Kosovo ist "eine Erfolgsgeschichte"
Der Außenminister des Kosovo, Enver Hoxhaj, weist Befürchtungen vor einem Machtvakuum nach dem offiziellen Ende der internationalen Überwachung der Souveränität zurück. Die KFOR-Truppen sollten das Land aber erst verlassen, wenn sich die Situation im Norden der Republik verbessert habe.
Jan-Christoph Kitzler: Es gibt einen Plan für das Kosovo nach dem Jugoslawienkrieg. Martti Ahtisaari, der UN-Sonderbeauftragte, hatte sich den ausgedacht vor fünfeinhalb Jahren, und für das Kosovo bedeutete das bisher überwachte Unabhängigkeit. Auch wenn erst 91 der 193 Mitgliedsstaaten der vereinten Nationen das Kosovo als einen eigenen Staat anerkennen, am Montag wird ein weiterer Schritt getan. Dann ist es vorbei mit der Überwachung, das Kosovo wird dann offiziell unabhängig. Aber das Land braucht weiter Hilfe von außen: Die KFOR-Soldaten bleiben weiter im Land – die Truppe wird gerade verstärkt – und versucht, im Norden den Konflikt zwischen Kosovo-Albanern und der serbischen Minderheit zu entschärfen, dort knallt es immer wieder. Und die Polizei- und Justizmission Eulex ist gerade noch einmal verlängert worden. Und allein deshalb stellt sich schon die Frage, wie unabhängig das Kosovo eigentlich ist und wie weit der Weg noch bis zum richtigen Staat. Darüber habe ich mit Enver Hoxhaj gesprochen, dem Außenminister des Kosovo, und meine erste Frage an ihn war, wie wichtig denn der Montag für sein Land ist, der Tag der offiziellen Unabhängigkeit?
Enver Hoxhaj: Am Montag beginnen wir einen neuen Abschnitt unserer Staatsgeschichte, nachdem am Montag die Entscheidung getroffen wird, dass Kosovo nicht mehr von der Internationalen Gemeinschaft überwacht wird. Diese Entscheidung wird das Wesen unserer Staatlichkeit ändern, da wir mehr eine größere Souveränität genießen werden, aber gleichzeitig große Verantwortungen haben werden. Das wird die Wahrnehmungen der Menschen innerhalb Kosovo ändern, wie wir uns wahrnehmen, aber gleichzeitig, wie auch die Internationale Gemeinschaft, Europa, der deutsche Bürger Kosovo sehen werden.
Kitzler: Die Gefahr besteht natürlich auch, dass da, wenn die internationale Überwachung zu Ende geht, dass da ein Machtvakuum entsteht. Ist das so?
Hoxhaj: Nein, gar nicht. In den letzten fünf Jahren, wir waren imstande mit der Unterstützung der europäischen Staaten, Institutionen aufzubauen, eine Regierung implaziert zu haben, die Basis für wirtschaftlichen Aufschwung hier zu legen, das Bildungssystem neu aufzubauen, das Sozialwesen neu aufzubauen, das Gesundheitssystem neu aufzubauen, und es entsteht gar kein Vakuum, sondern es wird hier Institutionen ergeben, die das Land regieren werden und die dafür sorgen werden, dass unseren Menschen nicht nur politisch, sondern vor allen wirtschaftlich, besser geht. Und die einzige Agenda, die Kosovo nach dem nächsten Montag hat, ist der europäische Integrationsprozess.
Kitzler: Wir müssen ja nicht nur über die Unabhängigkeit nach außen sprechen des Kosovo, sondern auch über die Souveränität nach innen. Vor allem im Norden hat es Ihre Regierung immer noch schwer, sich zu etablieren: Der Konflikt dort mit den Serben schwelt weiter. Jetzt wurde die KFOR-Truppe noch mal um 700 Mann verstärkt – man könnte meinen, Stabilität sieht anders aus. Wie sehr steht denn dieser Konflikt einer echten Unabhängigkeit entgegen?
Hoxhaj: In den letzten fünf Jahren, im Rahmen von Umsetzung vom Martti- Ahtisaari-Plan, wir haben das Land praktisch umgewandelt. Heutzutage, Kosovo ist ein multiethnischer Staat mit einer sehr diversen Gesellschaft, und wir waren auch imstande, die Kosovo-Serben, die circa Hunderte Kosovo-Serben, die im Kosovo leben, auf lokaler Ebene, auf zentraler Ebene der Regierung. Es gibt einen Vize-Premierminister, drei Minister in unserer zentralen Regierung, und es gibt sechs Gemeinden, wo die Kosovo-Serben sich selbst verwalten. Gleichzeitig muss ich auch offen ja sagen, dass wir nicht imstande waren, die drei Gemeinden im Norden, sich mit dem Rest vom Kosovo zu integrieren, weil Serbien nicht zugelassen hat, dass jetzt ein solcher Integrationsprozess im Norden geschieht. Und wir sind sehr interessiert, im Herbst dieses Jahres dann auch einen Prozess zu haben, wo wir diese drei Gemeinden mit dem Rest vom Kosovo integrieren, nämlich etwas, was wir innerhalb Kosovos gemacht haben, sollten wir auch im Norden vom Kosovo tun.
