Deutschlandfunk Kultur und die Frankfurter Allgemeine Zeitung präsentieren die besten Krimis des Monats.
Guillermo Martínez greift eine berühmte Vorlage neu auf.© Eichborn / Deutschlandradio
Oxford 1994. Aufruhr in der Lewis-Carroll-Bruderschaft: Doktorandin Kristen hat einen Hinweis auf die verschwundene Tagebuchseite vom Juni 1863, die Aufschluss über Carrolls wahres Verhältnis zu Alice geben könnte. Ganz heißes Thema. Mordanschläge häufen sich. Mitreißender Metakrimi, großer Gehirnspaß.
1 (4) Guillermo Martínez: "Der Fall Alice im Wunderland"
Aus dem Spanischen von Angelica Ammar
Eichborn, 320 Seiten, 16 Euro
Japan, "Präfektur W". Der angesehene Polizist Kaji hat seine an Alzheimer erkrankte Frau auf ihre Bitte getötet und stellt sich zwei Tage später. Polizei, Justiz und Presse wollen den Geständigen knacken: Was hat er nach dem Mord in Tokios Rotlichtviertel getan? Ergreifendes Drama um Regeln, Anstand, Scham.
Hideo Yokoyama ist einer der erfolgreichsten Autoren in Japan.© Atrium / Deutschlandradio
2 (-) Hideo Yokoyama: "50"
Aus dem Japanischen von Nora Bartels
Atrium, 368 Seiten, 22 Euro
In Sara Paretskys "Altlasten" beginnt alles mit der Suche nach zwei Menschen vom Film.© Argument Verlag , Ariadne / Deutschlandradio
Lawrence, Kansas. Vic Warshawski soll eigentlich nur nachschauen, wo ein Jungfilmer und eine alte Schauspielerin geblieben sind. Am Ort ihres Verschwindens stolpert Vic über Leichen, fightet mit Sheriff und Army, und es gibt einen Showdown im Raketensilo.
3 (1) Sara Paretsky: "Altlasten"
Aus dem Englischen von Laudan und Szelinski
Ariadne im Argument Verlag, 544 Seiten, 24 Euro
Deutschland in 100 Jahren. Der Norden unter Wasser, Gesundheits-App KOS wacht, fast alle sind zufrieden. Nur Liina und Kollegen widerstehen, sie arbeiten für die "Wahrheitspresse". Erst recht, als eine Kollegin ermordet wird. Gesund sein oder frei sein? Brennende Fragen, zum Mitfiebern.
In "Paradise City" schreibt Zoë Beck vom Leben in einem anderen Deutschland.© Suhrkamp Verlag
4 (-) Zoë Beck: "Paradise City"
Suhrkamp Taschenbuch, 280 Seiten, 16 Euro
Emma Viskic: "No Sound - Die Stille des Todes"© Deutschlandradio / Piper
Melbourne, "Resurrection Bay". Viskic ist Klarinettistin, ihr Privatdetektiv Caleb Zelic beinahe taub. Lippenlesen und Emotionsanalyse gehen gut, Angriffe von hinten sind ganz schlecht. Der blutige Tod eines Hilfsermittlers wächst zur Vertrauenskatastrophe, am Ende ist Caleb fast ganz allein.
5 (2) Emma Viskic: "No Sound – Die Stille des Todes"
Aus dem Englischen von Ulrike Brauns
Piper, 286 Seiten, 15 Euro
Angie Kims "Miracle Creek" ist ein wendungsreiches Debüt.© Hanser / Deutschlandradio
"Miracle Creek", Virginia. Beim Brand einer Druckkammer für Sauerstofftherapie, betrieben von einer koreanischen Migrantenfamilie, sterben zwei Menschen, vier werden schwer verletzt. Gerichtsdrama, Einwanderungsroman, Milieustudie über Mütter behinderter Kinder. Kluges, wendungsreiches Debüt.
6 (8 im Mai) Angie Kim: "Miracle Creek"
Aus dem Englischen von Marieke Heimburger
Hanserblau, 510 Seiten, 22 Euro
Old Lonesome, Colorado. Ein Kaff, ein Land, eine Stadt – alles wie das Hochsicherheitsgefängnis, aus dem Silvester 1968 zwölf Männer ausgebrochen sind. Der Direktor nimmt das als Kriegserklärung und kreist ein, bombardiert, schießt. Schwarze Studie über den Ausnahmezustand: nackte Staatsgewalt.
