Kriegsherr vor Gericht
2001 wurde der Ex-Präsident Serbiens von der serbischen Regierung an das Internationale Kriegsverbrechertribunal überstellt. In Den Haag wurde Slobodan Milosevic wegen Verbrechen gegen die Menschheit während der Kriege in Kroatien, Bosnien und im Kosovo angeklagt.
Belgrad, 28. Juni 2001, kurz vor 18 Uhr. Aus dem Zentralgefängnis der serbischen Hauptstadt fährt ein unscheinbarer blauweißer Kombi Richtung Flughafen. Durch die abgedunkelten Scheiben ist der prominente Gefangene Slobodan Milosevic nicht zu erkennen. Schon knapp sechs Stunden später bezieht der 59-jährige Ex-Präsident Serbiens eine neue Zelle im Den Haager Untersuchungsgefängnis des UNO-Tribunals zu den Kriegsverbrechen im früheren Jugoslawien. Milosevic ist der erste ehemalige Staatschef der Geschichte, der vor einem internationalen Gericht landet. Vier Tage nach seiner Überstellung nach Den Haag verliest die Chefanklägerin des Tribunals, Carla del Ponte die Anklage:
"Als Strafverfolgerin bringe ich den Angeklagten Milosevic vor dieses Gericht, damit er für seine Taten zur Verantwortung gezogen wird. Und zwar im Auftrag der Internationalen Gemeinschaft und im Namen aller Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, eingeschlossen die Staaten des ehemaligen Jugoslawien."
Die Anklagepunkte gegen Milosevic lauteten auf Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschheit und Völkermord - begangen zwischen 1991 und 1999 in den Kriegen in Kroatien, Bosnien und im Kosovo. Konkret vorgehalten wurde dem serbischen Ex-Präsidenten unter anderem die Mitverantwortung für den Völkermord an rund 8000 muslimischen Einwohnern der ostbosnischen Stadt Srbenica im Juli 1995. Eine erste Anklage und ein Haftbefehl des Tribunals gegen Milosevic lagen bereits seit 1996 vor. Doch seine Auslieferung nach Den Haag wurde überhaupt erst denkbar, nachdem er Anfang Oktober 2000 unter dem Druck eines Volksaufstandes seine Niederlage bei den vorangegangenen Präsidentschaftswahlen einräumte und seinem Konkurrenten Vojislav Kostunica zum Wahlsieg gratulierte.
Doch auch danach dauerte es noch einmal fast neun Monate, bis die Reformer in Belgrad unter Premierminister Zoran Djindjic die Auslieferung des Ex-Staatschefs gegen dessen Anhänger durchsetzen konnten. Am 23. Juni 2001 beschloss die Regierung, Milosevic an das Kriegsverbrechertribunal zu überstellen und setzte diese Entscheidung trotz Einspruch des Belgrader Verfassungsgerichts fünf Tage später auch um.
Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Milosevic das Schicksal der Auslieferung nach Den Haag just am Vidovdan ereilte - am St. Veits-Tag - dem historischen Schicksals- und Feiertag der orthodoxen Serben. Am 28. Juni 1389 verblutete das serbische Ritterheer auf dem Amselfeld - gelegen im heute mehrheitlich albanischen Kosovo - im Kampf gegen die Türken. Am 28. Juni 1989, dem 600. Jahrestag der Schlacht auf dem Amselfeld, hielt Milosevic dort vor Zehntausenden fanatisierter Anhänger eine nationalistische Brandrede.
"Wir werden triumphieren. Serbiens Feinde im In- und Ausland formieren sich. Wir haben keine Angst. Wir scheuen die Schlacht nicht. Wir gehen in jede Schlacht, um zu gewinnen."
Genau zwei Jahre nach dieser Brandrede attackierte die von Serbien dominierte Jugoslawische Volksarmee zunächst Slowenien und dann Kroatien. Der Prozess gegen Milosevic begann am 12. Februar 2002. In seiner ersten öffentlichen Erklärung kritisierte Milosevic nicht nur seine Auslieferung als völkerrechtswidrig, sondern stellte auch die Legalität des Tribunals infrage, das der UNO-Sicherheitsrat 1993, auf dem Höhepunkt des Bosnienkrieges, geschaffen hatte.
"Ich erkenne die Legalität dieses Tribunals nicht an, da es nicht auf geltendem Recht basiert. Der Sicherheitsrat kann diesem Tribunal kein Recht übertragen, das er selbst nicht hat. Deshalb hat dieses Tribunal auch keine Kompetenz."
