Nawalnys Video ist für Putin gefährlich
22:56 Minuten
Das Video „Palast für Putin“ von Kreml-Kritiker Nawalny wurde nicht nur knapp 100 Millionen Mal geklickt, sondern brachte auch Zehntausende auf die Straßen. Warum löst es gerade jetzt so viel aus? Er ist nicht der Erste, der über Korruption berichtet.
St. Petersburg. Ein Mann betritt einen etwas heruntergekommenen Altbau im Stadtzentrum und klingelt an einer Wohnungstür. Der Mann ist Journalist, Mitarbeiter des russischen Investigativ-Portals "Projekt". Die Szene ist Teil eines Enthüllungsvideos, das das Team vor zwei Monaten veröffentlichte. Der Journalist sucht nach Spuren von Svetlana Krivonogich. In den 90er-Jahren hat sie hier gewohnt. Damals war sie Studentin und verdiente als Putzfrau etwas hinzu. Dann lernte sie Wladimir Putin kennen. 2003 bekam sie eine Tochter und nannte sie Jelisaweta.
"Wir stehen jetzt hier vor dem Standesamt: Hier erhielt Jelisaweta ihre Geburtsurkunde. Nach unseren Informationen ist dort keine Angabe zum Vater enthalten. Nur der Vatersname. Wladimirowna."
"Wir stehen jetzt hier vor dem Standesamt: Hier erhielt Jelisaweta ihre Geburtsurkunde. Nach unseren Informationen ist dort keine Angabe zum Vater enthalten. Nur der Vatersname. Wladimirowna."
Tochter des Wladimir.
Die Rechercheure von "Projekt" haben Fotos der mittlerweile fast erwachsenen Tochter und Wladimir Putins analysieren lassen. Das Gutachten bescheinigt den beiden eine überwältigende Ähnlichkeit. Was die Journalisten aber noch viel mehr interessierte: Svetlana Krivonogich, die Mutter, wurde binnen kürzester Zeit Millionärin. Sie besitzt teure Wohnungen und Anteile an einer der größten Banken Russlands, der "Bank Rossija". Freunde Putins zahlten und machten ihr teure Geschenke wie eine Jacht.
Roman Badanin, Chefredakteur von "Projekt", schließt am Ende des Enthüllungsvideos mit den Worten:
"Hieraus kann jeder seine eigenen Schlüsse ziehen: über die Moral der russischen Führung und über Korruption und Vetternwirtschaft im Kreml."
Nawalnys Video zeigt erstmals Ausmaß des Palastes
Knapp zwei Monate nach der Recherche des Investigativ-Portals veröffentlicht der Oppositionspolitiker Aleksej Nawalny sein Enthüllungsvideo "Ein Palast für Putin". Vieles von dem, was er zeigt, haben Journalisten bereits vor ihm recherchiert, so auch die Geschichte von Svetlana Krivonogich und ihrem plötzlichen Reichtum. Doch eines hat vor Nawalny noch niemand gezeigt: das Ausmaß des Palastes an der Schwarzmeerküste mitsamt seiner prunkvollen Innenausstattung, möglich dank akribischer Recherchen, einer Drohne und 3D-Technik.
"Wir stellen euch den geheimsten Palast Russlands vor, den Palast Putins bei Gelendschik. Hier ist er. Direkt vor euch. Das ist das größte Wohnhaus Russlands. Offiziell 17.500 Quadratmeter. Das ist ein neues Versailles oder eine neue Eremitage."
Nawalnys Team hat Pläne der Innenausstattung ausgewertet, hat Zollerklärungen für Importe der Möbel eingesehen und Fotos analysiert, die Bauarbeiter im Internet veröffentlicht haben. So ist eine Computersimulation entstanden, die die Zuschauer direkt in Putins Gemächer führt. Dazu gehören ein Spielcasino mit Roulettetisch, luxuriöse italienische Möbel, ein Theater, ein plüschiger Klubraum mit kleiner Bühne und Stripstange, Weinberge, eine Austernzucht und "das ist eine italienische Klobürste. Für 700 Euro. Und ein Halter für das Toilettenpapier für 1038 Euro."
Über fast zwei Stunden führt Nawalny den Nachweis, wie Freunde aus Putins Umfeld über Offshore-Firmen den Bau des Palastes mit Milliarden finanzierten.
