Deutschlandfunk Kultur und die Frankfurter Allgemeine Zeitung präsentieren die besten Krimis des Jahres 2020.
"Tiverton", South Australia. Alles wie immer: Es wird geklaut, gesoffen, geprügelt. Einsame sind einsam. Hirsch, allein auf sehr weiter Flur, ist ein "freundlicher Dorfpolizist". Da wird eine Frau erschossen, zwei Kinder fliehen, Hauptstadt-Cops schaffen Chaos. Große Literatur, entstanden aus Kleinem.
Garry Disher: "Hope Hill Drive"© Unionsverlag / Deutschlandradio
1 Garry Disher: "Hope Hill Drive"
Aus dem Englischen von Peter Torberg
Unionsverlag, Zürich 2020
336 Seiten, 22 Euro
Über das Leben lässt sich am schärfsten nachdenken, wenn es entschwindet: So könnte eine Weisheit aus Young-Ha Kims Roman „Aufzeichnungen eines Serienmörders“ lauten.© Cass / Deutschlandradio
Südkorea. Vor 25 Jahren hat Byongsu Kim zuletzt gemordet. Jetzt zerfrisst Alzheimer den Verstand des Serienmörders. Gefahr! Ein Killer bedroht seine Tochter. Diesen Rivalen muss er noch töten, auch wenn ihm die Kontrolle entgleitet. Lakonisch, lebensweise, ein Meisterwerk des schwarzen Humors.
2 Young-Ha Kim: "Aufzeichnungen eines Serienmörders"
Aus dem Koreanischen von Inwon Park
Cass, Bad Berka 2020
152 Seiten, 20 Euro
Denise Mina: "Götter und Tiere"© ariadne Verlag /Deutschlandradio
Glasgow. Ein Raubüberfall mit Todesopfer, ein alternder Labour-Politiker in Seitensprung-Kalamitäten, Polizisten mit Bergen von Bestechungsgeld, ein moralisch unsicherer Erbe – alles ganz normal. Die Serie um Detective Alex Morrow: das hellwache Porträt einer starken Frau und ihrer chaotischen Stadt.
3 Denise Mina: "Götter und Tiere"
Aus dem Englischen von Karen Gerwig
ariadne im Argumentverlag, Hamburg 2020
352 Seiten, 21 Euro
Sara Sligar: "Alles, was zu ihr gehört" © Deutschlandradio / Verlag Hanserblau
"Callinas", Marin County. "Ob die Narben auf meinen Fotos echt sind?" Fotografin Miranda Brand hat sich den Kopf weggeschossen – oder doch nicht? Archivarin Kate, weggemobbt, traumatisiert, soll ihren Nachlass für Sohn und Kunstwelt erschließen. Psychothriller, Künstlerinnenroman, feines Debüt.
4 Sara Sligar: "Alles, was zu ihr gehört"
Aus dem Englischen von Ulrike Brauns
hanserblau, Berlin 2020
432 Seiten, 16 Euro
Illusionslos: Wenn Schwarz und Weiß im texanischen "Hopetown" aufeinander prallen, kommt niemand sauber raus.© Polar Verlag
"Hopetown", Ost-Texas. Ein neunjähriger Bengel ist verschwunden, Blacks und Native Americans verteidigen ihre Heimat am Lake Caddo, Trump ist gewählt. Darren, schwarz, Texas Ranger, konstruiert Beweise gegen die "Arische Bruderschaft", will seinen Leuten helfen, seinen Job behalten, das Richtige tun.
5 Attica Locke: "Heaven, My Home"
Aus dem Englischen von Susanna Mende
Polar, Hamburg 2020
322 Seiten, 22 Euro
Aus dem Gefängnis hinein in den Bruderzwist: Lisa Sandlins Krimi "Family Business"© Suhrkamp / Deutschlandradio
Beaumont, Texas 1973. Delpha, nach 14 Jahren Gefängnis frei auf Bewährung, "entwickelt sich weiter". Ein dorniger Weg, doch die Sekretärin von "Phelan Investigations" ist tapfer, menschenfreundlich und schlau. In Notwehr tötet sie einen Serienmörder, dann klärt sie einen tödlichen Bruderzwist auf.
