Deutschlandfunk Kultur und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung präsentieren die besten Krimis des Monats.
1 (1) Garry Disher: "Kaltes Licht"
Aus dem Englischen von Peter Torberg
Unionsverlag, Berlin 2019
314 Seiten, 22 Euro
Der ehemalige Polizist Alan Auhl gibt im Krimi "Kaltes Licht", was er geben kann - in fast allen Belangen.© Unionsverlag / Deutschlandradio
Melbourne. Nach fünf Jahren Langeweile als Pensionär ist Alan Auhl zurück im Polizeidienst. Mit der Lässigkeit der Erfahrung lotet er die Grenzen des Gesetzes aus, packt zu, wo Solidarität fehlt. Heiteres Lob eines coolen Alten, der menschliche Bosheit stellt, wie immer sie getarnt sei. Brillant.
2 (8) Tawni O’Dell: "Wenn Engel brennen"
Aus dem Englischen von Daisy Dunkel.
Ariadne im Argument-Verlag, Hamburg 2019
350 Seiten, 21 Euro
Der Krimi ist klassisch um die Frage gebaut, wer den Mord an einem Teenager begangen hat. Die Kommissarin ist jedoch eine eher ungewöhnliche Erscheinung.© Ariadne Verlag /Deutschlandradio
Pennsylvania. Leicht mit Problemen umgehen kann Chief Carnahan. Seien es verschreckte Mütter, renitente Redneck-Familien oder Mädchen, die in brennenden Minen stecken. Hat sie doch selbst ihr Gewaltpotenzial nicht immer kontrolliert. Feministisch, realistisch: Matriarchat kann Elend verschärfen.
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3 (-) Denise Mina: "Klare Sache"
Ariadne, Hamburg 2019
352 Seiten, 21 Euro
Denise Mina geht in "Klare Sache" einem Kriminalfall nach - also alles gar nicht so klar.© Ariadne
Anna McDonald führt in Glasgow ein unauffälliges Leben. Ihre Leidenschaft sind True-Crime-Podcasts. Eintauchen in eine Parallelwelt voller Rätsel und ungelöster Verbrechen. Ihr neuer Podcast klingt besonders verheißungsvoll: "Der Tod und die Dana". Ein versunkenes Schiff, ein uralter Fluch, Explosion und Mord. Was will man mehr? Aber auf Anna wartet eine böse Überraschung.
4 (3) Max Annas: "Morduntersuchungskommission"
Rowohlt, Hamburg 2019
346 Seiten, 20 Euro
"Morduntersuchungskommission" von Max Annas spielt in der DDR: Es geht um einen rassistischen Mord aus dem Jahr 1986.© Rowohlt
DDR, 1983. Ermittlungen im geschlossenen System. An der Bahnstrecke zwischen Jena und Saalfeld liegt der Leichnam eines afrikanischen Vertragsarbeiters, zerfetzt, geköpft. Otto Castorp, MUK Gera, lässt nicht los, trotz politischen Ermittlungsverbots. Und entdeckt, was es in DDR nicht geben kann: Nazis.
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5 (-) Dror Mishani: "Drei"
Aus dem Hebräischen von Markus Lemke
Diogenes Verlag, Zürich 2019
336 Seiten, 24 Euro
Drei Frauen, ein Mann und viel Unbekanntes hat Dror Mishani in seinem Krimi "Drei" verarbeitet.© Diogenes Verlag
Eine Frau sucht ein wenig Trost, nachdem ihr Mann sie und ihren Sohn verlassen hat. Eine zweite Frau sucht nach einem Zuhause und nach einem Zeichen von Gott, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Eine dritte Frau sucht etwas ganz anderes. Sie alle finden denselben Mann. Es gibt vieles, was sie nicht über ihn wissen, denn er sagt ihnen nicht die Wahrheit. Aber auch er weiß nicht alles über sie.
6 (-) Selim Özdogan: "Der die Träume hört"
Nautilus, Hamburg 2019
288 Seiten, 18 Euro
Wenn es plötzlich persönlich wird: Selim Özdogan lässt seinen Ermittler Nizar Benali in die Drogensumpf einsteigen.© Nautilus
Nizar Benali arbeitet als Privatermittler für Cyberverbrechen und wird beauftragt, den Darknet-Dealer Toni_meow ausfindig zu machen, an dessen Stoff ein Teenager gestorben ist. Das scheint zunächst ein gut bezahlter, wenn auch aussichtsloser Job. Doch dann präsentiert ihm eine alte Liebschaft ihren 17-jährigen Sohn Lesane – ihren gemeinsamen Sohn. Der dealt und hat Schulden. Nizar ahnt, dass Toni_meow zu finden die einzige Möglichkeit sein könnte, Lesane vor dem endgültigen Absturz zu retten.
