"Das wird sich nicht auf ein Jahr begrenzen lassen"
Hans-Peter Bartels (SPD) ist Wehrbeauftragter und bezieht im Tacheles-Interview Stellung zum jüngst beschlossenen Einsatz von Tornados in Syrien. Er spricht über das Risiko für die Piloten, warum ein Weggucken keine Lösung gewesen wäre und ob Deutschland nun mit Anschlägen rechnen muss.
Die Entsendung von Einheiten der Bundeswehr in den Kampf gegen den Islamischen Staat markiert das Ende einer selbstauferlegten militärischen Zurückhaltung in Nahost. Wird Deutschland in einen regelrechten Krieg hineingezogen? Wie gefährlich ist der Einsatz für die Truppe? Ist die Bundeswehr personell und materialtechnisch dafür gerüstet? Wie kann und muss der Terror im Inneren bekämpft werden? Welche Rolle kann und soll die Bundeswehr dabei spielen? Wie ist es um Moral und Selbstverständnis der Soldaten bestellt?
Lesen Sie hier das gesamte Interview im Wortlaut:
Deutschlandradio Kultur: Mein Gesprächspartner ist heute der Mann, der im Auftrag des Deutschen Bundestages über die Einhaltung der Grundrechte der Soldatinnen und Soldaten sowie der Grundsätze der inneren Führung bei der Bundeswehr wacht, der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels von der SPD, den ich recht herzlich begrüße.
Hans-Peter Bartels: Guten Tag.
Deutschlandradio Kultur: Herr Bartels, vielen Dank zunächst einmal, dass Sie uns hier in Ihren Räumlichkeiten in der Neustädter Kirchstraße empfangen. Und Sie kommen aus dem Bundestag, der ja jetzt die Beteiligung der Bundeswehr an dem von Frankreich zum Krieg gegen den Islamischen Staat erklärten Einsatz in Syrien beschlossen hat. – Sechs Tornadoaufklärer, eine Fregatte, Betankungsflugzeuge und bis zu 1.200 Soldatinnen und Soldaten werden zunächst für ein Jahr bereitgestellt.
Steht hier der Symbol- und der Solidaritätscharakter mehr im Vordergrund als der eigentliche militärische Nutzen?
Hans-Peter Bartels: Das ist auch eine Aktion, die Solidarität mit Frankreich beweisen soll. Es ist auch ein Zeichen der internationalen Verbundenheit in einem gemeinsamen Kampf der zivilisierten Welt gegen diese totalitäre Bedrohung, aber natürlich soll das schon auch einen militärischen Nutzen haben. Also, wenn solche Aufklärungsflugzeuge Ergebnisse bringen, dann dienen diese Ergebnisse zur Zielidentifikation am Boden.
Deutschlandradio Kultur: Wie notwendig ist aber dieser Einsatz? Denn es gibt ja Militärexperten, die behaupten, die Drohnen der Amerikaner könnten eine viel bessere Aufklärung machen, und dass eben Piloten der Bundeswehr, die in den Tornados sitzen, praktisch auch zum Zielobjekt für Luftabwehrraketen eben der Rebellen werden könnten und somit hier ein unnötiges Risiko eingegangen wird.
Hans-Peter Bartels: Niemand muss sich Illusionen machen, dass dies auch ein gefährlicher Kampfeinsatz ist. Also, die Tornadopiloten sind dem gleichen Risiko ausgesetzt wie etwa beim Einsatz des gleichen Mittels, der Aufklärungstornados in Nordafghanistan, was wir vor einigen Jahren hatten. Aber ich glaube, es ist schon zusätzlich nützlich. Mit diesem Mittel in großer Fläche, mit großer Geschwindigkeit Bilder zu bekommen, das ist was anderes als die langsam fliegenden Drohnen der Amerikaner.
Dass dieser Beitrag eben nur ein Teil des militärischen Engagements in der Region ist, ist klar. Also, andere sind da mit großen Truppenteilen, also, die Amerikaner mit einer dreistelligen Zahl von Flugzeugen, die Franzosen, die Briten, die Dänen und viele andere Nationen, auch arabische Staaten fliegen ja schon seit geraumer Zeit Luftangriffe dort. Also, Deutschland beteiligt sich. Es ist ein Beitrag. Es ist nicht die Mission.
"Der Schwerpunkt des deutschen Engagements liegt noch in der Diplomatie"
Deutschlandradio Kultur: Aber es ist doch wieder so ein Beitrag, ja, aber, mit angezogener Handbremse. Warum nicht gleich dann Fighter, Kampfjets einsetzen?
Hans-Peter Bartels: Also, unter den Gesichtspunkten der Praktikabilität, Kampfflugzeuge sind genug in der Region. Die Fähigkeit, um die man in dem Bündnis gebeten hat, war offenbar, zusätzlich Aufklärung, auch Luftbetankungsfähigkeit, damit Flugzeuge länger in der Luft bleiben können.
