Krim-Konflikt

    Intellektuelle warnen vor "Bruderkrieg"

    Ein Aktivist in der ukrainischen Hauptstadt Kiew hält ein Transparent mit der Aufschrift "Die Krim gehört zur Ukraine" hoch.
    In der Ukraine dauern sowohl pro-westliche als auch pro-russische Kundgebungen an. © dpa picture alliance
    Angesichts der unnachgiebigen Haltung Russlands haben Künstler und Wissenschaftler aus Russland und der Ukraine einen offenen Brief an Wladimir Putin geschrieben. Ein modernes Russland dürfe sich nicht auf einen bewaffneten Konflikt einlassen. Unterdessen hält Außenminister Frank-Walter Steinmeier schärfere Sanktionen für unerlässlich.
    Der Streit um die Krim hat auch unter den Intellektuellen in Russland und der Ukraine große Besorgnis ausgelöst. 34 Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler haben nun einen offenen Brief an Russlands Präsident Wladimir Putin gerichtet. Von Berlin aus warnen sie vor einem bewaffneten Konflikt. Zu den Unterzeichnern gehört auch der russische Publizist und Rechtsanwalt Sergej Lagodinsky.
    Im Interview mit Deutschlandradio Kultur erklärte Lagodinsky am Montag, dass er und die anderen Unterzeichner zutiefst überrascht seien, dass sich ein modernes Russland auf einen bewaffneten Konflikt einlassen würde. Es dürfe keinen "Bruderkrieg" geben, so laute das Fazit des Briefes.
    "Man muss den Impuls des Freiheitswillen respektieren", sagte Lagodinsky mit Blick auf die Ukraine. Der jetzt entbrannte Konflikt werde "Russland schwächen, weil sich dieses Land isoliert – die Fremdwahrnehmung ist beschädigt." Aber auch die Schwäche der Europäischen Union sei durch den Konflikt zutage getreten.
    Sanktionen gegen Russland hätten sofort verhängt werden müssen, zudem sollten sich die Sanktionen keinesfalls gegen russische Bürger wenden. Der offene Brief an Putin beinhaltet unterschiedliche Positionen. "Wir haben versucht, die Vielfalt der kritischen Positionen aufzunehmen", so Lagodinsky.
    Steinmeier hält schärfere Sanktionen für unausweichlich
    Sollte Russland nicht einlenken, sind aus Sicht der Bundesregierung weitere Maßnahmen erforderlich: "Wenn es nicht zu entsprechender Bereitschaft kommt, sich auf der russischen Seite zu bewegen, dann wird man die nächste Stufe der Sanktionen erreichen müssen", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Sonntagabend im ZDF. Die Sanktionen sehen Reisebeschränkungen sowie Kontensperrungen vor für Personen, die im aktuellen Konflikt verantwortlich sind.
    Auch US-Präsident Barack Obama hat zum wiederholten Mal mit Sanktionen gedroht. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen kündigte an, vorerst alle gemeinsamen Militärvorhaben mit Russland auszusetzen und die Zusammenarbeit grundsätzlich zu überdenken.
    Angespannte Lage vor Referendum
    Die Ukraine und der Westen werfen Moskau vor, die ukrainische Halbinsel Krim mit Soldaten besetzt zu haben und das für kommenden Sonntag geplante Referendum initiiert zu haben. Darin soll sich die überwiegend von Russen bewohnte Krim entscheiden, ob sie weiter zur Ukraine gehören oder sich der Russischen Föderation anschließen wolle. Eine Mehrheit für einen Anschluss an Russland gilt als sicher. Die ukrainische Regierung und die EU lehnen das Referendum als völkerrechtswidrig ab.
    Pro-russische Militäreinheiten haben das Regionalparlament in Simferopol besetzt sowie mehrere Flughäfen. Militärbeobachter der OSZE wurden durch Warnschüsse daran gehindert, die Krim zu betreten. Zudem sollen Journalisten verschleppt und ukrainische Aktivisten verhaftet worden seien. Russlands Präsident Putin verteidigte den Militäreinsatz, denn er diene dem Schutz russischer Bürger auf der Krim.
    Pro-russische Kundgebungen in anderen Teilen der Ukraine
    Die ukrainische Zentralregierung in Kiew hat der moskautreuen Regionalregierung der Krim unterdessen den Geldhahn zugedreht. Diese wandte sich wiederum an Russland und bat um Finanzhilfen. Zugleich kündigte sie an, dass die Währung demnächst auf den russischen Rubel umgestellt werde.
    In mehreren Landesteilen der Ukraine gab es Kundgebungen für einen Anschluss an Russland, so zum Beispiel in Donezk und Odessa. In der ostukrainischen Stadt Charkow hingegen demonstrierten 10.000 Menschen für den Verbleib in der Ukraine.
    abu/oma
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