Kitzler: Die Serben sind an der Regierung beteiligt, das haben sie gesagt. Auf der anderen Seite gibt es natürlich viele Serben im Land, die sich mit diesem Staat, mit dem Kosovo, nicht anfreunden können. Dort lebt eine Minderheit, die immer wieder es auf Krawall anlegt. Wie optimistisch sind Sie denn, dass die Unabhängigkeit, die es ab Montag gibt, dass die diese Menschen dazu bewegt, sich zu diesem Staat, zum neuen Kosovo zu bekennen?
Hoxhaj: Ich muss sehr klar sagen, dass es nie einen Konflikt zwischen der Regierung der Republik Kosovo und unseren Bürgern im Norden gegeben hat, sondern wir haben eine Situation zwischen Juni 1999 bis zu dem heutigen Tag, wo Serbien versucht hat, durch Polizeieinheiten, durch Sicherheitskräfte und durch Paramilitärs diese drei Gemeinden im Norden zu kontrollieren, und die Bürger dort wurden praktisch als Geiseln genommen, da es denen nicht ermöglicht worden ist, in den letzten 13 Jahren an Wahlen teilzunehmen, an demokratischen Institutionen teilzunehmen. Und wir gehen davon aus, dass es durch einen internen Dialog zwischen der Republik Kosovo und unseren Bürgern im Norden im Rahmen von unserer Verfassung, sollten wir diese Gemeinden integrieren, sie dann eben jene Rechte und Privilegien genießen werden, die keine Minderheit auch innerhalb der Europäischen Union genießt, weil diese Gemeinden dann auch nicht nur mit Kosovo, sondern auch mit der Republik Serbien zusammenarbeiten können.
Kitzler: Der Norden des Kosovo wird ja auch immer wieder als Grund genannt, warum sich Ihr Land wirtschaftlich nicht so richtig entwickelt, wie es eigentlich könnte. Es gibt kaum private Investoren, und das wird darauf zurückgeführt, dass es auch nicht so große Rechtssicherheit gibt und etwas Instabilität, noch mit diesen drei Gemeinden, die Sie angesprochen haben. Der Konflikt ist nicht gelöst, Sie sind hoffnungsvoll, dass es im Herbst passiert, aber heißt das nicht eigentlich auch, dass der Kosovo, solange dieser Konflikt nicht gelöst ist, blockiert ist?
Hoxhaj: Natürlich, jetzt wollen wir wirklich auch einen Prozess beginnen, wie wir diese Gemeinden im Norden dann auch integrieren. Gleichzeitig muss ich sagen, dass Kosovo im Vergleich zu Slowenien, im Vergleich zu Kroatien, zu Bosnien oder Montenegro oder Mazedonien in den letzten fünf Jahren nicht nur Regierungsstrukturen ausgebaut hat, sondern die Basis für alles gelegt hat, was ein moderner Staat braucht, und das haben wir in fünf Jahren gemacht. Und die Tatsache, dass es nach dem Montag nicht mehr einen internationalen Vertreter und nicht einmal eine internationale Organisation hier geben wird, die uns überwachen wird, ist ein Beweis, dass Kosovo eine Erfolgsgeschichte ist. Und natürlich, wir sind nicht imstande alle Fragen, die in den letzten 100 Jahren nicht gelöst worden sind, in fünf Jahren zu lösen.
Kitzler: Natürlich. Die KFOR-Truppen bleiben noch im Land bis auf absehbare Zeit. Auch die Polizei- und Justizmission Eulex ist noch mal verlängert worden bis mindestens 2014. Was erwarten Sie, wie lange braucht das Kosovo noch Hilfe von außen?
