Deutschlandfunk Kultur und die Frankfurter Allgemeine Zeitung präsentieren die besten Krimis des Monats.
In Sara Paretsky "Altlasten" beginnt alles mit der Suche nach zwei Menschen vom Film.© Argument Verlag , Ariadne / Deutschlandradio
Lawrence, Kansas. Vic Warshawski soll eigentlich nur nachschauen, wo ein Jungfilmer und eine alte Schauspielerin geblieben sind. Am Ort ihres Verschwindens stolpert Vic über Leichen, fightet mit Sheriff und Army, und es gibt einen Showdown im Raketensilo.
1 (4) Sara Paretsky: "Altlasten"
Aus dem Englischen von Laudan und Szelinski
Ariadne im Argument, 544 Seiten, 24 Euro
Emma Viskic: "No Sound - Die Stille des Todes"© Deutschlandradio / Piper
Melbourne, "Resurrection Bay". Viskic ist Klarinettistin, ihr Privatdetektiv Caleb Zelic beinahe taub. Lippenlesen und Emotionsanalyse gehen gut, Angriffe von hinten sind ganz schlecht. Der blutige Tod eines Hilfsermittlers wächst zur Vertrauenskatastrophe, am Ende ist Caleb fast ganz allein.
2 (-) Emma Viskic: "No Sound – Die Stille des Todes"
Aus dem Englischen von Ulrike Brauns
Piper, 286 Seiten, 15 Euro
Über das Leben lässt sich am schärfsten nachdenken, wenn es entschwindet: So könnte eine Weisheit aus Young-Ha Kims Roman „Aufzeichnungen eines Serienmörders“ lauten.© Cass / Deutschlandradio
Südkorea. Vor 25 Jahren hat Byongsu Kim zuletzt gemordet. Jetzt zerfrisst Alzheimer den Verstand des Serienmörders. Gefahr! Ein Killer bedroht seine Tochter. Diesen Rivalen muss er noch töten, auch wenn ihm die Kontrolle entgleitet. Lakonisch, lebensweise, ein Meisterwerk des schwarzen Humors.
3 (1) Young-Ha Kim: "Aufzeichnungen eines Serienmörders"
Aus dem Koreanischen von Inwon Park
Cass, 152 Seiten, 20 Euro
Guillermo Martínez greift eine berühmte Vorlage neu auf.© Eichborn / Deutschlandradio
Oxford 1994. Aufruhr in der Lewis-Carroll-Bruderschaft: Doktorandin Kristen hat einen Hinweis auf die verschwundene Tagebuchseite vom Juni 1863, die Aufschluss über Carrolls wahres Verhältnis zu Alice geben könnte. Ganz heißes Thema. Mordanschläge häufen sich. Mitreißender Metakrimi, großer Gehirnspaß.
4 (-) Guillermo Martínez: "Der Fall Alice im Wunderland"
Aus dem Spanischen von Angelica Ammar
Eichborn, 320 Seiten, 16 Euro
Aus dem Gefängnis hinein in den Bruderzwist: Lisa Sandlins Krimi "Family Business"© Suhrkamp / Deutschlandradio
Beaumont, Texas 1973. Delpha kommt nach 14 Jahren Gefängnis frei auf Bewährung. Ein dorniger Weg steht ihr bevor, doch die Sekretärin von "Phelan Investigations" ist tapfer, menschenfreundlich und schlau. In Notwehr tötet sie einen Serienmörder, dann klärt sie einen tödlichen Bruderzwist auf.
5 (3) Lisa Sandlin: "Family Business"
Aus dem Englischen von Andrea Stumpf
Suhrkamp, 358 Seiten, 10 Euro
Cai Jun schreibt in "Rachegeist" über Mord und Ordnung. © Piper / Deutschlandradio
1995 wird Lehrer Shen Ming ermordet. 2004 hat seine ruhelose Seele den Grundschüler Si Wang übernommen und startet den Rachefeldzug. Ungehemmt, phantastisch und chaotisch unterminieren Cai Juns Getriebene die konfuzianisch kommunistische Harmoniedecke: In diesem Roman gibt es nur Mord oder Ordnung.
