Energie aus dem Sonnenofen
Bei Solarenergie denken viele zuerst an Solarzellen, die Sonnenlicht in Strom umwandeln. Eine andere Technik nutzen allerdings Sonnenwärmekraftwerke. Bei ihnen dient konzentrierte Sonnenstrahlung dazu, Wasser zu verdampfen, um Strom zu erzeugen. Heute vor 40 Jahren wurde in Südfrankreich die erste Pilotanlage eingeweiht.
Odeillo, ein Dorf in den französischen Pyrenäen, unweit der Grenze zu Spanien. 3.000 Stunden im Jahr scheint hier die Sonne. Eine ideale Voraussetzung für ein bemerkenswertes Forschungsgerät: eine Art überdimensionaler Rasierspiegel, groß wie ein achtstöckiges Haus. Es ist ein Sonnenofen, einer der größten der Welt. Der Riesenspiegel bündelt die Sonnenstrahlen auf einen kleinen Fleck. In dem herrschen dann enorme Temperaturen, mehrere tausend Grad: Hält man eine Metallplatte hinein, ist im Nu ein Loch hineingeschmolzen.
"Das hat man zu Beginn vor allem für Materialexperimente verwendet. Unter anderem auch, um Wiedereintrittsbedingungen von Raketen in die Atmosphäre nachzustellen. Da entsteht ja eine sehr große thermische Belastung, wenn eine solche Rakete in die Atmosphäre wiedereintritt", sagt Prof. Robert Pitz-Paal vom Institut für Solarforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Köln.
1968 war der Sonnenofen von Odeillo fertig und diente zunächst der Materialforschung. 1973 aber kam die Ölkrise. Die OPEC drosselte die Förderung, binnen eines Jahres kletterte der Ölpreis auf das Vierfache. Nun dachten die Industriestaaten über Alternativen zum Öl nach.
Die Leistung aber eher mickrig
"Als plötzlich klar war, dieses billige Öl wird nicht für immer verfügbar sein, es kann auch mal knapp sein, da ging es eben um die Suche nach neuen Lösungen. Insofern hat man dann in dieser Versuchsanlage Experimente durchgeführt, einen Prototypen aufgebaut, in dem man eben mit der konzentrierten Strahlung Dampf erzeugt hat, um damit eine Turbine anzutreiben."
Diese Turbine erzeugte dann Strom – das erste Sonnenwärme-Kraftwerk der Welt, am 25. Januar 1977 wurde es eingeweiht. Seine Leistung aber war mickrig, bescheidene 60 Kilowatt. Doch als Kraftwerk war die Anlage auch gar nicht gedacht, sondern als Forschungseinrichtung, sagt Gilles Flamant, der Direktor des Sonnenofens von Odeillo.
"Es gibt Systeme für die Forschung, und es gibt andere für die industrielle Nutzung. Man kann nicht alles gleichzeitig haben, nicht mit unserem Sonnenofen. Aber er ist Teil der Entwicklung zu einem System, das die Kraft der Sonne konzentriert."
Statt eines Riesenspiegels besser viele kleine Spiegel
Die Experimente in Odeillo lieferten manchen Hinweis, wie man solche Kraftwerke am besten zu bauen hatte. So wurde klar, dass man statt eines Riesenspiegels besser viele kleine verwenden sollte, etwa in Form von Parabolrinnen, von verspiegelten Trögen. Bald entstanden größere Versuchskraftwerke, eines ganz in der Nähe von Odeillo.
"Dort hat man gezeigt, dass es eben auch großtechnisch im Megawatt-Maßstab geht, Strom zu erzeugen. Auch an anderen Stellen wurde das ausprobiert. Allerdings mit der Erkenntnis, dass eben diese Art der Stromerzeugung doch noch relativ teuer ist."
Ende der 80er-Jahre wurden in Kalifornien die ersten kommerziellen Anlagen gebaut. In Europa dagegen gingen Sonnenwärme-Kraftwerke erst 2007 ans Netz, vor allem in Spanien.
"Heutzutage haben wir in etwa 100 solarthermische Kraftwerke. Der Preis für den Solarstrom ist in den letzten sieben, acht Jahren deutlich gesunken."
Noch ist Sonnenstrom teurer als der aus Kohle- und Gaskraftwerken
Anders als bei der Fotovoltaik lohnen sich diese solarthermischen Kraftwerke in Deutschland nicht, dafür scheint hier die Sonne zu selten. Interessant ist die Technik für heiße, trockene Regionen, etwa in Nordafrika. Gegenüber Solarzellen haben Sonnenwärme-Kraftwerke einen Vorteil:
"Sie sammeln die Energie ein und führen sie in einen Wärmespeicher. Und dann, wenn der Strom gebraucht wird, dann kann diese Wärmeenergie dort entnommen werden und dient dann zur Stromerzeugung."
Noch aber ist der Sonnenstrom teurer als der aus Kohle- und Gaskraftwerken. Deshalb arbeiten Forscher wie Robert Pitz-Paal daran, die Effizienz zu steigern. Gelingt das, könnte die Technik, die vor 40 Jahren am Sonnenofen von Odeillo erstmals erprobt wurde, in Zukunft durchstarten.
"Ich erwarte in dem Moment, wo es uns gelingt, die Kosten hier tatsächlich auch in ein Niveau zu bringen, indem sie tatsächlich marktfähig sind, einen gewaltigen Boom dieser Technologie. Acht bis zehn Prozent des globalen Strombedarfs könnten durch solarthermische Kraftwerke bereitgestellt werden – unter der Maßgabe, dass wir auf der Welt tatsächlich Klimaschutz ernst nehmen und das Zwei-Grad-Ziel tatsächlich auch einhalten."
Ein Ziel, an dem nach wie vor auch am Sonnenofen von Odeillo gearbeitet wird – bei 3.000 Sonnenstunden im Jahr.