Propaganda aus Putins Trollfabrik
Gezielte Falschmeldungen, Provokation im Internet, erfundene Interviewpartner - die Journalistin Gemma Pörzgen erklärt, wie die russische Propaganda im Netz funktioniert.
Darüber, wie die russische Regierung die Medien in ihrem Land lenkt, wurde schon oft berichtet. Beispiele, über die wir im Deutschlandradio Kultur mit der Journalistin Gemma Pörzgen sprachen, zeigen aber, wie perfide insbesondere der Einfluss von Internet-Trollen ist. User füllen mit ihren Pöbeleien die Kommentarspalten von Nachrichtenseiten.
Der Einblick in die Vorgehensweise der Trolle sei der Journalistin Ljudmila Sawtschuk zu verdanken, sagte die Osteuropa-Expertin Pörzgen, die auch Mitglied im Vorstand der Organisation Reporter ohne Grenzen ist. Die russische Kollegin habe investigativ in einer sogenannten Agentur zur Analyse des Internet mitgearbeitet und diese als Troll-Fabrik enttarnt. Die Mitarbeiter dort erhalten demnach ein für russische Verhältnisse passables Honorar und lancieren Kommentare im Sinne des Kreml.
Nicht jeder Troll ist bezahlt und nicht jeder Kritiker ein Troll
Auch deutsche Medien sind konfrontiert mit Manipulationsversuchen aus Russland. So hatte die Deutsche Welle ein Telefon-Interview mit dem Oppositionspolitiker Leonid Wolkow geführt. Später offenbarte der Angerufene sich als ein Putin-Sympathisant, der gezielt Falschmeldungen platzierte und es geschafft hatte, Anrufe an sein Telefon weiterzuleiten und unter falschem Namen Interviews zu geben. "Das ist schon ein krasser Fall von Irreführung", sagte Gemma Pörzgen. Die Deutsche Welle habe mittlerweile reagiert und lasse sich Telefon-Interviews mit Leonid Wolkow anschließend nochmal telefonisch bestätigen.
Gemma Pörzgen vertritt die Ansicht, "Sachkenntnis und Humor ist die beste Waffe" gegen die Propaganda. Das Treiben der Putin-Trolle sei "ein wahnsinnig dubioses Graufeld", deshalb warnt die Journalistin davor, anzunehmen, dass jeder Troll, der - gerade auch in deutschen Medien - provozierende Kommentare und Beschimpfungen hinterlässt, vom russischen Staat bezahlt sei. Sie wünscht sich eine Strategie im Umgang mit den Provokateuren, der ausreichend Raum für Diskussionen mit den Kritikern der Berichterstattung über die russische Politik zulasse.