Aber man muss sich auch da nichts vormachen. Das ist der militärische Arm dieser Doppelstrategie gegen IS. Der andere ist die diplomatische Lösung, ist die Verhandlungslösung zwischen den sehr unterschiedlichen Konfliktparteien am Boden in Syrien und in der Region, die ja zum Teil Paten dieses Bürgerkriegs gewesen sind. – Beides muss geschehen. Und ich glaube, der Schwerpunkt des deutschen Engagements liegt eher noch in der Diplomatie, wenn wir uns erinnern, was Frank-Walter Steinmeier und Angela Merkel an Reisediplomatie hinter sich gebracht haben, um überhaupt diese Wiener Konferenz zustande zu bringen.
Deutschlandradio Kultur: Das war ja ein Hauptkritikpunkt auch der Opposition, Herr Bartels, dass es eben hier einen Einsatz gibt, wo das Ende erstens nicht absehbar ist und zweitens wo kein politisches Ziel und Konzept erkennbar ist, ähnlich wie bei den Interventionen im Irak durch die Amerikaner, wo wir uns nicht beteiligt haben gemeinsam mit den Franzosen, und ähnlich wie in Afghanistan, wo wir jetzt ja auch demnächst das Bundeswehrkontingent statt abzuziehen, wieder aufstocken.
Hans-Peter Bartels: Man kann den inneren Zwiespalt nicht weg definieren, aber man muss eben durch Handeln auflösen, weil Nichtstun zwar eine Alternative wäre, aber sicher nicht die beste für diejenigen, die im Moment darunter leiden, dass der IS vorrückt.
Deutschlandradio Kultur: Der französische Präsident war sehr schnell, am 14. November direkt nach den Attentaten von einem Krieg zu sprechen. – Ist das eigentlich auch Ihr Verständnis, Ihre Definition von einem Krieg? Denn Frankreich wurde ja von vier Staatsbürgern seines eigenen Landes angegriffen. Vier der Terroristen waren französische Staatsbürger, zwei Belgier und zwei mutmaßlich Syrer.
Aber war das ein Angriff in dem Sinne, dass den Ausdruck Krieg rechtfertigt?
Hans-Peter Bartels: Ich glaube, es gibt hier einen unterschiedlichen Sprachgebrauch, ein unterschiedliches Verständnis dessen, was Krieg ist in etwa der angelsächsischen Welt oder auch Frankreich und bei uns. Es ist zweifellos ein Kampf gegen den dschihadistischen Terror, der übrigens nicht nur von IS, aber in diesem Fall besonders von IS in Syrien und im Irak ausgeht. Dann ist es ist ein Kampf, der einen Kampfeinsatz erfordert. Mit zwischenstaatlichem Krieg hat das nichts zu tun. Also, wäre Deutschland im Krieg, dann wäre übrigens die Bundeskanzlerin die Oberbefehlshaberin der Bundeswehr.
Deutschlandradio Kultur: Dann wäre die Bundeskanzlerin die Oberbefehlshaberin. Sie ist es nicht. Die Verteidigungsministerin führt die Geschäfte und hat sogar Gedankenspiele in die Diskussion gebracht, dass man, da man ja langfristig bei einer Lösung auch auf Bodentruppen angewiesen sein könnte oder ist, mit den Truppen des Diktators Assad in Syrien zusammen kooperieren könnte.
Man verbündet sich also mit dem Schlächter, der maßgeblich am Massaker an seinem eigenen Volk beteiligt ist.
Hans-Peter Bartels: Das ist, wenn ich es richtig verfolgt habe, ja auch wieder ausgeräumt worden von Frau von der Leyen und von anderen Rednern der Union. Was aber richtig bleibt, ist, dass die Lösung, wie sie im Irak gewählt wurde 2003 nach der amerikanischen Intervention, an der sich Deutschland nicht beteiligt hat, die Lösung, die irakische Armee einfach aufzulösen und in Trümmer zu zerlegen, gegen die man dann später wieder kämpfen kann, also, dass das keine Lösung für Syrien ist, glaube ich, sollte klar sein.
Also, wenn es eine Übergangsregierung, wenn es ein Regime nach Assad gibt, heißt das nicht, dass die syrische Armee dann sozusagen eben auch verschwunden wäre.
"Das geht nie allein aus der Luft"
Deutschlandradio Kultur: Aber Sie sind auch der Meinung, Herr Bartels, dass man ohne Bodentruppen letztendlich den IS vor Ort eigentlich nicht bezwingen kann oder zumindest nicht die bombardierten Gebiete zurückerobern kann.
Hans-Peter Bartels: Absolut. Das geht nicht allein aus der Luft. Das geht nie allein aus der Luft. Wir sehen es im Nordirak, wo Deutschland sich besonders engagiert bei der Ausrüstung der kurdischen Peschmerga-Kämpfer und der Ausbildung dieser Kämpfer. Damit ist es gelungen, Hilfe zur Selbsthilfe, diese Truppen so stark zu machen, dass sie IS zurückdrängen können, dass sie Dörfer und Städte wieder befreien können, zuletzt Sindschar, in ihrem eigenen Interesse. Sie kämpfen für ihre eigenen Familien, für ihr eigenes Land und in diesem Fall freundlicherweise auch für andere Minderheiten, wie Christen und Jesiden im Nordirak, die sich in diese Region geflüchtet haben.
