Kriminologe: "Gewisse Korruptionskultur" bei Siemens

Nach Ansicht des Kriminologen Dieter Dölling hat die Korruption in Deutschland mit dem Bestechungsskandal bei Siemens eine neue Qualität erreicht. In bisherigen Korruptionsverfahren seien selten derart hochrangige Beschuldigte anzutreffen gewesen, sagte der Direktor des Instituts für Kriminologie der Universität Heidelberg.
Es werde zwar - so die Erkenntnis aus bisher aufgedeckten Fällen - auf allen Unternehmensebenen korrumpiert: "Allerdings ist es wohl in Deutschland bisher noch nicht vorgekommen, dass nun Persönlichkeiten in Verdacht geraten sind, die in einem so großen, bedeutenden Unternehmen eine derart herausragende Position haben."

Bei Teilen von Siemens scheine eine "gewisse Korruptionskultur" geherrscht zu haben, nach der "es üblich war zu bestechen und das auch nicht mehr als Unrecht angesehen wurde".

Der Kriminologe sagte außerdem, es gebe Anhaltspunkte dafür, dass es in der Wirtschaft auch bei anderen größeren Firmen zu Bestechungen käme. Es sei in Deutschland noch nicht gelungen, durchzusetzen "dass alle großen Unternehmen Korruption ganz entschieden ablehnen und ganz entschieden dagegen vorgehen". Vielmehr herrsche eine Doppelmoral, nach der man Bestechung nach außen hin zwar ablehne, im Inneren aber nicht nachhaltig bekämpfe. Insgesamt existiere hinsichtlich der Korruption in Deutschland ein "großes Dunkelfeld".