Operieren, wenn Strom da ist
Eine kleine Klinik nur, aber ein wichtiger Schritt für viele Menschen: Der Krieg hat 2014 die meiste medizinische Infrastruktur im Gazastreifen zerstört. Jetzt eröffnet nördlich von Gaza-Stadt endlich eine neues Krankenhaus. Strom gibt es zwar nur stundenweise – die Begeisterung dafür ganztags.
Die Stimmung ist aufgekratzt. Die Ärzte im neuen Indonesischen Krankenhaus nördlich von Gaza-Stadt freuen sich sichtbar auf die offizielle Eröffnung. Auch Eyad Abu Sahad, der Chef der Notaufnahme:
"Wir sind noch dabei, das Krankenhaus in Betrieb zu nehmen. Aber nächste Woche geht es richtig los. Ab dann gilt die strikte Anweisung, nicht ohne Arztkittel und Namensschild zu arbeiten."
Bis dahin trägt Abu Sahad auf dem Krankenhausflur noch seine abgewetzte Lederjacke. Und er erzählt, dass sie in dem neuen Krankenhaus in Jebaliya 110 Betten haben. Das ist wie ein einziges Provinzkrankenhaus für eine Großstadtbevölkerung von 360.000 in der unmittelbaren Umgebung, das ist zu wenig. Aber: Das Haus ist neu, die Geräte auch, und die Intensivstation ist größer als im alten Kamal-Odwan-Krankenhaus, das aufgegeben wurde. Zumindest muss Abu Sahad momentan nur wenig Schwerverletzte aufnehmen:
"Während des Kriegs, wenn bombardiert wird, dann haben wir alle Arten von Verletzungen. Die Raketen unterscheiden eben nicht zwischen Jung und Alt, und die Verletzungen sind am ganzen Körper."
Anderthalb Jahre nach dem Krieg vom Sommer 2014 stellen sich die Ärzte auf einen weiteren Krieg ein. Das sei ihre Aufgabe, sagen sie, für die Verletzten da zu sein. Das Geld für ihre neue Klinik kommt aus Indonesien: neun Millionen Dollar aus Spen-den. Der Indonesier Edy Wahyudi überwacht den Krankenhausbau im Gaza-Streifen schon seit vier Jahren. Die 50 Tage Krieg, sagt er, hätten ihn nicht so mitgenommen wie das ewige Warten:
"Es ist immer schwierig, Güter nach Gaza hineinzubekommen. Besonders die medizinischen Geräte wurden von der israelischen Armee lange überprüft. Auf manches mussten wir drei oder vier Monate warten, es waren auch mal sechs Monate. Das war für uns die größte Schwierigkeit."
Luxus: Springbrunnen und Computertomograph
Auch einen Springbrunnen hat das Krankenhaus spendiert bekommen, wahrer Luxus in Gaza, weil aus dem Wasserhahn nur eine ungenießbare salzige Brühe kommt. Die Räume sind einfach, aber die Indonesier haben einen neuen Computertomographen aus Deutschland beschafft. Und woher kommt dafür der Strom?
"Wir haben für dieses Krankenhaus eine Reserve-Stromversorgung mit einem Notaggregat, sagt der Radiologe Atef Marouf. "Aber wenn der Strom weg ist, müssen wir die Untersuchung für ein paar Minuten unterbrechen. Erst dann arbeiten wir weiter."
Der Radiologe Atef Marouf hat seine Ausbildung in Hamburg absolviert. Er kann sich nicht erinnern, dass dort jemals der Strom ausgefallen wäre. Aber in Gaza haben die Stadtviertel reihum momentan nur zwei oder drei Stunden Strom am Tag. Mit seinem neuen Arbeitsplatz ist Marouf schon ganz zufrieden.
"Es gibt einige Sachen, die besser werden in Gaza. Dieses Krankenhaus haben wir nur durch die Hilfe aus Indonesien bauen können. Allein auf uns gestellt hätten wir das nicht geschafft."
Der abgeriegelte Gaza-Streifen ist angewiesen auf Hilfe von außen - anderthalb Jahre nach dem jüngsten Krieg mehr als je zuvor.