7 (7) Adrian McKinty: "Cold Water"
Aus dem Englischen von Peter Torberg.
Suhrkamp, Berlin 2019
378 Seiten, 15,95 Euro
Adrian McKinty legt mit "Cold Water" einen neuen Band der Duffy-Reihe vor.© Suhrkamp / Deutschlandradio
Carrickfergus, Stanraer 1990. Frau und Kind sind schon in Schottland, Duffy arbeitet an seinem letzten Fall. Er will das Verschwinden eines 15-jähriges Travellermädchens aufklären – verdächtig sind Männer der Oberschicht. Doch so sozialpathetisch geht es nicht aus. Komplex, schlau: die Duffy-Serie.
8 (-) Garry Disher: "Hitze"
Pulp Master, Berlin 2019
270 Seiten, EUR 14,80
Cool wird es in der australischen Hitze - zumindest bei Garry Disher.© Pulp Master
Queensland. Wyatt soll ein Gemälde stehlen. Nazi-Raubkunst, die wieder aufgetaucht ist. Ob die Story stimmt? Wyatt ist nicht der einzige Dieb an der Goldküste. Und hat zudem abgehängte Komplizen auf den Fersen. Da passt es prima, dass seine Auftraggeberin Ex-Soldatin ist. Cool, cooler, Wyatt.
9 (10) George Pelecanos: "Prisoners"
Aus dem Englischen von Karen Witthuhn.
Ars Vivendi, Cadolzburg 2019
230 Seiten, 18 Euro
Ein typischer Pelecanos, mit typischen Pelecanos-Figuren, sagt unser Kritiker.© Ars Vivendi / Deutschlandradio
Washington, D.C. Michael Hudson, Leseratte dank Knastbibliothek, glaubt an ein besseres Leben. Privatdetektiv Ornazian lotst ihn raus. Dafür soll Michael die Fluchtwagen steuern, wenn er und sein Kumpel Ward Kriminelle ausnehmen. Mann auf der Kante unter Dealern, Neonazis und Überlebenskämpfern.
10 (2) Friedrich Ani: "All die unbewohnten Zimmer"
Suhrkamp, Berlin 2019
495 Seiten, 22 Euro
Cover: Friedrich Ani "All die unbewohnten Zimmer"© Suhrkamp Verlag
München. Die Augenzeugen stumm, die Täter glauben sich im Recht, die besorgten Rassisten bereiten den nächsten Schritt vor. Zwei tote Polizisten, verdächtigte Flüchtlingskinder, da braucht es alle Ermittler: Tabor Süden, Polonius Fischer, Jakob Franck, neu Fariza Nasri. Der Irrsinn nimmt zu, Ani hält dagegen.
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Wie funktioniert die Abstimmung?
Die Krimibestenliste wird im Auftrag der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" und von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Es sind 19 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aus der laufenden Produktion monatlich jeweils vier Titel vorschlagen, die sie mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewerten. Der so gefundene Punktwert pro Titel wird mit der Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen multipliziert. Daraus wird die monatliche Liste berechnet.
Jedes Jurymitglied darf insgesamt drei Mal für denselben Titel votieren. Voten für Titel, an deren Entstehung oder Vorbereitung man beteiligt war, sind verboten. Die Titel dürfen nicht älter als zwölf Monate und keine Wiederauflagen, Sammelbände oder Anthologien sein. Unterschiede zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch werden nicht gemacht.
Im Durchschnitt kommen fünf Titel neu auf die monatliche Liste. Die Ziffer in Klammern gibt den Rang des Vormonats an.
Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, "Hamburger Abendblatt"
Andreas Ammer, "Druckfrisch", BR
Gunter Blank, "Rolling Stone"
Thekla Dannenberg, "Perlentaucher"
Hanspeter Eggenberger, "Tages-Anzeiger"
Fritz Göttler, "Süddeutsche Zeitung"
Jutta Günther, "Radio Bremen Zwei"
Sonja Hartl, "Zeilenkino", "Polar Noir"
Hannes Hintermeier, "Frankfurter Allgemeine Zeitung"
Peter Körte, "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung"
Kolja Mensing, "Deutschlandfunk Kultur"
Marcus Müntefering, "Spiegel Online"
Ulrich Noller, Deutschlandfunk Kultur, Deutschlandfunk, SWR, WDR
Frank Rumpel, SWR
Margarete von Schwarzkopf, Literaturkritikerin
Ingeborg Sperl, "Der Standard"
Sylvia Staude, "Frankfurter Rundschau"
Jochen Vogt, "NRZ", "WAZ"