Der Prozess gegen den serbischen Ex-Präsidenten wurde zu einem der aufwendigsten und langwierigsten der Rechtsgeschichte. Über 300 Zeugen traten auf und wurden von Milosevic, der auf einen Verteidiger verzichtete, ausführlich ins Kreuzverhör genommen. Chefanklägerin del Ponte strebte eine lebenslange Gefängnisstrafe für den Angeklagten an. Doch Milosevic kam seinen Richtern zuvor. Am 11. März 2006, zwei Monate vor der geplanten Urteilsverkündung, verstarb der wichtigste Angeklagte des UNO-Tribunals in seiner Gefängniszelle an einem Herzleiden.
"Als Strafverfolgerin bringe ich den Angeklagten Milosevic vor dieses Gericht, damit er für seine Taten zur Verantwortung gezogen wird. Und zwar im Auftrag der Internationalen Gemeinschaft und im Namen aller Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, eingeschlossen die Staaten des ehemaligen Jugoslawien."
Die Anklagepunkte gegen Milosevic lauteten auf Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschheit und Völkermord - begangen zwischen 1991 und 1999 in den Kriegen in Kroatien, Bosnien und im Kosovo. Konkret vorgehalten wurde dem serbischen Ex-Präsidenten unter anderem die Mitverantwortung für den Völkermord an rund 8000 muslimischen Einwohnern der ostbosnischen Stadt Srbenica im Juli 1995. Eine erste Anklage und ein Haftbefehl des Tribunals gegen Milosevic lagen bereits seit 1996 vor. Doch seine Auslieferung nach Den Haag wurde überhaupt erst denkbar, nachdem er Anfang Oktober 2000 unter dem Druck eines Volksaufstandes seine Niederlage bei den vorangegangenen Präsidentschaftswahlen einräumte und seinem Konkurrenten Vojislav Kostunica zum Wahlsieg gratulierte.
Doch auch danach dauerte es noch einmal fast neun Monate, bis die Reformer in Belgrad unter Premierminister Zoran Djindjic die Auslieferung des Ex-Staatschefs gegen dessen Anhänger durchsetzen konnten. Am 23. Juni 2001 beschloss die Regierung, Milosevic an das Kriegsverbrechertribunal zu überstellen und setzte diese Entscheidung trotz Einspruch des Belgrader Verfassungsgerichts fünf Tage später auch um.
Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Milosevic das Schicksal der Auslieferung nach Den Haag just am Vidovdan ereilte - am St. Veits-Tag - dem historischen Schicksals- und Feiertag der orthodoxen Serben. Am 28. Juni 1389 verblutete das serbische Ritterheer auf dem Amselfeld - gelegen im heute mehrheitlich albanischen Kosovo - im Kampf gegen die Türken. Am 28. Juni 1989, dem 600. Jahrestag der Schlacht auf dem Amselfeld, hielt Milosevic dort vor Zehntausenden fanatisierter Anhänger eine nationalistische Brandrede.
"Wir werden triumphieren. Serbiens Feinde im In- und Ausland formieren sich. Wir haben keine Angst. Wir scheuen die Schlacht nicht. Wir gehen in jede Schlacht, um zu gewinnen."
Genau zwei Jahre nach dieser Brandrede attackierte die von Serbien dominierte Jugoslawische Volksarmee zunächst Slowenien und dann Kroatien. Der Prozess gegen Milosevic begann am 12. Februar 2002. In seiner ersten öffentlichen Erklärung kritisierte Milosevic nicht nur seine Auslieferung als völkerrechtswidrig, sondern stellte auch die Legalität des Tribunals infrage, das der UNO-Sicherheitsrat 1993, auf dem Höhepunkt des Bosnienkrieges, geschaffen hatte.
"Ich erkenne die Legalität dieses Tribunals nicht an, da es nicht auf geltendem Recht basiert. Der Sicherheitsrat kann diesem Tribunal kein Recht übertragen, das er selbst nicht hat. Deshalb hat dieses Tribunal auch keine Kompetenz."
Der Prozess gegen den serbischen Ex-Präsidenten wurde zu einem der aufwendigsten und langwierigsten der Rechtsgeschichte. Über 300 Zeugen traten auf und wurden von Milosevic, der auf einen Verteidiger verzichtete, ausführlich ins Kreuzverhör genommen. Chefanklägerin del Ponte strebte eine lebenslange Gefängnisstrafe für den Angeklagten an. Doch Milosevic kam seinen Richtern zuvor. Am 11. März 2006, zwei Monate vor der geplanten Urteilsverkündung, verstarb der wichtigste Angeklagte des UNO-Tribunals in seiner Gefängniszelle an einem Herzleiden.