6 Lisa Sandlin: "Family Business"
Aus dem Englischen von Andrea Stumpf
Suhrkamp, Berlin 2020
358 Seiten, 10 Euro
Abgründig: Jan Costin Wagners Ermittler liebt Kinder mehr, als ihm lieb ist.© Galiani / Deutschlandradio
Wiesbaden, Innsbruck. Der kleine Jannis ist weg, der kleine Dawit auch. Entführt von Marko, hinter dem noch einer steckt. Das wissen die Ermittler lange nicht, die haben eigene Probleme. Einsam ist der eine, pädophil der andere. Mit dabei: ein Teddybär, ein Campingplatz, viel Angst, viel Schuld.
7 Jan Costin Wagner: "Sommer bei Nacht"
Galiani, Berlin 2020
314 Seiten, 20 Euro
Max Annas: "Morduntersuchungskommission. Der Fall Melchior Nikoleit"© Rowohlt / Deutschlandradio
Gera, Jena 1985. Melchior war Bassist einer Punk-Band. Jetzt liegt der 19-Jährige tot im Schuppen. Die Ermittler stöbern im unsozialistischen Familiendreck: Kriegsverbrechen, Diebstahl, Prügel. Freundin Julia erzählt von Aufbruch, Musik, Liebe und Verrat. Hommage an den Punk, die Sehnsucht, frei zu sein.
8 Max Annas: "Morduntersuchungskommission. Der Fall Melchior Nikoleit"
Rowohlt, Hamburg 2020
336 Seiten, 20 Euro
Guillermo Martínez greift eine berühmte Vorlage neu auf.© Eichborn / Deutschlandradio
Oxford 1994. Aufruhr in der Lewis-Carroll-Bruderschaft: Doktorandin Kristen hat einen Hinweis auf die verschwundene Tagebuchseite vom Juni 1863, die Aufschluss über Carrolls wahres Verhältnis zu Alice geben könnte. Ganz heißes Thema. Mordanschläge häufen sich. Mitreißender Metakrimi, großer Gehirnspaß pur.
9 Guillermo Martínez: "Der Fall Alice im Wunderland"
Aus dem Spanischen von Angelica Ammar
Eichborn, Köln 2020
320 Seiten, 16 Euro
Bei Sara Paretsky beginnt alles mit der Suche nach zwei Menschen vom Film.© Argument Verlag , Ariadne / Deutschlandradio
Lawrence, Kansas. Vic Warshawski soll eigentlich nur nachschauen, wo ein Jungfilmer und eine alte Schauspielerin geblieben sind. Am Ort ihres Verschwindens stolpert Vic über Leichen, fightet mit Sheriff und Army, Showdown im Raketensilo. Nicht nur Lee Child ist entzückt.
10 Sara Paretsky: "Altlasten"
Aus dem Englischen von Laudan und Szelinski
Ariadne im Argument-Verlag, Hamburg 2020
544 Seiten, 24 Euro
Die monatlichen Krimibestenlisten des Jahres 2020 wurden im Auftrag der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Diese 18 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben aus der Gesamtzahl der Titel, die es 2020 auf eine Krimibestenliste geschafft haben, jeweils vier Titel ausgewählt und mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewertet.
Das Ergebnis dieser Auswahl der Besten präsentieren wir als Krimibestenliste 2020.
Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, "Hamburger Abendblatt"
Andreas Ammer, "Druckfrisch", ARD
Gunter Blank, "Rolling Stone"
Thekla Dannenberg, "Perlentaucher"
Hanspeter Eggenberger, "Tages-Anzeiger"
Fritz Göttler, "Süddeutsche Zeitung"
Jutta Günther, "Radio Bremen Zwei"
Sonja Hartl, "Zeilenkino", "Crimemag", "Deutschlandfunk Kultur"
Hannes Hintermeier, "Frankfurter Allgemeine Zeitung"
Alf Mayer, "CulturMag", "Strandgut"
Kolja Mensing, "Deutschlandfunk Kultur"
Marcus Müntefering, "Der Spiegel"
Ulrich Noller, "Deutschlandfunk Kultur", "Deutschlandfunk", "SWR", "WDR"
Frank Rumpel, "SWR"
Ingeborg Sperl, "Der Standard"
Sylvia Staude, "Frankfurter Rundschau"
Jochen Vogt, "NRZ", "WAZ"