten. Unsere Korrespondentin muss deshalb jedes Detail ihrer Reisen genau planen. Ihr Ziel: Afghanistan mit seinen meist jungen Menschen soll mehr sein als eine Anschlagsstatistik.
Silke Diettrich betreut vom ARD-Studio Neu-Delhi aus Afghanistan und reist regelmäßig dorthin. Das letzte Mal war sie im vergangenen Monat aus Anlass der afghanischen Parlamentswahl vor Ort. Nicht in Kabul - das ist jetzt zu gefährlich - sondern im Bundeswehrcamp bei Mazar-i-Sharif, das hochgesichert ist.
Informationen vom BKA und vom Auswärtigen Amt
Neben der journalistischen Arbeit ist die Vorbereitung auf die Reise in Bezug auf die Sicherheit fast noch wichtiger, ja lebensnotwendig. Sicherheitsexperten in Deutschland vom Bundeskriminalamt und vom Auswärtigen Amt werden genauso einbezogen wie die Spezialisten vor Ort.
Die Sicherheitsexperten geben in aller Regel kein gutes Signal, sagt die Korrespondentin, in der Theorie dürfe keiner nach Afghanistan reisen. Gerade als Silke Diettrich vor der Parlamentswahl am 20. Oktober da war, hatten die Taliban Anschläge angekündigt. Man fährt immer mit einem mulmigen Gefühl, sagt sie, ja immer mit einer gehörigen Portion Angst.
Jeder Schritt muss geplant werden
Jeder Schritt, jede Fahrt, jede Übernachtung müssen genau geplant werden, trotzdem läuft man immer Gefahr, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Noch stärker als die ausländischen Korrespondenten sind die afghanischen Kollegen von den Anschlägen betroffen.
Und da Afghanistan immer noch ein Land im Krieg ist und die Taliban wieder mehr als die Hälfte des Territoriums kontrollieren, gibt es auch für die Korrespondenten No-Go-Areas, die sie aus Sicherheitsgründen nicht betreten können. Viele Strecken werden deshalb nicht mit dem Fahrzeug, sondern mit dem Hubschrauber zurückgelegt.
Trotzdem suchen - und finden - die Korrespondenten - immer wieder Möglichkeiten, mit den Menschen im Land direkt zu sprechen.
"Wir bewegen uns unter dem Radar"
Ein wichtiger Punkt für die ausländischen Journalisten in Afghanistan ist, "low profile" unterwegs zu sein, das heißt, sagt Silke Diettrich, "sich unter dem Radar zu bewegen, damit man nicht so auffällt": Also nicht das große gepanzerte Fahrzeug wählen, nicht in die großen Fünf-Sterne-Hotels gehen, die immer wieder Anschlagsorte sind, in der Stadt jeden Tag andere Wege nehmen.
Trotzdem gibt es in Afghanistan keine absolute Sicherheit, es gibt Anschläge nicht nur in der Nähe von Moscheen, sondern auch auf Märkten, vor Krankenhäusern und sogar in Fitnesscentern.
Das Ziel: den Konflikt in Afghanistan "vermenschlichen"
Warum riskiert unsere Korrespondentin Silke Diettrich immer wieder ihr Leben in Afghanistan?
Weil sie glaubt, dass es wichtig ist direkt, mit den - größtenteils sehr jungen - Menschen in diesem Land zu reden und sich nicht nur Videos über sie anzuschauen. Es ist wichtig, ihre Geschichten - die sie gerne erzählen - weiterzuerzählen. Und sie will diesen "Konflikt in Afghanistan vermenschlichen", damit die Nachrichten aus Afghanistan auch immer wieder ein Gesicht bekommen und mehr sind als eine bloße Anschlagsstatistik.