Also, es braucht den Einsatz am Boden. Es ist aber gut, wenn dieser Einsatz von denen geleistet wird, die für ihre eigene Zukunft kämpfen.
Deutschlandradio Kultur: Herr Bartels, Sie haben ganz bewusst jetzt auch gesagt, die Kurden kämpfen für ihr eigenes Land. Das ist ja sicher nicht der Irak und das ist sicher nicht Syrien, sondern die Kurden streben nach einem unabhängigen eigenen Staat. Deshalb werden sie vom türkischen Präsidenten Erdogan und von der Türkei bekämpft. – Wie passt das alles zusammen?
Wir bauen auf die Türkei als einem Partner beim Kampf gegen den IS. Gleichzeitig wissen wir, dass es da offenbar eine sehr laxe Haltung über Jahre gegeben hat, möglicherweise sogar Verbindungen. Der russische Präsident behauptet sogar, der Erdogan-Clan sei in die Ölgeschäfte des Islamischen Staats verwickelt. – Begeben wir uns hier nicht in ein unkalkulierbares Risiko mit diesem Einsatz?
Hans-Peter Bartels: Es ist eine sehr schwer überschaubare Gemengelange dort, in der ja fast die gesamte Weltpolitik involviert ist. Am Verhandlungstisch in Wien sitzen viele Mächte, Regionalmächte, Iran, Saudi Arabien, die Türkei, die USA und Russland, auch China ist dabei. Also, es fehlt eigentlich nur noch Nordkorea, damit alle die, die irgendwie konflikthaft in den Krisen der Welt engagiert sind, auch in diesen Verhandlungen sich beteiligen.
Aber mal Ironie beiseite: Das ist extrem schwierig zu lösen. Und die Lage wird nicht nur von den jeweiligen Kämpfern am Boden bestimmt, sondern auch von denen, die hinter ihnen stehen außerhalb der unmittelbaren Konfliktregion.
Für die Kurdenregion im Nordirak gilt allerdings, das ist heute schon ein autonomes Gebiet mit einer nach wie vor Bagdad unterstehenden, aber sehr autonom handelnden kurdischen Zentralregierung – wiederum nicht identisch mit der PKK in der Türkei. Also, es gibt unterschiedliche Strömungen auch in dieser sehr großen Bevölkerungsgruppe der Kurden, die sich ja über mehrere Staaten erstreckt. Und interessanterweise sind die politischen Parteien im Nordirak auch wiederum nicht verfeindet mit der türkischen Regierung, sondern erhalten von dort eher Unterstützung. Also, es ist komplex, selbst innerhalb des Lagers der Kurden.
Deutschlandradio Kultur: Aber mittel- oder langfristig wird man wohl an einem unabhängigen Kurdenstaat in dem Gebiet oder einer generellen Neuordnung der Staatenordnung in der Region nicht vorbeikommen.
Hans-Peter Bartels: Wenn man mal schaut, wie das zustande gekommen ist in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, wie dort also aus ehemaligen osmanischen Provinzen neue Staaten zusammengesetzt wurden, dann könnte man vielleicht heute auf die Idee kommen, dass man das auch alles wieder rückabwickeln kann. Andererseits, das könnte einen Dominoeffekt haben für viele andere Regionen, die gar nicht so unterschiedlich zusammengesetzt sind. – Bis hin nach China, ein Volk von über einer Milliarde Menschen, aber es ist nicht ein Volk. Es sind viele Völkerschaften, die da unter einem Dach sind, wo ich nicht glaube, dass jemand im Westen das Bestreben hätte, an einer Neuordnung in der Region beteiligt zu sein oder etwa die Konflikte, die sich aus der Auflösung von einer alten Ordnung ergeben.
Aber ich weiß es nicht. Ich glaube, heute redet niemand, bevor es nicht eine Lösung des militärischen Konflikts in diesen Ländern, des Bürgerkriegs gibt, bevor nicht IS zerschlagen ist, darüber, dass man Grenzen neu zieht. Das ist kein Ziel. Und Autonomie, Föderalismus könnte ein guter Kompromiss sein. In Deutschland haben wir diesen Kompromiss gewählt und er funktioniert sehr gut. Deutsche Kleinstaaterei ist am Ende sozusagen in einer deutschen Republik, in einem demokratischen Staatswesen aufgegangen, aber wir haben das über Jahrhunderte auch in anderer Organisationsform gehabt.
Insofern hoffe ich, dass man mit Autonomieregelungen, wenn es denn den Frieden dort gibt, weiter kommt als mit der Diskussion über neue Grenzen, die wieder neue Konflikte aufmachen könnte.
