Krieg als Verkaufsmesse für Waffenhändler
John le Carrés grandioser Roman "Nachtmanager" ist von 1993. Und es geht hier um den älteren George Bush und die erste Invasion des "Westens" in den Irak. Auch zwölf Jahre später ist der ganze vertrackte Stoff des Buches noch immer erschütternd aktuell.
"Weißt du, warum Bush Krieg gegen Saddam geführt hat?" fragt Richard Onslow Roper, Händler aller üblen Dinge, seine Geschäftspartner bei einer Verkaufsshow mitten im südamerikanischen Dschungel. Wegen Öl? Falsch. Geld? Ach was. "Bush hat Erfahrung sammeln wollen", sagt Roper, sagt le Carré. Erfahrung, wie es ist, wenn man mit seinem neuen Arsenal echte Ziele bombardiert, wenn Soldaten unter echten Beschuss geraten. "Hat seine Leute an dem Spielzeug ausprobiert, das er Saddam selbst angedreht hatte, als noch die Iraner die Bösen waren."
John le Carrés grandioser Roman "Nachtmanager" ist von 1993. Und selbstverständlich geht es hier um den älteren Bush und die erste Invasion des "Westens" in den Irak, die von 1991. Aber Ropers Bemerkung ist zwölf Jahre später noch so erschütternd aktuell wie der ganze vertrackte Stoff, den le Carré erzählt.
Die ebenso unglaubliche wie plausible Titelfigur, Jonathan Pine, ist Engländer, Soldat mit Spezialausbildung und etlichen Spezialeinsätzen auf dem Buckel. Zu Beginn des Romans ist er tatsächlich als Nachtmanager in einem Züricher Luxushotel tätig, am Ende wird er halb tot aus karibischen Gewässern geborgen werden. In letzter Minute, dank einer waghalsigen Intrige, denn die letzten verbliebenen anständigen britischen und amerikanischen Geheimdienstleute müssen erst ihre eigenen Chefs und Politiker aus dem Weg räumen, um an Roper heranzukommen und ihren Mann da rauszuholen.
Dazwischen liegen 550 Seiten voller lebendiger Figuren, Plot-Twists, politischer Klugheit und wunderbarem Witz. Roper ist Kopf eines weltweiten Konzerns mit einer brillanten Geschäftsidee. Tausche Waffen gegen Drogen. Drogenbosse haben extremen Bedarf an "Sicherheit" - wer will schon enden wie General Noriega?
Da empfiehlt sich das Neueste und Heißeste, was "der Markt" zu bieten hat. Von Großgerät über Leichensäcke bis zu Fertiggerichten. Dafür sind reale Kriege ideale Verkaufsmessen - und im Gegenzug bietet Roper "problemlose Haus-zu-Haus-Lieferung ihres Produkts zu den aufstrebenden Märkten von Mittel- und Osteuropa". Sprich: Heroin und Kokain via Gdánsk und so weiter.
"Nachtmanager" ist ein mitreißender Parforce-Ritt durch all das, was an "So tickt die Welt" übrig bleibt, wenn man Wunschdenken und Halbwissen die Fluchtwege abschneidet. Nie zynisch, immer von glasklarer, illusionsloser Nonchalance und einem altersweisen Sinn für Menschlichkeiten.
David Cornwell ist in der Tat "ein Schriftsteller, der auch mal Geheimdienstmann war", kein Spion, der unter dem Pseudonym John le Carré ein paar Interna aufgeschrieben hat. Mit diesem Roman hat er, kaum dass die Mauer weg war, wieder einmal bewiesen, dass man ihn schon immer unterschätzt hat, wenn man ihn in die Rubrik "Spionagethriller/Kalter Krieg" sortieren wollte. Dafür, diesen großen Erzähler mit einer Gesamtausgabe zu würdigen, darf man auch dem Verlag ein Kompliment machen.
John le Carré: Der Nachtmanager
Übersetzt von Werner Schmitz
List Verlag, April 2005
559 Seiten
John le Carrés grandioser Roman "Nachtmanager" ist von 1993. Und selbstverständlich geht es hier um den älteren Bush und die erste Invasion des "Westens" in den Irak, die von 1991. Aber Ropers Bemerkung ist zwölf Jahre später noch so erschütternd aktuell wie der ganze vertrackte Stoff, den le Carré erzählt.
Die ebenso unglaubliche wie plausible Titelfigur, Jonathan Pine, ist Engländer, Soldat mit Spezialausbildung und etlichen Spezialeinsätzen auf dem Buckel. Zu Beginn des Romans ist er tatsächlich als Nachtmanager in einem Züricher Luxushotel tätig, am Ende wird er halb tot aus karibischen Gewässern geborgen werden. In letzter Minute, dank einer waghalsigen Intrige, denn die letzten verbliebenen anständigen britischen und amerikanischen Geheimdienstleute müssen erst ihre eigenen Chefs und Politiker aus dem Weg räumen, um an Roper heranzukommen und ihren Mann da rauszuholen.
Dazwischen liegen 550 Seiten voller lebendiger Figuren, Plot-Twists, politischer Klugheit und wunderbarem Witz. Roper ist Kopf eines weltweiten Konzerns mit einer brillanten Geschäftsidee. Tausche Waffen gegen Drogen. Drogenbosse haben extremen Bedarf an "Sicherheit" - wer will schon enden wie General Noriega?
Da empfiehlt sich das Neueste und Heißeste, was "der Markt" zu bieten hat. Von Großgerät über Leichensäcke bis zu Fertiggerichten. Dafür sind reale Kriege ideale Verkaufsmessen - und im Gegenzug bietet Roper "problemlose Haus-zu-Haus-Lieferung ihres Produkts zu den aufstrebenden Märkten von Mittel- und Osteuropa". Sprich: Heroin und Kokain via Gdánsk und so weiter.
"Nachtmanager" ist ein mitreißender Parforce-Ritt durch all das, was an "So tickt die Welt" übrig bleibt, wenn man Wunschdenken und Halbwissen die Fluchtwege abschneidet. Nie zynisch, immer von glasklarer, illusionsloser Nonchalance und einem altersweisen Sinn für Menschlichkeiten.
David Cornwell ist in der Tat "ein Schriftsteller, der auch mal Geheimdienstmann war", kein Spion, der unter dem Pseudonym John le Carré ein paar Interna aufgeschrieben hat. Mit diesem Roman hat er, kaum dass die Mauer weg war, wieder einmal bewiesen, dass man ihn schon immer unterschätzt hat, wenn man ihn in die Rubrik "Spionagethriller/Kalter Krieg" sortieren wollte. Dafür, diesen großen Erzähler mit einer Gesamtausgabe zu würdigen, darf man auch dem Verlag ein Kompliment machen.
John le Carré: Der Nachtmanager
Übersetzt von Werner Schmitz
List Verlag, April 2005
559 Seiten