Formal besitzt Putin den Palast nicht
Der Journalist Roman Schlejnow arbeitet bei "Waschnyje Istorii", einem neuen russischen Investigativ-Medium. Davor war er lange bei der kremlkritischen "Nowaja Gaseta". Schlejnow ist Teil des internationalen Investigativ-Netzwerkes OCCRP, "Organized Crime and Corruption Reporting Project".
"Die Palastrecherche zeigt, wie in Russland ein hochrangiger Beamter vom Niveau eines Präsidenten ein riesiges Vermögen hat, ohne es dabei formal zu besitzen."
Schlejnow hält die Recherchen für seriös. Er hat selbst viel zu Putin und dessen Umfeld gearbeitet und schrieb schon vor zehn Jahren über den Prunkbau. Im Dezember veröffentlichte er einen Artikel über die Reichtümer einer Tochter Putins und ihres Ex-Mannes, der nach der Hochzeit zum jüngsten Milliardär Russlands wurde. Putins damaliger Schwiegersohn erhielt für symbolische 100 US-Dollar Anteile an einem Chemieunternehmen, die in Wirklichkeit Hunderte Millionen Dollar wert waren.
"Zu Sowjetzeiten gab es Kolchosen, kollektive Großbetriebe. Formal gehörten sie niemandem. Es gab keine privaten Eigentümer, alles gehörte dem Staat. Und trotzdem hatten Kolchosvorsitzende oder Menschen aus der Verwaltung die Möglichkeit, diese Ressourcen für eigene Zwecke zu nutzen. Putin ist so ein Kolchosvorsitzender. Formal besitzt er nichts. Sie werden nie ein Dokument mit seinem Namen oder seiner Unterschrift sehen. Er unterschreibt keine Finanzdokumente oder Banküberweisungen, die mit dem Palast verbunden sind. Genau deshalb kann er öffentlich sagen: Ich habe nichts, ich besitze diesen Palast nicht. Formal stimmt das."
"Zu Sowjetzeiten gab es Kolchosen, kollektive Großbetriebe. Formal gehörten sie niemandem. Es gab keine privaten Eigentümer, alles gehörte dem Staat. Und trotzdem hatten Kolchosvorsitzende oder Menschen aus der Verwaltung die Möglichkeit, diese Ressourcen für eigene Zwecke zu nutzen. Putin ist so ein Kolchosvorsitzender. Formal besitzt er nichts. Sie werden nie ein Dokument mit seinem Namen oder seiner Unterschrift sehen. Er unterschreibt keine Finanzdokumente oder Banküberweisungen, die mit dem Palast verbunden sind. Genau deshalb kann er öffentlich sagen: Ich habe nichts, ich besitze diesen Palast nicht. Formal stimmt das."
Nawalny lässt sich davon nicht abschrecken. Für ihn ist es die "Geschichte der größten Schmiergeldzahlung" in Russland. Und Nawalny spitzt zu.
"Das hier ist nicht nur eine Recherche, es ist eine Art psychologisches Porträt: Wir wollen verstehen, wie sich ein gewöhnlicher sowjetischer Offizier in einen Wahnsinnigen verwandelt hat, einen von Geld und Luxus Besessenen, der bereit ist, das Land zu zerstören und zu töten - wegen seiner Schatzkisten. Er ist durch seinen Reichtum und seinen Luxus verrückt geworden."
An solchen Stellen zeigt sich der Politiker Nawalny.
Nawalny nannte Putin schon 2012 einen "Dieb"
Februar 2012. In Russland war Wahlkampf, Putin wollte zum dritten Mal Präsident werden. In Moskau und anderen großen Städten gingen seine Gegner auf die Straße. Es waren die ersten großen Proteste seit Jahren. Schon damals trat Nawalny auf und prägte den Slogan von der Kremlpartei "Einiges Russland" als "Partei der Gauner und Diebe".
"Sie leiden an Fresssucht. So jemand hat immer Hunger. Er hat gefrühstückt und hat Hunger. Er hat Mittag gegessen und hat Hunger. Er hat zu Abend gegessen und ist hungrig. Er hat Öl gegessen und Gas verschlungen, hat Pipelines, Straßen, Bahnhöfe gefressen und immer noch Hunger. Er frisst, frisst und frisst. Putin ist ein Dieb!"
Bei den Protesten sprach auch eine alte Frau. Marina Salje kannte Putin aus den 90er-Jahren in St. Petersburg. Sie saß damals im Stadtparlament, er war Vorsitzender des Außenhandelsausschusses der Stadt. Bei der Kundgebung warf sie Putin vor, in der Stadtverwaltung seine Kompetenzen überschritten und sich bereichert zu haben.