"Auch Weggucken kann mitschuldig machen"
Deutschlandradio Kultur: Wie lange glauben Sie, dass der Kampf oder Krieg gegen den Islamischen Staat dauert, bis man wirklich Fortschritte hat? Und wird es wirklich vermeidbar sein, deutsche Bodentruppen dorthin zu entsenden oder Bodentruppen auch westlicher Nationen?
Hans-Peter Bartels: Der amerikanische Präsident Obama hat vor drei Wochen das Richtige dazu gesagt. Eben mit Blick auf die Intervention im Irak seines Vorgängers Bush sagt er, wenn wir das nochmal machen würden, wir wissen doch, was das Ergebnis ist. Wir haben das schon gesehen. Insofern Intervention von außen zur Beilegung eines Konflikts halte ich für unrealistisch.
Was nach einem Konflikt passiert, also, wenn es darum geht zu stabilisieren und dann vielleicht eine UNO-Truppe da reingeht und wer sich daran beteiligt, ist völlig offen. Aber es ist zunächst mal kein Königsweg, dass der Westen eine weitere Intervention startet. Wir haben das in Libyen gesehen. Wir haben es im Irak gesehen. Afghanistan ist bei weitem noch nicht der Erfolg, den wir uns gewünscht haben. Wir sehen aber auch, das Nichtintervenieren in Syrien über drei Jahre, im vierten Jahr gab's dann die Luftschläge der Koalition, also, das Nichtintervenieren ist auch keine tolle Lösung. Auch das Weggucken kann mitschuldig machen.
Deutschlandradio Kultur: Sie sehen aber, dass es ein längerfristiger Einsatz auch für die Bundeswehr wird?
Hans-Peter Bartels: Das wird sicher keine Sache, die sich auf ein Jahr begrenzen lässt. Die Bundestagsmandate werden immer für ein Jahr erteilt, damit der Bundestag dann wieder Gelegenheit hat, darüber zu diskutieren. Das, glaube ich, ist für die demokratische Öffentlichkeit wichtig, aber das heißt nicht, dass es nur ein Jahr dauert.
Deutschlandradio Kultur: Ist eigentlich die völkerrechtliche Grundlage für diesen Einsatz eine richtige? Denn man kann ja einmal bezweifeln, dass es wirklich ein Krieg ist. Es ist ein Kampf gegen Terror. Und bräuchte man nicht eine regelrechte UNO-Resolution, die diesen Kampfeinsatz rechtfertigt?
Hans-Peter Bartels: Die UNO fordert ja ihre Mitgliedsstaaten durch Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen – alle notwendigen Maßnahmen. Und das schließt militärische Maßnahmen ein.
Deutschlandradio Kultur: Dennoch hat man so den Eindruck, hier wurde eine Krücke mit mehreren Komponenten auf rechtlicher Basis konstruiert, indem man nun auch den europäischen Verteidigungsfall nach Art. 42 (7) des Lissabonner Vertrags durch Frankreich hat anrufen lassen, das heißt also, den Beistandsfall sozusagen, obwohl Sie selbst ja vorhin noch gesagt haben, es ist ein Kampf gegen den Terror und eigentlich kein richtiger Krieg.
Hans-Peter Bartels: Ja, aber der Artikel 42 spricht auch nicht von Krieg. Also, Beistand, um Sicherheit wieder herzustellen, um die Sicherheit Frankreichs, ich glaube, da fühlen wir mit den Franzosen, ist durch die Anschläge in Paris massiv beeinträchtigt worden. Frankreich fühlt sich angegriffen und Deutschland wie andere europäische Staaten auch leistet hier einen Beitrag, der allerdings von jeder Nation selbst definiert wird.
"Es ist eine gefährliche Mission, die ansteht im Norden Malis"
Deutschlandradio Kultur: Herr Bartels, es ist ja nicht nur der Einsatz in Syrien, sondern es ist ja auch beschlossen worden, dass man den Einsatz der Bundeswehr in Mali aufstockt, also, von derzeit rund 210 Bundeswehrsoldaten, die vornehmlich Ausbildungsarbeiten erledigen, um 650. – Ist das nicht der viel gefährlichere Einsatz?
Hans-Peter Bartels: Auch das ist eine gefährliche Mission, die dort ansteht im Norden Malis. Die Bundeswehr soll sich beteiligen an der UNO-Mission MINUSMA, die seit einiger Zeit schon dort Konfliktparteien trennen soll. Das ist kein Kampfauftrag. Also, sie soll nicht den Frieden erzwingen. Es gibt einen Friedensschluss von Algier. Alle, die da am Tisch gesessen haben, sollten sich an die Vereinbarung halten. Um das abzusichern, wird auch die Bundesrepublik mit einem Bundeswehrkontingent einen Beitrag leisten in einer Region, wo heute auch unsere holländischen Freunde schon stationiert sind. Aber im Wesentlichen ist das eine von afrikanischen Staaten getragene Mission. Die Vorläufermission war von ECOWAS, der Westafrikanischen Union, dann umgewandelt in eine Mission der Afrikanischen Union.
