Deutschlandfunk Kultur präsentiert die besten Krimis des Monats.
David Peace: "Tokio, neue Stadt"© Deutschlandradio / Liebeskind
Tokio 1949, 1964, 1988. Rätsel bis heute: Wie kam Shimoyama, Präsident der Nationalen Eisenbahngesellschaft, unter den Zug? Sie zerbrechen daran: Spione, Detektive, Schriftsteller. Neu sind nur die Machtverhältnisse. Alt ist die Macht, undurchschaubar. Sprachgewaltig, Totenklage aus dem Diesseits.
1 (-) David Peace: "Tokio, neue Stadt"
Aus dem Englischen von Peter Torberg
Liebeskind, München 2021
432 Seiten, 24 Euro
Simone Buchholz: "River Clyde"© Deutschlandradio / Suhrkamp
Hamburg, Glasgow. Disruption allerorten. Chastity nimmt bei ihren schottischen Ahnen eine Auszeit von der Strafjustiz, ihre verlassenen Kumpels von der Polizei reden sich mit Vornamen an und üben Achtsamkeit in der "Blauen Nacht". Trauer. Hamburger Immobilienhaie sind dagegen winzige Fischlein.
2 (8) Simone Buchholz: "River Clyde"
Suhrkamp, Berlin 2021
230 Seiten, 15,95 Euro
Colin Niel: "Nur die Tiere"© Deutschlandradio / Lenos
Massif Central, Côte d‘Ivoire. Verschwunden: die freizügige Frau eines wohlhabenden Mannes. Ein Schafzüchter findet zeitweilig bei ihr großes Glück. Der Mörder ist verknallt in die Fiktion einer Geliebten. Ein armer Mann macht Euros im Netz. Globalisierung: Sehnsucht ist Einsamkeit. Noir vom Land.
3 (-) Colin Niel: "Nur die Tiere"
Aus dem Französischen von Anne Thomas
Lenos, Basel 2021
286 Seiten, 22 Euro
Matthias Wittekindt: "Vor Gericht" © Deutschlandradio / Kampa
Dresden, Berlin. Kriminaldirektor a. D. Manz ist recht zufrieden mit sich und seinem Ruhestand, bis er noch einmal zu einem 30 Jahre zurückliegenden Fall aussagen soll. Ein Revisionsverfahren: Fast alles, was Manz für sicher und fest gehalten hatte, beginnt zu bröckeln. Seine Ehe, der Fall, die Gewissheit.
4 (3) Matthias Wittekindt: "Vor Gericht"
Kampa, Zürich 2021
318 Seiten, 19,90 Euro
S.A. Cosby: "Blacktop Wasteland"© Deutschlandradio / Ars Vivendi
Virginia: Schulden, Arztrechnungen, Billigkonkurrenz – Beauregard Montages Perspektiven verengen sich. Dabei will er nur gut zu Frau und Kindern sein und Duster fahren. Als schnelles Geld winkt, fackelt er nicht lange, hat aber seine Rechnung ohne die Partner gemacht. Letzter Ausweg: Gewalt.
5 (2) S. A. Cosby: "Blacktop Wasteland"
Aus dem Englischen von Jürgen Bürger
Ars Vivendi, Cadolzburg 2021
320 Seiten, 22 Euro
Louisa Luna: "Tote ohne Namen" © Deutschlandradio / Suhrkamp
San Diego. Zwei blutjunge Latinas aufgeschlitzt. Das Police Department engagiert Alice Vega samt Partner, nicht zur reinen Freude der Kollegen von der DEA. Die wollen die Tunnel aus Mexiko selbst kontrollieren, durch die die Mädchen kommen. Im Showdown tut sich Unerwartetes auf.
6 (-) Louisa Luna: "Tote ohne Namen"
Aus dem Englischen von Andrea O‘Brien
Suhrkamp, Berlin 2021
444 Seiten, 15,95 Euro
Merle Kröger: "Die Experten"© Deutschlandradio / Suhrkamp
Kairo in den1960er-Jahren: Rita Hellberg, 17, ist mit ihrem Vater, einem Flugzeugingenieur bei Hitler und nun auch beim ägyptischen Präsidenten Nasser, und ihrer neurotischen Mutter unter die "Experten" geraten, einer Gruppe von Ingenieuren und Wissenschaftlern, die für Ägypten Raketen und Flugzeuge bauen soll. Erste Liebe, Orient, Nazis, Anschläge, im Hintergrund die BRD und Israel. Geschichte stört Gegenwart.
