Krimiautorin Christine Brand

"Die morbide Ader wurde mir in die Wiege gelegt"

08:16 Minuten
Eine Frau mit blonden Haaren in roter Jacke schaut in die Kamera: die Krimi-Autorin Christine Brand.
Mit 44 Jahren kündigte Christine Brand ihren Job und begann Bücher zu schreiben – und wurde zur erfolgreichsten Krimiautorin der Schweiz. © picture alliance/ Keystone / Alessandro Della Valle
Christine Brand im Gespräch mit Julius Stucke |
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Mord und Totschlag gehören zu Christine Brands Arbeit: früher als Gerichtsreporterin, heute als eine der erfolgreichsten Krimi- und True-Crime-Autorinnen der Schweiz. Doch wie nahe liegen fiktive Geschichten und Realität beieinander?
Als Autorin von Krimis und von True-Crime-Stories muss Christine Brand immer wieder zwischen Realem und Fiktion balancieren. Eins steht dabei für sie fest: Egal, was sie sich in ihrem Kopf ausdenkt, an das reale Grauen könne die Fiktion nie heranreichen. „Die Wahrheit ist immer noch schlimmer als alles, was ich mir vorstellen kann.“
Brand begann ihre Karriere als Gerichtsreporterin, heute ist die Schweizerin einer der erfolgreichsten Krimiautorinnen ihrer Heimat. „Die morbide Ader wurde mir in die Wiege gelegt“, sagt sie. Ihr Vater sei Bestatter gewesen, der Tod war immer präsent. Als Gerichtsreporterin habe sie die „Faszination des Gerichts, des Verbrechens dann gepackt“.

Realität und Fiktion dürfen nicht verschwimmen

Und gerade weil sie es mit realen und fiktiven Verbrechen zu tun bekommt, betont die Autorin der Milla-Nova-Reihe, wie wichtig es sei, zwischen beidem zu unterscheiden. Zwar würden Realität und Fiktion einander inspirieren. Aber: „Das wäre gefährlich, wenn das verschwimmen würde.“
Auch der Schreibprozess einer True-Crime-Story und eines fiktionalen Krimis würden sich grundlegend unterscheiden. „Es ist eine ganze andere Art, zu arbeiten.“ Bei einem wahren Verbrechen würde es darum gehen, das Geschehen in eine passende Form für den Leser oder die Podcast-Hörerin zu bringen.
„Das Storytelling ist die große Herausforderung.“ Gleichzeitig seien die Gespräche mit den Zeugen, Opfern und potenziellen Tätern faszinierend. „Beim fiktiven Schreiben habe ich das weniger. Das findet alles nur in meinem Kopf statt.“
Der größte Wunsch einer True-Crime-Autorin sei natürlich, so Brand, „man würde nach Jahren ein Verbrechen noch mal aufklären“. Das sei ihr allerdings noch nicht gelungen. Aber auch so trage man als Journalistin einen kleinen Teil zur Aufklärung bei: indem man Aufrufe veröffentliche oder noch mal mit Zeugen spreche. „Man ist ein Stück weit Helferin der Polizisten.“

Ein Schutzwall gegen das Grauen

Dass Kriminalgeschichten immer brutaler werden, mag Brand nicht beobachten, im Gegenteil: „Jetzt, wo Krieg herrscht, mag man vielleicht nicht so schaurige Geschichten lesen.“ Sie selbst habe sich als Gerichtsreporterin immer durch ihren Laptop gegen das Grauen abgegrenzt. Eine Art Schutzwall.
Trotzdem seien die Geschichten ihr nahegegangen, vor allem später, als sie diese nochmals in einem Buch aufgearbeitet habe. „Ich finde es aber gut, dass es einem nahegeht“, sagt Brand. Dadurch sei sie dankbar: Dafür, „dass ich ein Leben führen kann, das mich nicht zum Opfer, nicht zum Täter gemacht hat“.
(lkn)

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