Hoxhaj: Diese Soldaten haben in den letzten 13 Jahren nicht nur für Stabilität gesorgt, sondern wir haben Schulen aufgebaut, Spitäler aufgebaut, Häuser aufgebaut, deswegen sind sie sehr im Kosovo willkommen, und die Bevölkerung hat eine sehr positive Stellung gegenüber den Deutschen und anderen internationalen Soldaten. Meiner Meinung nach, wenn die Situation im Norden im Sinne von Integration verbessert wird, dann könnte man auch damit beginnen, wann diese Soldaten das Land verlassen. Jetzt ist nicht die Zeit, weil von der Situation im Nordkosovo hängt die Stabilität innerhalb Kosovo, und es hängt auch gleichzeitig die Architektur der Stabilität in dem ganzen Balkan. Was Eulex ja betrifft, die werden tätig bis Juni 2014 da sein, und das ist eine Unterstützung, die wir sehr nötig haben, weil es ohne Rechtsstaatlichkeit natürlich weder politische Stabilität noch Wirtschaftsentwicklung ergeben kann. Und wir sind sehr dankbar, dass Europäische Union diesbezüglich uns unterstützen.
Kitzler: Enver Hoxhaj, der Außenminister des Kosovo. Haben Sie vielen Dank für das Gespräch! Ich habe gehört, man sagt Faleminderit.
Hoxhaj: Schönen Tag noch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Enver Hoxhaj: Am Montag beginnen wir einen neuen Abschnitt unserer Staatsgeschichte, nachdem am Montag die Entscheidung getroffen wird, dass Kosovo nicht mehr von der Internationalen Gemeinschaft überwacht wird. Diese Entscheidung wird das Wesen unserer Staatlichkeit ändern, da wir mehr eine größere Souveränität genießen werden, aber gleichzeitig große Verantwortungen haben werden. Das wird die Wahrnehmungen der Menschen innerhalb Kosovo ändern, wie wir uns wahrnehmen, aber gleichzeitig, wie auch die Internationale Gemeinschaft, Europa, der deutsche Bürger Kosovo sehen werden.
Kitzler: Die Gefahr besteht natürlich auch, dass da, wenn die internationale Überwachung zu Ende geht, dass da ein Machtvakuum entsteht. Ist das so?
Hoxhaj: Nein, gar nicht. In den letzten fünf Jahren, wir waren imstande mit der Unterstützung der europäischen Staaten, Institutionen aufzubauen, eine Regierung implaziert zu haben, die Basis für wirtschaftlichen Aufschwung hier zu legen, das Bildungssystem neu aufzubauen, das Sozialwesen neu aufzubauen, das Gesundheitssystem neu aufzubauen, und es entsteht gar kein Vakuum, sondern es wird hier Institutionen ergeben, die das Land regieren werden und die dafür sorgen werden, dass unseren Menschen nicht nur politisch, sondern vor allen wirtschaftlich, besser geht. Und die einzige Agenda, die Kosovo nach dem nächsten Montag hat, ist der europäische Integrationsprozess.
Kitzler: Wir müssen ja nicht nur über die Unabhängigkeit nach außen sprechen des Kosovo, sondern auch über die Souveränität nach innen. Vor allem im Norden hat es Ihre Regierung immer noch schwer, sich zu etablieren: Der Konflikt dort mit den Serben schwelt weiter. Jetzt wurde die KFOR-Truppe noch mal um 700 Mann verstärkt – man könnte meinen, Stabilität sieht anders aus. Wie sehr steht denn dieser Konflikt einer echten Unabhängigkeit entgegen?
Hoxhaj: In den letzten fünf Jahren, im Rahmen von Umsetzung vom Martti- Ahtisaari-Plan, wir haben das Land praktisch umgewandelt. Heutzutage, Kosovo ist ein multiethnischer Staat mit einer sehr diversen Gesellschaft, und wir waren auch imstande, die Kosovo-Serben, die circa Hunderte Kosovo-Serben, die im Kosovo leben, auf lokaler Ebene, auf zentraler Ebene der Regierung. Es gibt einen Vize-Premierminister, drei Minister in unserer zentralen Regierung, und es gibt sechs Gemeinden, wo die Kosovo-Serben sich selbst verwalten. Gleichzeitig muss ich auch offen ja sagen, dass wir nicht imstande waren, die drei Gemeinden im Norden, sich mit dem Rest vom Kosovo zu integrieren, weil Serbien nicht zugelassen hat, dass jetzt ein solcher Integrationsprozess im Norden geschieht. Und wir sind sehr interessiert, im Herbst dieses Jahres dann auch einen Prozess zu haben, wo wir diese drei Gemeinden mit dem Rest vom Kosovo integrieren, nämlich etwas, was wir innerhalb Kosovos gemacht haben, sollten wir auch im Norden vom Kosovo tun.
Kitzler: Die Serben sind an der Regierung beteiligt, das haben sie gesagt. Auf der anderen Seite gibt es natürlich viele Serben im Land, die sich mit diesem Staat, mit dem Kosovo, nicht anfreunden können. Dort lebt eine Minderheit, die immer wieder es auf Krawall anlegt. Wie optimistisch sind Sie denn, dass die Unabhängigkeit, die es ab Montag gibt, dass die diese Menschen dazu bewegt, sich zu diesem Staat, zum neuen Kosovo zu bekennen?
