Den Bürgern nur schwer vermittelbar
Die Landkreise in Mecklenburg-Vorpommern sind sowieso schon riesig, trotzdem werden sie immer weiter vergrößert - um Kosten in der Verwaltung zu sparen. Nun leidet bereits die medizinische Versorgung.
Ralph Drescher (CDU) ist seit 2008 Landrat des Kreises Nordvorpommern, der bei der ersten Kreisgebietsreform von 1994 aus drei DDR-Kreisen gebildet worden war. 2011: Die nächste Strukturänderung. Nordvorpommern wird um den vorherigen Landkreis Rügen ergänzt. Dazu um kleine Teile Mecklenburgs und um die bis dahin kreisfreie Stadt Stralsund.
Eine positive Folge: Wo früher zwei, gar drei Kreistage mit regional übergreifenden Kooperationsvorhaben einverstanden sein mussten, könne man heute deutlich schneller entscheiden und handeln.
"Zum Beispiel die Regionalleitstelle für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdient - da haben wir über acht Jahre gebraucht, bis es eine vertragliche Einigung gegeben hat. Das ging damals zwischen der Hansestadt Stralsund, dem Landkreis Nordvorpommern und dem Landkreis Rügen. Da wurde verhandelt. Wir wussten, wir brauchen eine und wir werden auch nur eine bauen können. Der Knoten war erst dann durchschlagbar, weil alle gesagt haben: Wir wollen sie haben, aber sie nicht bezahlen. Als ich dann Landrat wurde, habe ich gesagt, wir bezahlen sie. Aber sie muss nicht unbedingt in Nordvorpommern gebaut werden, sondern sie kann auch in Stralsund, dem zentralen Ort, gebaut werden. Solche Entscheidungen würde man in einem neuen Kreistag ziemlich schnell durchbekommen und es wäre schnell zu lösen."
Hinzu kommen soziale Probleme
Außerdem könne vor allem fachlich sehr spezialisiertes Personal effektiver eingesetzt werden. Ob drei kleine Kreise jeweils einen Angestellten für Abfallrecht beschäftigen oder ob diese drei zu einer großen Kreisbehörde gehören, sei ein erheblicher Unterschied. Denn nun könnten sich die Kollegen im Krankheits- oder Urlaubsfall ersetzen. Aber, so Landrat Drescher:
"Das Positive ist leider schwer erkennbar für den Bürger. Die Kreisgebietsreform sollte finanzielle Engpässe lösen durch billigere Verwaltung. Das tut sie auch. Inzwischen ist Verwaltung effizienter und auch billiger geworden. Es sei denn - das wäre aber auch ohne die Kreisgebietsreform passiert und das ist dazwischen gekommen - es gibt gegenläufige Effekte. Das sind Tarifsteigerungen. Wir haben große Probleme im sozialen Bereich bei uns in der Gegend. Jugendhilfe und Sozialleistungen nehmen einen Großteil an, und das sind steigende Tendenzen."
Nicht zuletzt wegen der Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen, Asylbewerbern und armen EU-Zuwanderern.
"Ja, liebe Mitstreiter von der Bürgerinitiative! Liebe Freunde von der 'Alternative für Deutschland', von der ganz viele hier sind! Liebe Usedomer und Wolgaster! Ihr habt mich in den Landtag gewählt…"
November 2016. Seit einem Jahr ist das Kreiskrankenhaus Wolgast im Landkreis Vorpommern-Greifswald um Geburtshilfe und Kinderstation ärmer. Die Landesregierung hatte befunden: Zu teuer für die 12.300-Einwohner-Stadt und die Insel Usedom. Doch etwa 250 protestierende Bürger wollen immer noch nicht hinnehmen, dass die Wege ausgerechnet zu dieser Art ärztlicher Versorgung deutlich länger geworden sind. Vor allem im touristenreichen Sommer könne es eine kleine Ewigkeit dauern.