Jetzt ist es eine UNO-Mission mit einem europäischen Beitrag. Und ich glaube, es liegt auf der Linie, die in Deutschland seit ein, zwei Jahren vertreten wird, dass wir die UN auch stärken wollen, die UN als die Institution, die Völkerrecht nicht nur setzen, sondern auch durchsetzen können soll.
Deutschlandradio Kultur: Jetzt bin ich mal ganz frech und behaupte, die deutschen Soldaten sichern auch französische nationale Interessen in der Region, weil dort die Haupturanvorkommen für die Atomwirtschaft Frankreichs liegen.
Hans-Peter Bartels: Nein, wir sehen ja, was für eine Sicherheitsbedrohung Terrorismus im Norden Malis spielt, der auch den Rest des Landes, den Süden betrifft, also, ethnisch anders aufgebaut, schwarz-afrikanisch, der Norden eher gemischt arabisch-schwarz-afrikanisch, mit einer anderen Form des Islam, der dort missioniert wird von der arabischen Halbinsel ausgehend – alles problematisch.
Also, es gibt dort eine dschihadistische, sich ausbreitende Bedrohung. Der Frieden von Algier ist ein Hoffnungsschimmer, also dass man jedenfalls die redebereiten, die kompromissbereiten Konfliktparteien wieder zusammenbringt und die Integrität des malischen Staates aufrechterhalten kann.
Deutschlandradio Kultur: Und um den Zugang zum Uran erhält...
Hans-Peter Bartels: Das ist kein Selbstgänger. Nein, der Zweck dieser UNO-Mission ist, den Terror vom Süden des Landes, aber auch von uns fernzuhalten, was übrigens ein Ziel auch anderer Antiterrormissionen – Afghanistan, Nordirak – gewesen ist. Und wir können in Deutschland ja von Glück sagen, dass wir bisher verschont geblieben sind. Wir haben uns im Ausland eingesetzt, um sozusagen Bewegungen dort zu binden und zurückzudrängen und zu besseren Verhältnissen beizutragen.
Wir müssen auch sehen, dass das eine Bewegung im Weltmaßstab ist. Die hat nichts mit Ressourcenkonflikten zu tun. Das ist eine ideologische Bewegung.
"Der Anschlag von Paris zeigt, wie sehr nicht nur Frankreich gemeint war"
Deutschlandradio Kultur: Sehen Sie denn eine erhöhte Terrorgefahr jetzt auch in Deutschland durch den Einsatz der Bundeswehr?
Hans-Peter Bartels: Ich glaube, das ändert sich nicht wesentlich. Deutschland ist immer schon im Fadenkreuz gewesen des Terrorismus. Es hat Versuche gegeben, Anschläge zu begehen. Die sind Gott sei Dank entweder aufgedeckt worden rechtzeitig durch die gute Arbeit unserer Dienste. Oder wir haben Glück gehabt, weil was nicht geklappt hat auf Seiten der Terroristen. Aber wir hätten auch die letzten zehn Jahre betroffen sein können von so einem Anschlag.
Und der Anschlag von Paris zeigt ja auch, wie sehr also nicht nur Frankreich gemeint war. Man hat sich ausdrücklich dieses deutsch-französische Freundschaftsspiel ausgesucht. Und wären die Attentäter dort ins Stadion gelangt, dann hätte es auch andere Tote gegeben.
Deutschlandradio Kultur: Herr Bartels, Sie haben vorhin gesagt, es ist ganz wichtig, eben auch diese diplomatische Initiative weiter zu verfolgen, und dass da die Bundesrepublik ganz besonders aktiv sei.
Sollte man nämlich dann nicht auch ganz systematisch mal gegen Saudi Arabien, gegen Katar über ökonomische Sanktionen nachdenken oder zumindest über einen Stopp einer Waffenlieferung an diese Länder, denen man ja eine enge Verbindung zum Islamischen Staat nachsagt?
Hans-Peter Bartels: Ich halte Saudi Arabien seit vielen Jahren mindestens für auch einen Teil des Problems, nicht nur einen Teil der Lösung. Saudi Arabien beteiligt sich ja an jeder Koalition gegen Terror. Aber aus Saudi Arabien heraus und auch aus anderen Staaten der arabischen Halbinsel heraus werden nach Erkenntnissen westlicher Nachrichtendienste Terrororganisationen finanziert. Die ideologische Grundlage des Wahhabismus ist eine, die für IS wichtig ist. Also, das wäre auch eine Aufgabe sozusagen der saudischen Gesellschaft dafür zu sorgen, sich so eindeutig damit auseinanderzusetzen, dass hier nicht Geld und Ideologie in einem Land ein Regime stabilisieren, im anderen Land den Terror finanzieren.
Deutschlandradio Kultur: Aber wir können dem doch nachhelfen, indem wir zum Beispiel mal keine Leopard-Panzer mehr verkaufen oder indem wir sogar Wirtschaftssanktionen verhängen.