Bereicherte sich Putin 1992 in St. Petersburg?
"Ich will, dass die Angelegenheit Putin, mit der ich mich seit 1992 beschäftige, vor Gericht kommt!"
Die Menge rief: "Putin ins Gefängnis!"
Dem Sender Radio Liberty erklärte Salje einmal, wie Putin vorging.
"In der Stadt gab es keine Lebensmittel. Wir gaben Lebensmittelkarten aus. Wir bekamen Kontingente, um Holz, Öl, Metalle, auch seltene Metalle, zu exportieren – im Tausch gegen Lebensmittel. Die Verträge wurden mit Scheinfirmen abgeschlossen. Die Lizenzen dafür vergab der Ausschuss für Außenhandel. Dessen Vorsitzender war Wladimir Putin. Mal unterschrieb er, mal sein Stellvertreter. Dabei waren sie dazu nicht berechtigt."
Die Rohstoffe gingen ins Ausland, die Gegenleistung versackte in dunklen Kanälen. Zu Ermittlungen kam es nie. Auch davon erzählt Nawalny in seinem Film.
Eine weitere Szene in dem Video. Nawalny zeigt ein Poster mit den Namen und Fotos ehemaliger besonderer Mitarbeiter des Außenhandelsausschusses in St. Petersburg, den Wladimir Putin leitete. Solche Ehrentafeln sind in russischen Behörden weit verbreitet.
Eine weitere Szene in dem Video. Nawalny zeigt ein Poster mit den Namen und Fotos ehemaliger besonderer Mitarbeiter des Außenhandelsausschusses in St. Petersburg, den Wladimir Putin leitete. Solche Ehrentafeln sind in russischen Behörden weit verbreitet.
Es sind bekannte Namen. Und alle machten Karriere. Aleksej Miller ist heute Chef von Gazprom, Igor Setschin leitet den Ölriesen Rosneft.
Vertraute sollen zehn bis 15 Prozent des BIP kontrollieren
Die kremlkritische Wochenzeitschrift "The New Times" hat das Geflecht der Putin-Vertrauten in Russlands Politik und Wirtschaft bereits 2011 namentlich recherchiert. Sie zeigte, dass nicht nur Putins einstige Kollegen im Geheimdienst und in der Petersburger Verwaltung, seine Datschen- und seine Judofreunde an Schaltstellen der Macht gelangten, sondern auch deren Kinder. Die Zeitschrift schätzte damals, der Putin-Clan kontrolliere Aktiva im Wert von zehn bis 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Jelena Panfilova leitete jahrelang Transparency International in Russland und ist jetzt im Beirat der Organisation. Sie glaubt nicht, dass es Wladimir Putin um persönliche Bereicherung gehe.
"Es geht nicht darum, dass jemand etwas unbedingt haben will, einen Palast zum Beispiel. Es ist so: Alle haben einen Palast, also brauche ich auch einen. Alle haben einen Lexus, also muss ich auch einen Lexus haben. Das sind ungeschriebene Regeln. Putin muss keine Anweisungen geben, das tun andere für ihn. Er hat so viele Assistenten und Leute, die nach den gleichen Regeln leben. Die meinen, dass ihm etwas gefallen wird, und ordnen das ohne ihn an. Sie erraten, was er für richtig hält."
Umweltschützer schlugen als erste Alarm
Ein Palast an der Schwarzmeerküste in einem ehemaligen Naturschutzgebiet zählt offenbar dazu. Dementsprechend waren es Umweltschützer, die als erstes Alarm schlugen. Einer von ihnen ist Wiktor Tschirikow von der "Öko-Wache Nordkaukasus". Er beschäftigt sich seit Ende der 80er-Jahre mit Umweltschutz und Menschenrechten.
Viele seiner Mitstreiter haben Angst, mit Journalisten zu reden, sind in den letzten Tagen eingeschüchtert worden.
"Die Bewohner der umliegenden Dörfer haben uns 2005 erzählt, dass dort in großem Umfang seltene Pizunda-Kiefern gefällt wurden. Wir begannen zu recherchieren, und fanden heraus, dass dort eine Straße gebaut wurde. Damals wussten nur die am Bau Beteiligten, was dort entstehen sollte. Alles war geheim."
Erst sechs Jahre später, 2011, bekamen sie eine Ahnung davon, was dort gebaut wurde, erzählt Tschirikow.