7 (1) Merle Kröger: "Die Experten"
Suhrkamp, Berlin 2021
688 Seiten, 20 Euro
James McBride: "Der heilige King Kong"© Deutschlandradio / btb
Brooklyn 1969: Diakon Cuffy, den alle nur Sportcoat nennen, ist ein Kind Gottes, ein versoffenes. Seit Jahren nährt er sich von selbstgebranntem "King Kong", überlebt alles, und schießt auf den 19-jährigen Dealer Deems, natürlich vorbei. Das löst allerhand aus, vor allem das wundersame Fabulieren McBrides.
8 (10) James McBride: "Der heilige King Kong"
Aus dem Amerikanischen von Werner Löcher-Lawrence
btb, München 2021
448 Seiten, 22 Euro
Patrícia Melo: "Gestapelte Frauen"© Deutschlandradio / Unionsverlag
Acre, West-Brasilien. Femicídio. Die namenlose Icherzählerin, Anwältin, erforscht die Urteilsfindung über Frauenmorde: zu viele, gestapelt in ihrem Notizbuch. Eine 14-jährige Indigene wird von drei Upperclass-Jungs vergewaltigt und zerstückelt. Mordermittlung, gellende Anklage, Rachefantasie. Femizid.
9 (6) Patrícia Melo: "Gestapelte Frauen"
Aus dem Portugiesischen von Barbara Mesquita
Unionsverlag, Zürich 2021
252 Seiten, 22 Euro
Kate Atkinson: "Weiter Himmel"© Deutschlandradio / Dumont
Yorkshire, Küste. Vier Golffreunde, drei davon Gentlemen mit Vergangenheit und üblen Geschäften. Dazu die Frauen: Mitwisserinnen, Aufgestiegene, brave Mütter – nordenglischer Mittelstand und seine Finsternisse. Dazwischen – immer noch clever – Privatdetektiv Jackson Brodie, leiser Held großer Romane.
10 (-) "Kate Atkinson: Weiter Himmel"
Aus dem Englischen von Anette Gruber
Dumont, Köln 2021
476 Seiten, 24 Euro
Sie können die
Krimibestenliste auch als PDF herunterladen. Alles über Mord und Totschlag gibt es auf unserem Krimiportal, das über die aktuellen Trends in der Kriminalliteratur informiert und die wichtigsten Neuerscheinungen vorstellt. Haben Sie Fragen oder Anregungen zur Krimibestenliste? Dann wenden Sie sich über
krimi@deutschlandradio.de an die Jury oder die Redaktion.
Wie funktioniert die Abstimmung?
Die Krimibestenliste wird im Auftrag von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Es sind 18 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aus der laufenden Produktion monatlich jeweils vier Titel vorschlagen, die sie mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewerten.
Der so gefundene Punktwert pro Titel wird mit der Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen multipliziert. Daraus wird die monatliche Liste berechnet.
Jedes Jurymitglied darf insgesamt drei Mal für denselben Titel votieren. Voten für Titel, an deren Entstehung oder Vorbereitung man beteiligt war, sind verboten.
Die Titel dürfen nicht älter als zwölf Monate und keine Wiederauflagen, Sammelbände oder Anthologien sein. Unterschiede zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch werden nicht gemacht.
Im Durchschnitt kommen fünf Titel neu auf die monatliche Liste. Die Ziffer in Klammern gibt den Rang des Vormonats an.
Die Jury:
Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, "Hamburger Abendblatt"
Andreas Ammer, "Druckfrisch", ARD
Gunter Blank, "Rolling Stone"
Thekla Dannenberg, "Perlentaucher"
Hanspeter Eggenberger, "Tagesanzeiger"
Fritz Göttler, "Süddeutsche Zeitung"
Jutta Günther, "Radio Bremen Zwei"
Sonja Hartl, "Zeilenkino", "Crimemag", "Deutschlandfunk Kultur"
Hannes Hintermeier, "Frankfurter Allgemeine Zeitung"
Alf Mayer, "CulturMag", "Strandgut"
Kolja Mensing, "Deutschlandfunk Kultur"
Marcus Müntefering, "Der Spiegel"
Ulrich Noller, "Deutschlandfunk Kultur", "Deutschlandfunk", "SWR", "WDR"
Frank Rumpel, "SWR"
Ingeborg Sperl, "Der Standard"
Sylvia Staude, "Frankfurter Rundschau"
Jochen Vogt, "NRZ", "WAZ"