Hans-Peter Bartels: Nun gibt's auch keine Leopard-Lieferungen an Saudi Arabien. Seit 30 Jahren ist das in der Diskussion, also seit den Zeiten von Bundeskanzler Helmut Schmidt, hat's dann am Ende nie gegeben, finde ich auch absolut richtig.
Deutschlandradio Kultur: Aber an Katar.
Hans-Peter Bartels: Also, Saudi Arabien ist kein Land, das wir militärisch ausrüsten sollten. Und Katar ist durchaus ähnlich ideologisch zu sehen wie Saudi Arabien.
Deutschlandradio Kultur: Also, ich resümiere noch mal: Sie plädieren für einen Lieferstopp von Waffen an Saudi Arabien und Katar?
Hans-Peter Bartels: Für eine extrem restriktive Politik. Und das erste Land, wo ich sagen würde, da muss gar nichts hin geliefert werden, ist Saudi Arabien.
Deutschlandradio Kultur: Herr Bartels, sprechen wir mal über die Kapazitäten der Bundeswehr. Denn gerade dieser Tage kamen erschreckende Zahlen ans Licht, dass eben von den Tornados, von denen wir jetzt sechs auch nach Syrien schicken, nur 44 Prozent einsatzbereit sind. Von den ganzen Kampfjets und auch von den Transportmaschinen, den Transall, ist etwa nur jede zweite flugbereit.
Zielgröße der Bundeswehr ist 70 Prozent. Wo hakt es? Ist da in der Vergangenheit wirklich Schindluder getrieben worden?
Hans-Peter Bartels: Na, die Zahlen sind ja noch schlechter.
Deutschlandradio Kultur: Hubschrauber nur 25 Prozent.
Hans-Peter Bartels: Ja, da hat man noch die Quote so berechnet, also auf den Verfügungsbestand, also das, was gerade nicht in der Wartung ist, und davon dann 44 Prozent. Während bei den Tornados haben wir 90. Davon sind 30 einsatzfähig. Das ist ein Drittel.
"Wir brauchen eine Bundeswehr, die zu 100 Prozent ausgerüstet ist, nicht nur zu 70 Prozent"
Also, nicht hinnehmbar die Klarstandsrate bei den Hauptwaffensystemen, insbesondere den fliegenden Hauptwaffensystemen, Flugzeuge und Hubschrauber. Das hat zum Teil zu tun damit, dass es sich um altes Gerät handelt. Die Transall ist einfach alt und abgeflogen. Sie hätte ersetzt sein sollen, Stand heute, durch den modernen Militärtransporter A400M, viel größer, viel leistungsfähiger, aber noch nicht da. Da hat's Verzögerungen gegeben, die jetzt sich niederschlagen in einem Engpass beim Lufttransport.
Das Gleiche für neue Hubschrauber: NH90 ist noch nicht voll einsatzfähig. Der Kampfhubschrauber Tiger ist noch nicht voll einsatzfähig, noch nicht versorgungsreif, also mit Ersatzteilen versorgt. Das sind Probleme, die auf Versäumnisse der Vergangenheit hinweisen. Es hat Entscheidungen gegeben, keine Ersatzteile mehr zu bevorraten, nicht nur für die alten Waffensysteme, sondern für andere auch nicht, also nur just in time zu bestellen. Aber just in time heißt, man wartet zwei Jahre darauf.
Also, diese Art der Materialerhaltung können wir uns nicht leisten. Wir brauchen eine Bundeswehr, die zu 100 Prozent ausgerüstet ist, auch nicht nur zu 70 Prozent, sondern zu 100 Prozent.
Deutschlandradio Kultur: Also, was muss sich konkret ändern?
Hans-Peter Bartels: Ja, wieder Ersatzteile kaufen, vielleicht auch gucken, was man wieder mehr in der Truppe selber machen kann, also die Ideologie des Outcourcings hat sich nicht voll bewährt. Natürlich kann man manches auch in Kooperation mit der Industrie sogar sehr gut machen, also Systemunterstützungsteams gemeinsam mit der Industrie betreiben. Aber die müssen dann flexibel sein. Da kann es nicht sein, dass, wenn was ist an einem Flugzeug, dass sich dann acht Monate hintan anstellt, bis dann mal Zeit ist, es zu reparieren. Also, es muss schon der Faktor Zeit eine Rolle spielen. Es ist keine Frage, die allein nach Kostenkalkulation geht.
Insofern, also, die Bundeswehr hätte vielleicht, wenn man beim Personal, gerade dem zivilen Personal etwas aufstocken würde, glaube ich, gerne wieder die Kapazität, Dinge selber machen zu können, Materialinstandhaltung in höherem Maße selber zu machen – nicht alles, das ist klar. Manches muss in die Industrie, aber man konnte früher mehr. Man sollte vielleicht auch in Zukunft wieder mehr selbst machen können.
Deutschlandradio Kultur: 5,6 Milliarden sind jetzt für zehn Jahre vorgesehen, um eben diese Mängel zu beheben. Reicht das, Herr Bartels?
