Petition gegen Kliniksterben

Der Weg zum Krankenhaus wird immer länger

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Ein Patient wird aus einem Rettungswagen auf einer Bahre von zwei Männern in roten Overalls in die Notaufnahme eines Krankenhauses gefahren.
Im Notfall schnell ins Krankenhaus: Das klappt mancherorts in Deutschland nicht, weil immer mehr Kliniken schließen. © imago / Jochen Tack
Klaus Emmerich im Gespräch mit Ute Welty · 22.02.2022
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Kein Krankenhaus darf mehr schließen, fordert Klaus Emmerich vom "Bündnis Klinikrettung". Die medizinische Versorgung in Deutschland sei gefährdet. In einer Petition mit 17.000 Unterschriften appelliert das Bündnis an Gesundheitsminister Lauterbach.
Ein Krankenhaus für die medizinische Erstversorgung im Notfall sollte für jeden Bürger und jede Bürgerin in Deutschland innerhalb von 30 Minuten Fahrzeit erreichbar sein, doch das sei bereits heute nicht mehr überall gegeben, sagt Klaus Emmerich. Seit 1991 sei der Bestand deutscher Kliniken bereits um 21 Prozent geschrumpft. Allein in den Jahren 2020 und 2021 hätten trotz Pandemie 29 Krankenhäuser schließen müssen. "Das geht einfach nicht", sagt Emmerich, der bis zu seiner Pensionierung vor zwei Jahren Verwaltungs- und Vorstandschef von zwei kleinen regionalen Krankenhäusern in Bayern war.

Fehlende Notfallversorgung vor Ort

Das häufig vorgebrachte Argument, dass viele Kliniken in ländlichen Regionen nicht ausgelastet seien, lässt Emmerich nicht gelten. Eine Grundversorgung, auch abseits großer Städte und spezialisierter Gesundheitszentren, müsse der Staat gewährleisten: "Wir brauchen ein Basiskrankenhaus, das zusätzlich über eine Notfallversorgung verfügt", sagt Emmerich.

Was nützt uns ein gutes oder sehr gutes Fachklinikum oder eine Universitätsklinik, wenn der Patient auf dem Weg dorthin bereits stirbt?

Klaus Emmerich, ehemaliger Klinikvorstand

Die immer größeren Lücken in der Finanzierung des Gesundheitssystems nennt Emmerich "hausgemacht". Über zwei Hebel könnten aus seiner Sicht in großem Umfang Kosten eingespart werden. Allein die 104 gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland verursachten Verwaltungskosten von elf Milliarden Euro, so Emmerich. Durch eine Einheitskrankenversicherung könnten sie erheblich reduziert werden.

Vergeudung von Geld und Arbeitszeit

Hinzu komme, dass Ärzte und Pflegekräfte in Krankenhäusern mittlerweile 30 Prozent ihrer Arbeitszeit für Dokumentationsaufgaben aufwenden müssten. Würde die Dokumentation auf das medizinisch Notwendige reduziert, ließen sich weitere sieben bis acht Milliarden Euro einsparen, so der Verwaltungsexperte.
Zu den Unterzeichnern der Petition, die weitere Krankenhausschließungen verhindern soll, gehört auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Im Mai 2021, noch vor der Bundestagswahl, unterstützte auch er mit seiner Unterschrift die Forderungen, die das "Bündnis Klinikrettung" nun an sein Ministerium heranträgt. Leider habe Lauterbach in der Vergangenheit aber auch "oft dem Kliniksterben das Wort geredet und kleinen Krankenhäusern verringerte Qualität unterstellt", sagt Emmerich. Wie er heute zu der Frage stehe, müsse der Minister nun beantworten.
(fka)
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