Benjamin Whitmers "Flucht" beginnt mit einem Gefangenenausbruch.© Polar Verlag
7 (-) Benjamin Whitmer: "Flucht"
Aus dem Amerikanischen von Alf Mayer
Polar-Verlag, 320 Seiten, 22 Euro
"Trojanische Pferde" ist der 13. Fall in Philip Kerrs Bernie-Gunther-Serie.© Rowohlt Verlag
Berlin, Athen 1957. Der Münchner Rück dient Bernie Gunther als Schadensregulierer. An der griechischen Küste ist ein Schiff gesunken, mit dem Goldschatz an Bord, den die Nazis den Juden von Thessaloniki geraubt haben. In Rom wird die EWG gezimmert, während alte Nazis ihre Netze flicken.
8 (-) Philip Kerr: "Trojanische Pferde"
Wunderlich, 496 Seiten , 24 Euro
Niederlande 1949. Widerstandskämpfer Siem Coburg will wissen, wie der behinderte Junge, der ihm das Leben rettete, ums Leben kam. Die Mönche von Sint Norbertus, wo er betreut wurde, schweigen, das ganze Land friert und schweigt. Was ist ein Leben? Nüchtern, trauervoll: Kriege samt Nachkrieg.
In "Staub zu Staub" erzählt Felix Weber von einem ehemaligen Widerstandskämpfer, der nach dem Krieg seinen Retter nicht findet.© Penguin Verlag
8 (-) Felix Weber: "Staub zu Staub"
Aus dem Niederländischen von Simone Schroth
Penguin, 416 Seiten, 15 Euro
Nicholas Shakespeare ist mit seinem neuen Thriller in der Krimibestenliste.© Deutschlandradio/ Hoffmann und Campe
Oxford. Am Sportplatz, wo Dyers und Marvars Söhne trainieren, wird im Geplauder der Eltern Allergeheimstes getauscht. Marvar hat die Küchenlösung der Weltenergieprobleme entdeckt, nun soll Dyer die Formel vor Russen, Iranern, Milliardären, CIA und anderen beschützen. Elegant wie der Flug des Wurfholzes.
10 (7) Nicholas Shakespeare: "Boomerang"
Aus dem Englischen von Anette Grube
Hoffmann und Campe, 400 Seiten, 25 Euro
Wie funktioniert die Abstimmung?
Die Krimibestenliste wird im Auftrag der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Es sind 19 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aus der laufenden Produktion monatlich jeweils vier Titel vorschlagen, die sie mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewerten. Der so gefundene Punktwert pro Titel wird mit der Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen multipliziert. Daraus wird die monatliche Liste berechnet.
Jedes Jurymitglied darf insgesamt drei Mal für denselben Titel votieren. Voten für Titel, an deren Entstehung oder Vorbereitung man beteiligt war, sind verboten. Die Titel dürfen nicht älter als zwölf Monate und keine Wiederauflagen, Sammelbände oder Anthologien sein. Unterschiede zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch werden nicht gemacht.
Im Durchschnitt kommen fünf Titel neu auf die monatliche Liste. Die Ziffer in Klammern gibt den Rang des Vormonats an.
Die Jury:
Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, "Hamburger Abendblatt"
Andreas Ammer, "Druckfrisch", ARD
Gunter Blank, "Rolling Stone"
Thekla Dannenberg, "Perlentaucher"
Hanspeter Eggenberger, "Tages-Anzeiger"
Fritz Göttler, "Süddeutsche Zeitung"
Jutta Günther, "Radio Bremen Zwei"
Sonja Hartl, "Zeilenkino", "Crimemag", "Deutschlandfunk Kultur"
Hannes Hintermeier, "Frankfurter Allgemeine Zeitung"
Peter Körte, "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung"
Alf Mayer, "CulturMag", "Strandgut"
Kolja Mensing, "Deutschlandfunk Kultur"
Marcus Müntefering, "Der Spiegel"
Ulrich Noller, "Deutschlandfunk Kultur", "Deutschlandfunk", "SWR", "WDR"
Frank Rumpel, "SWR"
Ingeborg Sperl, "Der Standard"
Sylvia Staude, "Frankfurter Rundschau"
Jochen Vogt, "NRZ", "WAZ"