Hoxhaj: Ich muss sehr klar sagen, dass es nie einen Konflikt zwischen der Regierung der Republik Kosovo und unseren Bürgern im Norden gegeben hat, sondern wir haben eine Situation zwischen Juni 1999 bis zu dem heutigen Tag, wo Serbien versucht hat, durch Polizeieinheiten, durch Sicherheitskräfte und durch Paramilitärs diese drei Gemeinden im Norden zu kontrollieren, und die Bürger dort wurden praktisch als Geiseln genommen, da es denen nicht ermöglicht worden ist, in den letzten 13 Jahren an Wahlen teilzunehmen, an demokratischen Institutionen teilzunehmen. Und wir gehen davon aus, dass es durch einen internen Dialog zwischen der Republik Kosovo und unseren Bürgern im Norden im Rahmen von unserer Verfassung, sollten wir diese Gemeinden integrieren, sie dann eben jene Rechte und Privilegien genießen werden, die keine Minderheit auch innerhalb der Europäischen Union genießt, weil diese Gemeinden dann auch nicht nur mit Kosovo, sondern auch mit der Republik Serbien zusammenarbeiten können.
Kitzler: Der Norden des Kosovo wird ja auch immer wieder als Grund genannt, warum sich Ihr Land wirtschaftlich nicht so richtig entwickelt, wie es eigentlich könnte. Es gibt kaum private Investoren, und das wird darauf zurückgeführt, dass es auch nicht so große Rechtssicherheit gibt und etwas Instabilität, noch mit diesen drei Gemeinden, die Sie angesprochen haben. Der Konflikt ist nicht gelöst, Sie sind hoffnungsvoll, dass es im Herbst passiert, aber heißt das nicht eigentlich auch, dass der Kosovo, solange dieser Konflikt nicht gelöst ist, blockiert ist?
Hoxhaj: Natürlich, jetzt wollen wir wirklich auch einen Prozess beginnen, wie wir diese Gemeinden im Norden dann auch integrieren. Gleichzeitig muss ich sagen, dass Kosovo im Vergleich zu Slowenien, im Vergleich zu Kroatien, zu Bosnien oder Montenegro oder Mazedonien in den letzten fünf Jahren nicht nur Regierungsstrukturen ausgebaut hat, sondern die Basis für alles gelegt hat, was ein moderner Staat braucht, und das haben wir in fünf Jahren gemacht. Und die Tatsache, dass es nach dem Montag nicht mehr einen internationalen Vertreter und nicht einmal eine internationale Organisation hier geben wird, die uns überwachen wird, ist ein Beweis, dass Kosovo eine Erfolgsgeschichte ist. Und natürlich, wir sind nicht imstande alle Fragen, die in den letzten 100 Jahren nicht gelöst worden sind, in fünf Jahren zu lösen.
Kitzler: Natürlich. Die KFOR-Truppen bleiben noch im Land bis auf absehbare Zeit. Auch die Polizei- und Justizmission Eulex ist noch mal verlängert worden bis mindestens 2014. Was erwarten Sie, wie lange braucht das Kosovo noch Hilfe von außen?
Hoxhaj: Diese Soldaten haben in den letzten 13 Jahren nicht nur für Stabilität gesorgt, sondern wir haben Schulen aufgebaut, Spitäler aufgebaut, Häuser aufgebaut, deswegen sind sie sehr im Kosovo willkommen, und die Bevölkerung hat eine sehr positive Stellung gegenüber den Deutschen und anderen internationalen Soldaten. Meiner Meinung nach, wenn die Situation im Norden im Sinne von Integration verbessert wird, dann könnte man auch damit beginnen, wann diese Soldaten das Land verlassen. Jetzt ist nicht die Zeit, weil von der Situation im Nordkosovo hängt die Stabilität innerhalb Kosovo, und es hängt auch gleichzeitig die Architektur der Stabilität in dem ganzen Balkan. Was Eulex ja betrifft, die werden tätig bis Juni 2014 da sein, und das ist eine Unterstützung, die wir sehr nötig haben, weil es ohne Rechtsstaatlichkeit natürlich weder politische Stabilität noch Wirtschaftsentwicklung ergeben kann. Und wir sind sehr dankbar, dass Europäische Union diesbezüglich uns unterstützen.
Kitzler: Enver Hoxhaj, der Außenminister des Kosovo. Haben Sie vielen Dank für das Gespräch! Ich habe gehört, man sagt Faleminderit.
Hoxhaj: Schönen Tag noch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.