6 (5) Cai Jun: "Rachegeist"
Aus dem Chinesischen von Eva Schestag
Piper, 512 Seiten, 16 Euro
Nicholas Shakespeare ist mit seinem neuen Thriller in der Krimibestenliste.© Deutschlandradio/ Hoffmann und Campe
Oxford. Am Sportplatz, wo Dyers und Marvars Söhne trainieren, wird im Geplauder der Eltern Allergeheimstes getauscht. Marvar hat die Küchenlösung der Weltenergieprobleme entdeckt, nun soll Dyer die Formel vor Russen, Iranern, Milliardären, CIA und anderen beschützen. Elegant wie der Flug des Wurfholzes.
7 (-) Nicholas Shakespeare: "Boomerang"
Aus dem Englischen von Anette Grube
Hoffmann und Campe, 400 Seiten, 25 Euro
Matthias Wittekindt stellt zwei ungleiche Brüder in den Mittelpunkt.© Edition Nautilus / Deutschlandradio
"Envie" nahe Brüssel. Eine Ortschaft in den siebziger Jahren. Schicht um Schicht rekonstruiert Wittekindt das Heranwachsen Iason Fourniers, wild, sensibel, gewalttätig, und seines zarteren Bruders Vincent. Symphonie in Worten, für große Sommerabende.
8 (10) Matthias Wittekindt: "Die Brüder Fournier"
Edition Nautilus, 272 Seiten, 18 Euro
Deepa Anappara: "Die Detektive vom Bhoot-Basar".© Rowohlt / Deutschlandradio
Nordindien. Kinder verschwinden. Sind sie abgehauen, wurden sie entführt? Die Slumkinder Jai, Faiz und Pari ermitteln, weil es sonst keiner tut. Die Polizei kassiert ab, die Hindupartei jagt Muslime. Wie schon bei Dickens: Der Kinderblick ist witzig und moralisch scharf, das Elend erschüttert.
9 (-) Deepa Anappara: "Die Detektive vom Bhoot-Basar"
Aus dem Englischen von pociao und Roberto de Hollanda
Rowohlt, 400 Seiten, 24 Euro
Maskuline Thrillerkost: Jérôme Leroys "Der Schutzengel"© Edition Nautilus / Deutschlandradio
Frankreich. Seit 20 Jahren beschützt der Auftragsmörder Berthet Kardiatou Diop, eine schwarze Schönheit, aus dem Slum aufgestiegen zur Staatssekretärin. Diese Loyalität stört die Umsturzpläne seiner geheimen Auftraggeber, er soll sterben. Rasanter Politthriller, stylish, komplex, maskulin romantisch.
10 (7) Jérôme Leroy: "Der Schutzengel"
Aus dem Französischen von Cornelia Wend
Edition Nautilus, 352 Seiten, 20 Euro
Wie funktioniert die Abstimmung?
Die Krimibestenliste wird im Auftrag der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Es sind 19 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aus der laufenden Produktion monatlich jeweils vier Titel vorschlagen, die sie mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewerten. Der so gefundene Punktwert pro Titel wird mit der Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen multipliziert. Daraus wird die monatliche Liste berechnet.
Jedes Jurymitglied darf insgesamt drei Mal für denselben Titel votieren. Voten für Titel, an deren Entstehung oder Vorbereitung man beteiligt war, sind verboten. Die Titel dürfen nicht älter als zwölf Monate und keine Wiederauflagen, Sammelbände oder Anthologien sein. Unterschiede zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch werden nicht gemacht.
Im Durchschnitt kommen fünf Titel neu auf die monatliche Liste. Die Ziffer in Klammern gibt den Rang des Vormonats an.
Die Jury:
Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, "Hamburger Abendblatt"
Andreas Ammer, "Druckfrisch", ARD
Gunter Blank, "Rolling Stone"
Thekla Dannenberg, "Perlentaucher"
Hanspeter Eggenberger, "Tages-Anzeiger"
Fritz Göttler, "Süddeutsche Zeitung"
Jutta Günther, "Radio Bremen Zwei"
Sonja Hartl, "Zeilenkino", "Crimemag", "Deutschlandfunk Kultur"
Hannes Hintermeier, "Frankfurter Allgemeine Zeitung"
Peter Körte, "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung"
Alf Mayer, "CulturMag", "Strandgut"
Kolja Mensing, "Deutschlandfunk Kultur"
Marcus Müntefering, "Der Spiegel"
Ulrich Noller, "Deutschlandfunk Kultur", "Deutschlandfunk", "SWR", "WDR"
Frank Rumpel, "SWR"
Ingeborg Sperl, "Der Standard"
Sylvia Staude, "Frankfurter Rundschau"
Jochen Vogt, "NRZ", "WAZ"