Hans-Peter Bartels: Nein, überhaupt gar nicht. Nein, nein, das ist eine vorläufige Zahl und es wird später eine Zahl geben, die sicher größer ist.
Deutschlandradio Kultur: Herr Bartels, es wurde im Zusammenhang mit dem Antiterrorkampf auch immer wieder davon gesprochen, ob man nicht überlegen sollte, die Bundeswehrsoldaten auch im Inneren einzusetzen. Frankreich macht das ganz systematisch, dass es seine Armee jetzt auch zum Schutz von besonders sensiblen Objekten – den Eiffelturm, Notre Dame zum Beispiel in Paris – einsetzt. – Wie stehen Sie zu einem Einsatz der Bundeswehr im Antiterrorkampf im Inneren?
Hans-Peter Bartels: Ich bin dankbar dafür, dass die Innenministerkonferenz der Länder mit Zustimmung auch des Bundesinnenministers gerade jetzt beschlossen hat, dass sie der Meinung ist, die Länderpolizeien und die Bundespolizei sind ausreichend. Und es ist ihre Aufgabe, für die innere Sicherheit zu sorgen. Es gibt auch Spezialtruppen der Polizei, die für besondere Lagen ausgebildet sind. Die sollen jetzt aufgestockt werden. Das ist der richtige Weg. Die Bundeswehr ist keine Ersatzpolizei für besondere Einsätze.
Deutschlandradio Kultur: Würden Sie auch so argumentieren, wenn das, was sich in Paris abgespielt hatte, sich in Berlin abgespielt hätte?
Hans-Peter Bartels: Hätten wir es auf die Weise verhindert? Also, wir reden jetzt über die Nachsorge. Was kommt danach, wenn so etwas passiert ist? Bis es passiert, sollten Polizei und Nachrichtendienste versuchen mit allen in ihrer Kraft stehenden Möglichkeiten das zu verhindern. Wenn es zu so etwas kommt, wenn die Bundesregierung für Deutschland den inneren Notstand feststellen würde, das haben wir in 60 Jahren Gott sei Dank nie gehabt, dann könnte die Bundeswehr auch zum Schutz von Objekten im Inland eingesetzt werden – aber nur dann. Und ich würde ablehnen, darüber jetzt zu spekulieren und das schon mal als so eine Art normale Reserve für Polizeiarbeit zu nehmen.
Die Bundeswehr hat Aufträge genug. Und ihr Kernauftrag ist äußere Sicherheit.
Die Bundeswehr hat Aufträge genug. Und ihr Kernauftrag ist äußere Sicherheit.
"Die Wehrpflicht wurde Hals über Kopf, ohne Konzept abgeschafft"
Deutschlandradio Kultur: Der Kernauftrag ist äußere Sicherheit. Dennoch wird sie auch gerade jetzt bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise eingesetzt. Es sind 8.000 Bundeswehrsoldaten, die jetzt mit der Registrierung von Flüchtlingen auch befasst sind. – Da entfernt sich die Bundeswehr doch auch von ihren ursprünglichen Aufgaben.
Hans-Peter Bartels: Die Bundeswehr ist Gott sei Dank in der Lage, schnell zu reagieren auf neue Lagen. Das hat sie so attraktiv gemacht als Partner in der Amtshilfe für andere Behörden, schnell einzuspringen, als die Zahlen groß wurden, als die Flüchtlingszahlen groß wurden. Das haben wir ja seit September diese Situation. Gut, dass die Bundeswehr das konnte, dass sie da reingegangen ist, dass man schnell versucht hat Strukturen aufzubauen, die das ermöglichen. – Aber das kann keine Dauereinsatzaufgabe für die Bundeswehr sein. Das ist die Notlösung. Das ist sozusagen das Lückenfüllen da, wo andere es noch nicht können.
Aber das sind zivile Aufgaben. Ob da Zelte aufgebaut werden oder Flüchtlinge registriert werden, das kann man auch mit zivilem Personal, das man schult und dafür einstellt, machen. Also, für die Bundeswehr sollte das jetzt kein Job für mehrere Jahre werden.
Deutschlandradio Kultur: Der Job der Bundeswehr hat sich aber in den 60 Jahren ihres Bestehens, den wir gerade gefeiert haben, den Jubiläumstag, sehr verändert vom Charakter.
Ist eigentlich unsere Verfassung, das Grundgesetz, mit der Beschreibung der Verteidigungsaufgabe für die Bundeswehr noch akkurat? Oder sollte man nicht da an eine Verfassungsänderung denken, die eben auch gerade den veränderten Einsatz der Bundeswehr im Ausland noch mehr betont und rechtlich einrahmt?
Hans-Peter Bartels: Die Verfassungslage ist ja auch durch Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eindeutig. Der Artikel 24 ist für die Out of Area Missionen die Grundlage. Für anderes haben wir andere Grundlagen, Verteidigungsfall, Spannungsfall, im Grundgesetz. Auch die Frage des inneren Notstands ist in den Notstandsgesetzen in den 60er Jahren geregelt worden. Also, eigentlich haben wir eine ganz differenzierte Wehrverfassung.
