Krimiserie

Undercover bei der bulgarischen Mafia

Eine Hand hält eine Pistole. CZ 75 SP-01 SHADOW, Standard size duty and defence pistol, cal. 9 mm Luger; 9x21.
Fernsehen mit Spannung: In 120 Ländern ist die Serie zu sehen. © picture alliance / dpa / Rene Fluger
Von Jörg Taszman |
Die bulgarische TV-Serie "Undercover" begeistert Krimifans in aller Welt. In Deutschland sind die ersten Staffeln seit Dezember zu sehen. Unser Kritiker meint: Eine Serie mit Suchtpotenzial.
"Was ist passiert?"
"Ich musste die Jungs treffen."
"Ich frage mich, ob du noch lebst - und du hängst ab. Beeilung, ich warte."
"Jetzt?"
"Ich warte am zweiten Treffpunkt."
Allein von der rasanten Machart dieser Serie könnten sich deutsche Fernsehproduzenten eine Scheibe abschneiden. Sofia wird als hippe, moderne Metropole dargestellt und handwerklich muss sich "Undercover" nun wirklich nicht verstecken. Der junge Polizist Martin Hristov ist jahrelang im Ausland ausgebildet worden, um nun bei der bulgarischen Mafia als Undercover-Agent eingeschleust zu werden. Sein Mentor Popov klärt Martin erst einmal auf:
"Keine Ahnung, was Du über die bulgarische Mafia weißt. Sie hat schon seit Jahren keine feste Struktur mehr. Es sind kleine, eingeschworene Gruppen, die im ganzen Land arbeiten. Die haben auch keine Namen mehr wie Wis oder Sig."
Ein Mann, der selbst beim Kochen bedrohlich wirkt
Martin soll beim gefürchteten Mafiaboss Jarov eingeschleust werden, den Popov schon jahrelang beschattet. Der ehemalige Polizist hat seit der politischen Wende die Seiten gewechselt und macht sich selber nicht mehr die Hände schmutzig. Jarov wirkt selbst beim Kochen gefährlich und bedrohlich.
"Oh, Tschole, sehr schön, setz Dich. La Traviata. Ich finde es ist die schönste Oper von Verdi."
"Jaro, tut mir Leid. Es kommt nie wieder vor. Ich brauche nur etwas Zeit."
"Siehst du diese Äpfel? Auf der Welt gibt es 7500 Sorten von Apfelbäumen. Doch nur 100 von denen sind zum Essen geeignet."
Gekonnt und mit Ironie gespickt spielen die Macher der Serie mit Mafia- und Filmklischees. Ganz offensichtlich stand der dreiteilige Hongkong-Thriller "Infernal Affairs"um zwei eingeschleuste Cops Pate. "Undercover" mag mitunter zu sehr in gelackten Bildern mit einer gewissen Werbeästhetik schwelgen, dennoch wirkt die Serie oft rau und kantig. Das liegt vor allem an der komplexen Figurenzeichnung und den bei uns unbekannten Darstellern, die bis auf den etwas zu hübschen Hauptdarsteller Ivajlo Zahariev echte Charakterköpfe sind.
Neben einer ordentlichen Portion Gewalt kommt auch eine Prise Romantik und Sex nicht zu kurz. So lernt Martin eine attraktive junge Frau kennen, die er vor einem Schlägertypen, der sie öffentlich misshandelt, beschützt.
Serie mit Sog-Wirkung
"Ist halb so wild."
"Wie ist dein Name?"
"Katja."
"Du hast gelogen. Ich nehme an, du weißt nicht, wo du hin sollst. Aber morgen um 8 Uhr musst du weg sein."
Wie jede gute Serie schafft "Undercover" einen gewissen Sog mit Suchtpotenzial. Martin Hristov steht immer kurz davor, aufzufliegen und er hat sich mit der angeblichen Katja auch noch in die Mätresse des Mafiabosses verliebt. Wer ebenso elegant erzählte wie dabei auch mal deftigere Krimikost mag, mit neuen Gesichtern und Drehorten, der ist mit "Undercover" gut bedient. Trotz einer heftigen Kontroverse um zu viel Gewalt, Profanität und Sex hat das bulgarische Fernsehen, das den Produzenten auch mal mit Absetzung drohte, für eine fünfte Staffel verlängert.
Warum diese so unverstaubte Prestigeproduktion des bulgarischen Staatsfernsehens bei uns nur im Pay-TV bei einem Spartensender läuft, ist dann schon wieder eine ganz andere Frage.