Kriminelle Geschäfte italienischer Müll-Unternehmer
Giftmüll - vergraben, verschifft oder einfach im Meer verklappt. Verantwortlich für diese Machenschaften ist ein kriminelles europäisches Netzwerk, in das auch Politiker und Beamte verstrickt sind. Die beiden Autoren folgen der Spur eines Skandals, die bis ins EU-Parlament führt.
Für die ordnungsgemäße Entsorgung von hochgiftigem oder radioaktivem Müll wird viel Geld gezahlt. Folglich verspricht eine illegale Beseitigung des Abfalls enorme Profite – ähnlich hoch wie im Drogenhandel. Kein Wunder also, dass organisierte Verbrechersyndikate in das Müllgeschäft eingestiegen sind. Das zumindest legt die jetzt veröffentlichte Recherche der beiden Journalisten Sandro Mattioli und Andrea Palladino nah: "Die Müll-Mafia" heißt ihr Buch, und es benennt zahlreiche unsaubere Geschäfte vor allem italienischer Müllunternehmer und deren äußerst bedenkliche Verbindungen zu Politikern, Unternehmern, Geheimdiensten und Militär. Das allein hat Stoff für einen Krimi.
Seit im Gefolge des Seveso-Unglücks von 1976, als bei einer Explosion in einer italienischen Chemiefabrik Dioxin freigesetzt und Tausende Menschen vergiftet wurden, neue Gesetze europaweit vorschrieben, gefährliche Stoffe gesondert zu entsorgen, boomt das illegale Geschäft.
Als ein Beispiel nennen die im bisweilen blumigen Reportagestil berichtenden Autoren die versunkenen Giftmüllschiffe vor der Küste Kalabriens, die es offiziell gar nicht gibt. Nach Aussagen von Kronzeugen wurden Dutzende abgewrackter Frachtschiffe, die man mit Zementblöcken mit radioaktiven und hochtoxischen Rückständen beladen hatte, einfach im Meer versenkt. Doch die zuständigen Behörden können angeblich nichts finden. Ein hoher Marineoffizier, der die Untersuchungen leitete, starb unter mysteriösen Unständen. Die Ergebnisse seiner Nachforschungen sind verschwunden. Ermittelnde Staatsanwälte wurden abberufen.
Immer wieder sind die beiden Autoren bei ihren jahrelangen Recherchen auf solche Merkwürdigkeiten gestoßen: verschleppte Ermittlungen, verlorene Dokumente, eingestellte Untersuchungen, von Spuren, die sich im Ausland verlieren, Geheimdienstkontakte. Auch davon erzählt ihr mitunter bedrückendes Buch, denn trotz der zahlreichen Indizien: handfeste Anschuldigungen liefern auch sie nicht. Vieles ist zu verworren, die Verstrickungen sind beachtlich, um einfache Antworten zu liefern. Dabei haben die beiden Autoren weit recherchiert. Sie zitieren aus Untersuchungsberichten, Verhören und Gerichtsakten. Sie haben mit Umweltschützern, Ermittlern und Staatsanwälten gesprochen und sich in einigen Fällen auch vor Ort umgeschaut.
Dabei schwelgen sie stellenweise in poetischen Landschafts- und Personenbeschreibungen, die wenig zum Thema passen. Außerdem springen sie ständig in den Zeiten hin und her, so dass man bisweilen den Überblick verliert oder über Wiederholungen stolpert. Anders als der Titel suggeriert, beschränkt sich das Buch bis auf wenige Ausnahmen auf die italienischen Zustände. Doch bei aller Kritik: Der wirkliche Skandal, den dieses Buch aufdeckt, ist die Mitwisserschaft eines korrupten Staatsapparats und willfähriger Politiker.
Besprochen von Johannes Kaiser
Sandro Mattioli und Andrea Palladino:
Die Müll-Mafia – Das kriminelle Netzwerk in Europa
Herbig Verlag, München 2011
254 Seiten, 19.99 Euro
Seit im Gefolge des Seveso-Unglücks von 1976, als bei einer Explosion in einer italienischen Chemiefabrik Dioxin freigesetzt und Tausende Menschen vergiftet wurden, neue Gesetze europaweit vorschrieben, gefährliche Stoffe gesondert zu entsorgen, boomt das illegale Geschäft.
Als ein Beispiel nennen die im bisweilen blumigen Reportagestil berichtenden Autoren die versunkenen Giftmüllschiffe vor der Küste Kalabriens, die es offiziell gar nicht gibt. Nach Aussagen von Kronzeugen wurden Dutzende abgewrackter Frachtschiffe, die man mit Zementblöcken mit radioaktiven und hochtoxischen Rückständen beladen hatte, einfach im Meer versenkt. Doch die zuständigen Behörden können angeblich nichts finden. Ein hoher Marineoffizier, der die Untersuchungen leitete, starb unter mysteriösen Unständen. Die Ergebnisse seiner Nachforschungen sind verschwunden. Ermittelnde Staatsanwälte wurden abberufen.
Immer wieder sind die beiden Autoren bei ihren jahrelangen Recherchen auf solche Merkwürdigkeiten gestoßen: verschleppte Ermittlungen, verlorene Dokumente, eingestellte Untersuchungen, von Spuren, die sich im Ausland verlieren, Geheimdienstkontakte. Auch davon erzählt ihr mitunter bedrückendes Buch, denn trotz der zahlreichen Indizien: handfeste Anschuldigungen liefern auch sie nicht. Vieles ist zu verworren, die Verstrickungen sind beachtlich, um einfache Antworten zu liefern. Dabei haben die beiden Autoren weit recherchiert. Sie zitieren aus Untersuchungsberichten, Verhören und Gerichtsakten. Sie haben mit Umweltschützern, Ermittlern und Staatsanwälten gesprochen und sich in einigen Fällen auch vor Ort umgeschaut.
Dabei schwelgen sie stellenweise in poetischen Landschafts- und Personenbeschreibungen, die wenig zum Thema passen. Außerdem springen sie ständig in den Zeiten hin und her, so dass man bisweilen den Überblick verliert oder über Wiederholungen stolpert. Anders als der Titel suggeriert, beschränkt sich das Buch bis auf wenige Ausnahmen auf die italienischen Zustände. Doch bei aller Kritik: Der wirkliche Skandal, den dieses Buch aufdeckt, ist die Mitwisserschaft eines korrupten Staatsapparats und willfähriger Politiker.
Besprochen von Johannes Kaiser
Sandro Mattioli und Andrea Palladino:
Die Müll-Mafia – Das kriminelle Netzwerk in Europa
Herbig Verlag, München 2011
254 Seiten, 19.99 Euro