Ich würde nie nie sagen, also dass man nicht drüber nachdenken darf oder diskutieren darf, ob man an der einen oder anderen Stelle eine präzisere Formulierung im Grundgesetz braucht, die vielleicht die Auslegung des Bundesverfassungsgerichts dann ersetzen kann. Also das, was man raus liest, kann man auch reinschreiben. Aber ich sehe im Moment dafür keine zwingende Notwendigkeit und auch keine politische Bewegung, das zu tun.
Deutschlandradio Kultur: Eine fundamentale Veränderung in den 60 Jahren der Existenz der Bundeswehr war die Abschaffung der Wehrpflicht. – War das ein Fehler?
Hans-Peter Bartels: So, wie es gemacht wurde, war es nicht gut – Hals über Kopf, ohne Konzept. Man wusste nicht, wie man stattdessen dann Soldaten für die Bundeswehr wieder gewinnen soll. Das schien ja auch im Moment, als die Wehrpflicht 2011 ausgesetzt wurde, kein Problem zu sein. Denn die Bundeswehr war ja immer noch viel zu groß. Die letzten 25 Jahre war die Bundeswehr immer scheinbar viel zu groß. Also, wir haben erlebt einen langen Prozess des Abbaus von Personal. Der sollte jetzt wirklich zum Abschluss gekommen sein.
Die Bundeswehr hat heute eine Sollgröße von 185.000 Soldatinnen und Soldaten. Davon sind 179.000 da. Kleiner wird sie sicher nicht werden. Aber diese Mentalität, es ist eigentlich immer zu viel Personal da, die muss sich ändern. Ich glaube nicht, dass sie sich überall schon geändert hat. Heute muss man um Personal werben. Man bekommt es nicht mehr so durch die Wehrpflicht und kann dann unter den Wehrpflichtigen für die Bundeswehr Reklame machen, sondern man muss es auf dem Arbeitsmarkt tun.
Man muss sich an alle jungen Leute, Männer und Frauen, wenden mit der Frage: Kannst du dir vorstellen, in den Streitkräften Dienst zu tun? Das ist anspruchsvoller als es bis zur Aussetzung der Wehrpflicht war.
Deutschlandradio Kultur: Ist denn die Obergrenze 185.000, Sie haben sie ja gerade infrage gestellt, ist die nicht langfristig auszudehnen Ihrer Meinung nach? Müsste man nicht höher gehen mit den ganzen Bedrohungen? Und wäre auch die Möglichkeit, eben eine Synergie zu schaffen, indem man eben in Europa wirklich multinationale Verbände schafft, mehr in dem Stil, wie wir es ja ohnehin schon zum Teil mit den Franzosen und auch mit den Niederländern machen?
"Europas Armeen sollten komplementär aufgestellt werden"
Hans-Peter Bartels: Im Kern glaube ich nicht, dass wir substantiell mehr Personal brauchen. Aber die Ministerin hat nicht zu Unrecht angekündigt, dass man sich die Personalstruktur nochmal angucken muss.
Ich erlebe das auch in meiner täglichen Arbeit, dass die Personalstrukturen heute noch nicht so richtig passen. Die Bundeswehr folgt noch dem Grundsatz Breite vor Tiefe, als ob wir eine Universalarmee aufstellen würden, die alles kann und ganz alleine in der Welt irgendetwas tun könnte oder ganz allein Deutschland verteidigen kann. Das konnte sie zu Zeiten des Kalten Krieges nicht. Das muss sie auch heute nicht können.
Also, die Bundeswehr sollte in ihren militärischen Schwerpunkten stark sein und mit anderen Ländern, die andere militärische Schwerpunkte setzen, kooperieren.
Also, die Bundeswehr sollte in ihren militärischen Schwerpunkten stark sein und mit anderen Ländern, die andere militärische Schwerpunkte setzen, kooperieren.
Wir erleben es ja jetzt gerade. Deutschland hat keinen Flugzeugträger. Die Franzosen haben einen. Wir können mit ihnen kooperieren, indem wir in der Trägergruppe eine Fregatte stellen. Also, dieses Denken, das für jeden Einsatz normal ist, muss auch im Grundbetrieb gelten. Also, die Kräfte müssen schon so aufgebaut werden, dass sie komplementär sind in Europa.
Dieser Prozess läuft. Er steht nicht ganz am Anfang. Also, wir machen das schon sehr eng mit den Niederländern, auch mit den Franzosen. Mit den Polen gibt es Gespräche. Die Tschechen wären ein guter Partner. Also, Deutschland mit seinen Nachbarn wird ein Nukleus sein können für das Werden einer europäischen Armee. Also, ich sehe im Moment nicht, dass die Bundeswehr deutlich größer werden muss, aber ich halte auch die Zahl 185.000 Soldaten und 55.000 Zivilbeschäftigte nicht für ein Dogma. Also, es muss aufgabenbezogen die richtige Zahl sein.