"Wir waren vom Umfang geschockt. Wir sind ganz dreist am Kontrollhäuschen gefahren, haben neben diesem Palast gehalten und angefangen, alles zu fotografieren. Dann sahen das die Sicherheitsleute und rannten auf uns zu. Sie umzingelten uns und nahmen uns die Kameras weg. Aber ein paar Sachen konnten wir retten. Mein Kollege Dmitri Schewtschenko versteckte eine wichtige Flashcard in seinen Socken, andere Sachen haben wir in unserem Auto versteckt. Die Bilder haben wir veröffentlicht."
Von Unbekannten verprügelt
Die Männer, die ihnen die Kameras wegnahmen, waren keine privaten Sicherheitsleute:
"Wir fanden raus, wer uns festgenommen hatte. Das war der Geheimdienst."
Vor drei Jahren gelang es Tschirikow und anderen Umweltaktivisten noch einmal, auf das Gelände des Palastes zu gelangen. Er fotografierte erneut, wurde festgenommen und musste alle Bilder löschen. Am selben Abend wurden die Aktivisten von Unbekannten verprügelt.
"Später hat sich rausgestellt, dass das Auto, mit dem die Angreifer kamen, einem Polizisten gehörte."
Einer der Umweltaktivisten musste ins Krankenhaus, Fotos von seiner zertrümmerten Nase sind auch in Nawalnys Video zu sehen.
"Nawalny hat das richtig gut gemacht. Er hat alle Bröckchen gesammelt, die davor Umweltschützer und andere gefunden haben. Das ist alles sehr glaubwürdig, und der Staat muss jetzt ermitteln, oder die Sache zumindest überprüfen."
Der Palast gehört einem engen Freund Putins
Wem das Grundstück und der Palast gehörten, hatten die Umweltaktivisten nicht recherchiert. Doch auch dazu gab es Erkenntnisse seit 2010. Damals packte ein ehemaliger Geschäftspartner eines engen Freundes von Putin aus: Sergej Kolesnikow. Er ging 2010 ins Ausland und nahm Papiere über die Finanzierung des Palastes und Korruption in Putins Umfeld mit. Kolesnikow schrieb einen offenen Brief an den damaligen russischen Präsidenten Medwedew und gab Interviews.
"Der Palast gehört formal einem sehr engen Freund Putins. Der Bau wird von Rosinvest finanziert, einem Unternehmen, bei dem Premierminister Putin Begünstigter von 94 Prozent der Anteile ist. Das Geld für den Palast kam von russischen Oligarchen. Die Menschen müssen die Wahrheit wissen, die Wahrheit darüber, wo die Korruption beginnt."
Doch darüber wurde in Russland nur in wenigen unabhängigen Medien berichtet. Die sind in den vergangenen Jahren immer stärker unter Druck geraten. Die Zeitung RBK war eine der letzten größeren tagesaktuellen Publikationen in Russland, die mit brisanten Artikeln von sich reden machte. 2016 titelte sie:
"Gegenüber vom Putins Palast bei Gelendschik werden bald Austern gezüchtet."
Der Eigentümer der Austernzucht, schrieb RBK, sei mit dem Firmengeflecht um den Palast verbunden. Nach der Veröffentlichung mussten drei Chefredakteure der Zeitung ihren Hut nehmen.
Und trotzdem gibt es immer wieder Journalistinnen und Journalisten in Russland, die diese Risiken eingehen und mutig und hoch professionell weiter recherchieren. Es sind sogar neue Investigativportale entstanden und immer mehr Details über Putins Familie bekannt geworden.
Putin macht sich über Korruptions-Recherchen lustig
Putin selbst hat sich in der Vergangenheit meist über solche Veröffentlichungen lustig gemacht: 2008 zum Beispiel, als er bei einer Pressekonferenz auf westliche Medienberichte über seine angeblichen Besitztümer angesprochen wurde.
"Blödsinn. Das haben sie sich aus der Nase gezogen und auf ihren Papieren verschmiert."
Nach Nawalnys Palast-Video mit inzwischen rund hundert Millionen Aufrufen sah sich Putin genötigt, ausführlicher zu dementieren. Anlass bot eine Videokonferenz mit Studierenden Anfang dieser Woche.
Die Kamera zeigt Russlands Präsidenten an einem großen leeren Schreibtisch. Auf einem riesigen Bildschirm vor ihm sind junge Leute sehen, jeweils drei bis fünf nebeneinander an Tischen. Putin wünscht ihnen Glück, Erfolg, Liebe und zuverlässige Freunde. Einer, Danil Tschemezow, möchte eine persönliche Frage stellen.
Die Kamera zeigt Russlands Präsidenten an einem großen leeren Schreibtisch. Auf einem riesigen Bildschirm vor ihm sind junge Leute sehen, jeweils drei bis fünf nebeneinander an Tischen. Putin wünscht ihnen Glück, Erfolg, Liebe und zuverlässige Freunde. Einer, Danil Tschemezow, möchte eine persönliche Frage stellen.
"Studenten sehen heute nicht fern, unsere wichtigste Informationsquelle ist das Internet. An der Spitze der Videoplattform Youtube steht ein Investigativvideo darüber, dass Sie angeblich einen Palast in Gelendschik haben. Stimmt das?"
Daraufhin Putin:
"Ich habe dieses Video nicht angeschaut, ich habe einfach nicht genügend Zeit dafür. Aber ich habe Videoausschnitte durchgeblättert, die mir meine Assistenten gebracht haben. Nichts von dem, was dort als mein Eigentum aufgeführt wird, gehört mir oder meinen nahen Verwandten oder hat uns je gehört. Niemals."
Palast wurde von Unternehmern aus Putins Umfeld gebaut
Das haben Nawalnys Leute aber auch gar nicht behauptet. Wladimir Aschurkow ist Exekutivdirektor von Nawalnys Anti-Korruptionsstiftung. Er lebt im Exil in London und hat die Entstehung des Videos begleitet.
"Ich glaube, im Moment wäre es nicht möglich, vor Gericht zu beweisen, dass der Palast Putin gehört und eine Form von Schmiergeldzahlung ist. In unserer Enthüllung sagen wir, dass Putin nicht der offizielle Besitzer des Palastes ist. Er wurde von Unternehmern aus seinem Umfeld gebaut, von Geld, das aus Staatsunternehmen und aus dem Staatsbudget gestohlen wurde."
Die Mitarbeiter Nawalnys werten es als großen Erfolg, dass sie den Präsidenten mit ihrem Video dazu gebracht haben, zu reagieren. Putins Sprecher Dmitrij Peskow räumte sogar ein, das Objekt bei Gelendschik gehöre "Unternehmern", "mehreren Menschen, direkt oder indirekt". Der Kreml habe aber kein Recht, ihre Namen zu veröffentlichen, so Peskow.
Für Nawalny würden zwei Prozent der Russen stimmen
Der Journalist Roman Schlejnow ist schon daran gewöhnt, dass die russische Justiz Hinweise auf Elitenkorruption schlichtweg ignoriert.
"Warum sollte es jetzt anders laufen? Wenn Putin alles in Russland kontrolliert?"
Und trotzdem, sagt auch der Journalist Schlejnow, habe Nawalnys Palastvideo großen Wert.
"Es zeigt, dass er als Oppositionspolitiker effektiv und für den Kreml gefährlich ist. Nawalny kann unsere journalistischen Arbeiten zusammenfassen, etwas Neues ausgraben und alles so aufbereiten, dass sich Millionen Menschen in Russland das ansehen. Denn in Russland ist das Fernsehen komplett unter der Kontrolle des Staates, die Zensur ist sehr hart, da sieht man so etwas nicht. In letzter Zeit gibt es dort nicht mal Kritik an Staatsunternehmen. Keine Kritik an Gasprom oder Rosneft, an Putin und Beamten aus seiner Umgebung."
Nawalnys Bekanntheit ist bereits in den letzten Jahren gestiegen. Hatten 2013 knapp 60 Prozent der Befragten noch nie von ihm gehört, waren es im vergangenen Herbst nicht mal mehr 20 Prozent – und das, obwohl sein Name im Staatsfernsehen kaum genannt wurde.
Jeder fünfte Russe befürwortet, was Nawalny tut. Zwar wären nur zwei Prozent bereit, für ihn bei der Präsidentenwahl zu stimmen. Doch das sagt eher etwas über das politische System in Russland aus. Es gibt keine Konkurrenz und keine öffentliche Politik wie in demokratischen Ländern. Mit seinen zwei Prozent liegt Nawalny auf Platz drei der Beliebtheit. Der Abstand zwischen Putin und allen anderen Politikern ist riesig. Doch vorerst geht es Nawalny ohnehin darum, wieder frei zu kommen.